Z Gastroenterol 2015; 53(10): 1212-1215
DOI: 10.1055/s-0034-1397981
Mitteilungen der DGVS
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

DGVS Spring Conference „Pancreatoloy: Clinical and Basic Research“

Jens Werner
,
Hana Algül
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Publication Date:
21 October 2015 (online)

Über die letzten Jahre wurden im Bereich der Pankreatologie wesentliche Fortschritte in Klinik und Wissenschaft erzielt. Nationale und internationale Studiengruppe haben dabei einen erheblichen Beitrag zur Standardisierung von Therapien bestimmter Bauchspeicheldrüsenerkrankungen geleistet. Auch in der Grundlagenwissenschaft konnten erstaunliche Einblicke in die Pathophysiologie entzündlicher und tumoröser Pankreaserkrankungen gewonnen werden.

Vor diesem Hintergrund stand die diesjährige DGVS Spring Conference unter dem Thema „Pancreatology: Clinical and Basic Research“. Am 12. und 13. Juni 2015 trafen sich im Willy-Brandt-Haus in Berlin zahlreiche Teilnehmer aus Klinik und Forschung, um sich zu den neuesten Entwicklungen im Bereich der klinischen und grundlagen-wissenschaftlichen Erkenntnissen der Pankreatologie zu informieren und auszutauschen. Mit einem Seminar zur translationalen Wissenschaft wurde der Brückenschlag zwischen Klinik und Wissenschaft veranschaulicht. Im Rahmen des eineinhalbtägigen Programms wurden vor allem die Chancen und Möglichkeiten klinischer nationaler und internationaler Studiengruppen beleuchtet, aber auch die notwendigen Voraussetzungen für deren erfolgreiche Etablierung.

Das wissenschaftliche Programm der Konferenz wurde von der AG Pankreas der DGVS unter der Leitung von Prof. Dr. Jens Werner (Klinikum Großhadern, Ludwig-Maximilian-Universität München) und Prof. Dr. Hana Algül (Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München) organisiert. Bei der Auswahl der Vorträge wurde auf ein breites Spektrum an Themen und vor allem auf die aktive Teilnahme jüngerer Kolleginnen und Kollegen aus Klinik und Forschung Wert gelegt. Neben international anerkannten Expertinnen und Experten trugen somit auch qualifizierte Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler zu hochaktuellen Themen vor. Zudem gab es mehrere Posterausstellungen mit Präsentation neuester Forschungsergebnisse.

Bei der Erstellung des Programms wurde besonderen Wert darauf gelegt, die Voraussetzungen für die Etablierung erfolgreicher klinischer und wissenschaftlicher Studiengruppen mit renommierten Rednern aus allen Bereichen der Pankreatologie darzustellen und zur Diskussion zu bringen. Vorhandene Register für seltene und häufige Erkrankungen im Bereich der Pankreatologie wurden von namhaften nationalen und internationalen Vertretern aus der Viszeralchirurgie und Gastroenterologie vorgestellt. Ein weiterer wichtiger Schwerpunkt bestand darin, die Chancen der translationalen Wissenschaft herauszustellen. Dabei wurde die Herausforderungen des Biobankings von Patientenmaterial genauso thematisiert wie die Möglichkeiten der experimentellen Forschung in allen Bereichen der Pankreatologie. Dementsprechend war das wissenschaftliche Programm in sechs Themenblöcke gegliedert, die auf eineinhalb Tage verteilt waren. In den Pausen zwischen diesen Themenschwerpunkten wurde die allgemeine Diskussion fortgesetzt. Daneben fanden mehrere Posterbegehungen statt, in deren Rahmen der wissenschaftliche Nachwuchs unter Aufsicht nationaler und internationaler Experten seine wissenschaftlichen und klinischen Daten präsentieren und diskutieren konnte. Schließlich wählte das Expertenteam aus allen hervorragenden Postern die Kandidaten für die von der DGVS gestifteten Posterpreise im Wert von 500 €. Herr Dr. Alexander Gluth (Chirurgische Klinik, Klinikum der Universität München, Ludwig-Maximilians-Universität München) erhielt für die Präsentation des Posters „Erweiterte Pankreatektomien beim Pankreaskarzinom“ ebenso den Preis wie Herr Dr. med. Moritz Leppkes für die Darstellung der Daten zum Thema „Bicarbonate-induced externalization of decondensed neutrophil chromatin occludes pancreatic ducts and drives chronic pancreatiti“.

