Dialyse aktuell 2013; 17(S 01): S3
DOI: 10.1055/s-0034-1368100
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© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Therapie der renalen Anämie

Silke Osiek
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Publication Date:
20 January 2014 (online)

In diesem Supplement zur Zeitschrift Dialyse aktuell aus der Reihe „Im Fokus“ soll es um das Thema der renalen Anämie mit grundlegender Beleuchtung des Eisenstoffwechsels sowie der Darlegung der Therapieoptionen gehen. Mit fortschreitender chronischer Niereninsuffizienz bildet sich eine normochrome, normozytäre Anämie aus, welche als renale Anämie bezeichnet wird. Diese beginnt meist etwa im CKD-Stadium 3b, also bei einer eGFR (geschätzte glomeruläre Filtrationsrate) von 30–45 ml/min. Der Zeitpunkt ist auch von der zugrunde liegenden Erkrankung abhängig, bei Diabetikern eher etwas früher, wohingegen Patienten mit autosomal-dominanter polyzystischer Nierenerkrankung oft erst im Dialysestadium eine Anämie entwickeln.

Die Pathogenese ist vielschichtig. Neben der verringerten Erythropoetinproduktion (diese findet zu 80 % in der Niere statt) bei abnehmender Nierenfunktion scheint ein weiterer Mechanismus – der des erhöhten Hepcidins – eine herausragende Rolle in der Pathogenese zu spielen. Der Erythropoetinmangel ließe sich leicht durch eine entsprechende Substitution mit rekombinantem Erythropoetin (EPO) ausgleichen, wenn nicht gleichzeitig ein vermindertes Ansprechen der Erythrozytenvorläuferzellen auf Erythropoetin bei urämischen Patienten vorliegen würde. So konnte beobachtet werden, dass Patienten, die 6–8 Stunden 3-mal pro Woche dialysiert werden, oder auch Peritonealdialysepatienten mit kontinuierlicher Entgiftung einen deutlich geringeren Erythropoetinbedarf haben. Derzeit werden auch Therapieansätze mit dem primären Ziel einer Hepcidinreduktion untersucht.

Zu Beginn einer Erythropoetintherapie sollte ein Eisenmangel als häufigste Ursache einer Erythropoetinresistenz oder andere Gründe wie Urämie, Entzündung oder Krebserkrankungen ausgeschlossen werden. Der Ausgleich des Eisenmangels steht in den neuesten Guidelines ganz klar im Vordergrund mit nach oben korrigierten tolerierten Ferritin- und Transferrinsättigungswerten. Gerade zu Beginn einer Erythropoetintherapie wird aufgrund der angeregten Erythropoese eine begleitende Eisensubstitution benötigt. Aber auch während der Hämodialysetherapie kommt es zu jährlichen Verlusten von schätzungsweise 2 g Eisen, welche zu substituieren sind. Die große Bandbreite der zur Verfügung stehenden Eisenpräparate und was bei der Eisensubstitution zu beachten ist, wollen wir Ihnen in diesem Heft vermitteln.

Es gibt genügend Evidenz dafür, dass sich die Lebensqualität, physische Belastbarkeit und Abnahme der linksventrikulären Hypertrophie durch EPO positiv beeinflussen lassen. Dennoch ließ sich in den harten Outcome-Studien wie CHOIR, CREATE und TREAT bei Prädialysepatienten kein Benefit bezüglich der Mortalität für die Anhebung des Hb-Spiegels (Hb: Hämoglobin) in den Normbereich finden. Auch bei Patienten mit Herzinsuffizienz konnte in einer kürzlich veröffentlichten Arbeit die Gabe von Darbepoetin keinen Nutzen zeigen. Unklar bleibt, ob es der erhöhte Hb-Wert an sich ist oder die dazu notwendigen hohen EPO-Gaben, die zu den unerwünschten Ereignissen wie Schlaganfall, Thrombosen und Hypertonie führen. Dies wird in den folgenden Beiträgen noch ausführlich diskutiert werden. Schließlich mahnen uns die Guidelines vor einer unkritischen Dosisanhebung des Erythropoetins, lassen uns aber individuell die Freiheit, bei jungen Patienten ohne Komorbiditäten eine individuelle Anhebung des Hb-Wertes unter Berücksichtigung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses durchzuführen. Ich wünsche viel Spaß beim Lesen!

Dr. Silke Osiek, Würzburg