ergopraxis 2014; 7(02): 37
DOI: 10.1055/s-0034-1370377
praxisprofi
© Georg Thieme Verlag Stuttgart - New York

Die hohe Kunst der Patientenbindung

Simone Gritsch
,
A.V Eisenhart Rothe

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Publication Date:
05 February 2014 (online)

Das wollen wir doch alle: treue Patienten, die unsere Praxis über Jahre hinweg immer wieder aufsuchen, wenn sich erneut Beschwerden oder neue Symptome einstellen, und die uns weiterempfehlen, weil sie von uns überzeugt sind, oder? Geschenkt bekommen wir das nicht. Dafür müssen wir einiges tun.

Jeder Patient hat andere Bedürfnisse und Befindlichkeiten. Das gilt auch für uns Therapeuten. Wenn wir uns das Ziel setzen, jeden Patienten halten zu wollen, müssen wir flexibel, individuell und persönlich agieren. Ein gleichförmiges Verhalten wirkt immer nur bei einem Teil der Patienten. Fragen Sie Ihre Patienten mal nebenbei während der Behandlung, warum sie Ihnen bisher treu geblieben sind. Unkompliziert, ohne strukturierte Evaluation, einfach so als Meinungsbild.

In einer Zeit mit stetig abnehmendem zwischenmenschlichen „Face to face“-Kontakt ist das Bedürfnis nach persönlicher Zuwendung, Vertrauen und Bindung groß wie nie. Ein häufiger Therapeutenwechsel für einen Patienten in einer Praxis ist für die Patienten- bzw. Kundenbindung ein absolutes No-Go!

Patienten binden sich vor allem an „ihren Therapeuten“, nicht an Räumlichkeiten. In Praxisräumen fühlen wir uns wohl oder nicht, Kaffee umsonst ist ein Nice-to-have, Fehler bei der Terminvergabe werden verziehen, wenn sie freundlich und mit Entschuldigung erklärt werden. Was wirklich zählt, ist die zwischenmenschliche, vertrauensvolle Bindung zum Therapeuten. Für uns Therapeuten sind das auch Kriterien für eine erfolgreiche Therapie. Wir sollten uns ihrer Wirkung bewusst sein.

Zwischenmenschliche Bindung und Vertrauen entstehen durch Blick- und Körperkontakt. Verbale Zuwendung, echtes Interesse, Nachfragen, sich persönliche Details des Patienten merken und das Pflegen gemeinsamer Therapie-Erinnerungen intensivieren die Bindung.

Und wir können noch mehr tun. Werden Sie Gesundheitspartner Ihrer Patienten. Stehen Sie ihnen beratend zur Seite, wenn es beispielsweise um die Anschaffung neuer Laufschuhe geht, um die Einstellung des Autositzes oder den Kauf einer Matratze.

Sprechen Menschen von meiner Physio- oder meiner Ergotherapeutin, haben Sie es geschafft! Der darin enthaltene „Besitzanspruch“ zeigt die persönliche Beziehung zwischen Therapeut und Patient. Er verdeutlicht die Bindung und ist kostenfreies Marketing. Wir alle wissen, wie wert- und wirkungsvoll Mund-zu-Mund-Propaganda ist. Und sollte die Chemie zwischen Patienten und Therapeut mal nicht stimmen, macht es Sinn, den Therapeuten auszutauschen, um den Patienten zu behalten.

Ihre

Simone Gritsch

Anna Von Eisenhart Rothe

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