Die erste Sitzung der Hauptveranstaltung widmete sich dem Thema Clinical Studies in Pancreatology, welches umfangreich von den Kolleginnen und Kollegen Dr. Blankenstein (Münchner Studienzentrum am Klinikum rechts der Isar, München), Prof. Dr. Volker Heinemann (Medizinische Klinik und Poliklinik III, Klinikum der Universität München Großhadern ), Prof. Dr. Thomas Rösch (Kinik für Interdisziplinäre Endoskopie, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf) und Prof. Dr. Thomas Keck (Klinik für Chirurgie, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck) behandelt wurde. Frau Dr. Blankenstein ging in ihrem sehr aufschlussreichen Vortrag vor allem darauf ein, worauf bei der Durchführung von klinischen Studien zu achten sei und wie konzeptionelle Fehler zu vermeiden sind. Im Anschluss hat Prof. Volker Heinemann in seiner Funktion als Präsident der Arbeitsgemeinschaft Internistischer Onkologie (AIO) die laufenden klinischen Studien zum Themengebiet des Pankreaskarzinoms dargestellt. Professor Rösch ging auf gegenwärtig durchgeführte endoskopische Studien im Bereich der Pankreatologie ein. Die in der Viszeralchirurgie zum selben Themengebiet gerade aktiven Studien wurden von Herrn Professor Keck vorgestellt. Alle zuletzt genannten Redner haben gleichzeitig in ihren sehr interessanten Vorträgen Fragestellungen skizziert, die aus ihrer jeweiligen Sicht im Rahmen von Studiengruppen in Zukunft weiter adressiert werden sollten.

In der nächsten Sitzung Ongoing Studies in Pancreatology haben Prof. Dr. Julia Meyerle (Klinik für Innere Medizin A, Universität Greifswald), Dr. Veit Phillip und Prof. Dr. Wolfgang Huber (beide II Medizinische Klinik und Poliklinik, Klinikum rechts der Isar, München) jeweils bereits initiierte und laufende Studien vorgestellt. Die MagPEP Studie der Universität Greifswald versucht ebenso wie die PEPSI Studie des Klinikums rechts der Isar (Technische Universität München) Möglichkeiten der Prävention der Post-ERCP-Pankreatitis zu überprüfen. In der von Prof. Huber geleiteten EAGLE-Studie wird der Einsatz von thermodynamischen Messmethoden zur Bestimmung des Flüssigkeitsdefizits in der akuten Pankreatitis überprüft. Allen Rednern war es ein besonderes Anliegen, die Notwendigkeit von Studiengruppen zur effizienten Durchführung solcher Trials hervorzuheben.

Gefolgt wurde die Sitzung vom Thema Registries for Pancreatic Disease, in der namhafte Vertreter bereits etablierte Register vorstellten. Professor Salvia von der Universität Verona hat die internationale Datenbank der zystischen Pankreastumore vorgestellt, und dabei die Schwierigkeiten vor allem der Diagnose und das einheitlichen Managements dieser immer häufiger diagnostizierten Pankreasläsionen herausgearbeitet. In einer sehr aufschlussreichen Diskussion wurde klar, dass nur solche Register zu einer Homogenisierung des Managements der zystischen Pankreasläsionen beitragen können. Das Register hereditärer Pankreaskarzinome hat stellvertretend für die Allgemeinchirurgie der Universität Marburg Prof. Volker Fendrich vorgestellt. Wie man Patienten mit auffallender Häufung von Pankreaskarzinomen in der Familie einer Überwachungsstrategie unterzieht, ist nach wie vor eine unbeantwortete Frage. Die Surveillancestrategie innerhalb des Registers wurde in dieser Sitzung angesichts neuer bildgebender Verfahren und tieferer genetischer Erkenntnisse beim hereditären Pankreaskarzinom eingehend erörtert. Gerade die Genetik der alkoholischen chronischen Pankreatitis hat in den letzten Jahren interessante Erkenntnisse hervorgebracht, die nur möglich waren, weil es unter anderem Herrn Dr. Rosendahl (Klinik und Poliklinik für Gastroenterologie und Rheumatologie, Universitätsklinikum Leipzig) gelungen ist, eine ausreichend große Datenbank für solche Patienten zu erstellen. Dabei hat er weiter ausgeführt, wie dieses bisher erfolgreiche Register weiter ausgebaut und für klinische Studien genutzt werden kann. An diesem Beispiel skizzierte Professor Matthias Löhr vom Karolinska-Institut der Universität Stockholm, wie solche Datenregister auch für die in den letzten Jahren zunehmend diagnostizierte, aber noch weitestgehend unerforschte Erkrankung der autoimmunen Pankreatitis von Vorteil sein könnten.

Die letzte Sitzung der Hauptveranstaltung widmete sich dem Thema Translational Research, welches umfangreich von den Kollegen Professor Dr. Thomas Kirchner (Pathologisches Institut, Ludwig-Maximilian-Universität München), Professor Dr. William Greenhalf (Molecular and Clinical Cancer Medicine, Royal Liverpool University Hospital, England), Professor Dr. Francisco X. Real (Epithelial Carcinogenesis Group, Centro Nacional de Investig. Oncol., Madrid, Spanien) und Professor Dr. Roland Schmid (Klinikum rechts der Isar, Technische Universität) behandelt wurde. Besonders interessant waren die Überlegungen und Einlassungen von Professor Kirchner zum Thema Biobanking. In einem exzellenten Vortrag hat dabei Herr Professor Kirchner ganz klar eine Unterscheidung zwischen Biobanking und Gewebebank vorgenommen. Dabei unterstrich er deutlich, dass das bloße Sammeln von Proben und klinischen Daten lediglich eine Gewebebank darstellt. Hingegen bedarf es bei der Biobank vieler weiterer komplexer Ebenen wie der Gewebeaufbereitung, Datenerhebung/-sicherheit, Archivierung und Computerisierung, um nur einige der Punkte zu erwähnen. Die meisten der verfügbaren Gewebearchive erfüllen eben nicht die Kriterien einer Biobank, die für die translationale Forschung unerlässlich ist. Professor William Greenhalf hat stellvertretend für die ESPAC Studiengruppe, die in den letzten Jahren im Rahmen multizentrischer Studien sehr erfolgreich Behandlungsstrategien des Pankreaskarzinoms definierte, die Rahmenbedingungen für die Durchführung translationaler Forschung auf dem Gebiet der onkologischen Pankreatologie umrissen. Gerade am Beispiel negativer Erfahrungen innerhalb der ESPAC Studiengruppe konnte er die Schwierigkeiten solcher Ansätze veranschaulichen. Einen sehr kritischen und dennoch optimistisch stimmenden Vortrag hielt Herr Prof. Roland Schmid (TUM) zu den theoretischen und praktischen Aspekten der translationalen onkologischen Forschung in der Pankreatologie. Er wies mit Nachdruck darauf hin, dass der Wissenstransfer aus der Grundlagenforschung in die Klinik und umgekehrt ein weiter und beschwerlicher Weg ist. Neben einer Biobank sind weit gefächerte experimentelle Ansätze notwendig. Zum Erstaunen vieler stellt er die in vivo Modelle alleine als Grundlage für die translationale Forschung infrage. Seiner Ansicht nach ist die aufmerksame klinische Beobachtung von behandelten Tumorpatienten eine bisher unzureichend beachtete Wissensquelle, die durchaus neue Ansätze erlaubt, die der Grundlagenforschung möglicherweise entgehen könnten. Ihm war es sehr wichtig, die Notwendigkeit der interdisziplinären Zusammenarbeit in Klinik und Wissenschaft hervorzuheben. Weniger weit gediehen ist bisher die translationale Forschung in der Pankreatitis. Die Gründe hierfür liegen nach Prof. Real vor allem im Mangel an Daten aus der Klinik und in der fehlenden Verfügbarkeit relevanter experimenteller in vivo und in vitro Modellen der Pankreatitis.

Mit der Sitzung Organization of Clinical Trials wurde der zweite Tag eröffnet. Dabei gingen Dr. Anthonkin (Bayerische Forschungsallianz GmbH), Professor Dr. Lerch (Kinik für Innere Medizin A, Universitätsmedizin Greifswald |), Inga Rossion (Executive Manager des Studienzentrums der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie) und Prof. Mansmann (Institut für medizinische Informationsverarbeitung, Biometrie und Epidemiologie Ludwig-Maximilian-Universität München) auf die strukturellen und finanziellen Voraussetzungen für die Durchführung klinischer Studien ein. Der Erfolg einer klinischen Studie hängt natürlich auch von ihrer Finanzierbarkeit ab. Dr. Anthonkin hat versucht die Möglichkeiten des Drittmittelerwerbs auf EU-Ebene darzustellen. In besonders interessanter und aufschlussreicher Weise skizzierte Professor Dr. Lerch, langjähriges Mitglied des Fachkollegiums Gastroenterologie der DFG, die Förderungsmöglichkeiten der Bundeseinrichtung. Dabei ging er nicht nur auf die im Vergleich zu anderen Disziplinen der Humanmedizin niedrige Förderungsquote gastroenterologisch / endoskopisch orientierter Studien ein, sondern gab vor allem für die Nachwuchswissenschaflter und -kliniker sehr wichtige und relevante Hinweise bei der Antragsstellung. Die Erfahrungen der chirurgischen Klinik der Universität Heidelberg mit der Etablierung und Führung einer Clinical Research Unit hat Frau Rossion eindrücklich geschildert und dabei sehr relevante Aspekte herausgestellt. Das üblicherweise sehr theoretische und abstrakte, aber eben doch sehr wichtige Thema der Statistik hat Prof. Mansmann von der Ludwig-Maxmilian-Universität hervorragend und fesselnd besprochen. Anknüpfend an die Bemerkungen von Dr. Blankenstein von der ersten Sitzung des Vortags stellte er Grundlagen der Statistik dar und ging in diesem Zusammenhang auf häufige Fehler ein, die im Zuge von klinischen Studien gemacht werden.

In der letzten Sitzung Networks in Germany ging es Prof. Dr. Thomas Seufferlein und Prof. Dr. Hana Algül darum, den jungen Nachwuchswissenschaftlern und –klinikern die vorhandenen Netzwerke für klinische Studien in der Pankreatologie in Deutschland bekannt zu machen. Innerhalb der Arbeitsgemeinschaft Internistische Onkologie (AIO) ist Professor Seufferlein verantwortlich für das Pankreaskarzinom. Die AG Pankreas der DGVS hat vor drei Jahren die German Pancreatitis Study Group (GPSG) ins Leben gerufen. Die GPSG versucht alle universitären und nicht-universitären Einrichtungen mit Schwerpunkt entzündliche Erkrankungen des Pankreas in Deutschland zusammenzubringen, um klinische Studien durchzuführen. Die Struktur und die bisherigen Aktivitäten hat Prof. Dr. Hana Algül in seiner Funktion als Stellvertreter der AG Pankreas dargestellt und die Zuhörer zur Teilnahme aufgerufen. Zudem stellte er die ersten Ergebnisse einer multizentrischen Studie der GPSG vor und demonstrierte auf diese Weise die bisher erfolgreiche Zusammenarbeit innerhalb des Netzwerkes.

An beiden Tagen wurde klar, dass vor allem die Interdiszipliniarität und Multizentrizität die Grundlage für den Erfolg klinischer und translationaler Studien in der Pankreatologie darstellt. In dieser Hinsicht waren alle Teilnehmer aufgerufen mit ihren jeweiligen Kompetenzen und Resourcen zur klinsichen und translationalen Forschung auf diesem Gebiet beizutragen. Die Voraussetzungen hierfür sind aufgrund der vorhandenen Expertise an vielen universitären und außeruniversitären Einrichtungen bestens vorhanden. Nach einer kurzen Abschlussrunde unter der Leitung von Prof. Dr. Jens Werner und Prof. Dr. Hana Algül fand ein gelungener Kongress seinen Abschluss.

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