Geburtshilfe Frauenheilkd 2013; 73(12): 1191-1193
DOI: 10.1055/s-0033-1360169
Geschichte der Gynäkologie
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Historie der „geburtshilflichen Migrationsforschung“. Die gebärende „Gastarbeiterin“ der 1960er- bis 1980er-Jahre – eine kurze medizinhistorische Literaturübersicht

Matthias David
1   Charité-Universitätsmedizin Berlin, Campus Virchow-Klinikum, Klinik für Gynäkologie
,
Judith von Hofen-Hohloch
1   Charité-Universitätsmedizin Berlin, Campus Virchow-Klinikum, Klinik für Gynäkologie
,
Andreas D. Ebert
2   GenderNomics™, Berlin
1   Charité-Universitätsmedizin Berlin, Campus Virchow-Klinikum, Klinik für Gynäkologie
,
Judith von Hofen-Hohloch
1   Charité-Universitätsmedizin Berlin, Campus Virchow-Klinikum, Klinik für Gynäkologie
,
Andreas D. Ebert
2   GenderNomics™, Berlin
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Publication History

Publication Date:
20 December 2013 (online)

Die ausländische Wohnbevölkerung in der Bundesrepublik Deutschland nahm bereits seit Anfang der 1950er-Jahre stetig zu, obwohl erst der starke Arbeitskräftemangel in den 1960er- und 1970er-Jahren dazu geführt hatte, dass die Bundesregierung mit einer Reihe von Ländern sog. Anwerbeabkommen über die staatlich organisierte Zuwanderung von Arbeitskräften abschloss, so z. B. 1955 mit Italien, 1960 mit Spanien und Griechenland sowie 1961 mit der Türkei. Aktenauswertungen im Bundesarchiv und im Auswärtigen Amt lassen darauf schließen, dass die Initiative für diese Vereinbarungen von den Entsendeländern ausging [1]. Damit wurde eine Entwicklung angestoßen, die zu dem heutigen Bevölkerungsbild führte: Die aktuellen Zensusdaten zeigen, dass von den rund 80,2 Mio. Einwohnern der Bundesrepublik Deutschland etwa 15 Mio. Personen einen Migrationshintergrund haben, was knapp 18,9 % der Gesamtbevölkerung entspricht. Die meisten Migranten leben heute in Hamburg (27,5 %), in Berlin haben 23,9 % der Einwohner einen Migrationshintergrund. Die größte Gruppe stellen die türkeistämmigen Migrantinnen und Migranten mit 17,9 %, gefolgt von Zuwanderern aus Polen (13,1 %) [2]. Diese „multikulturelle Realität“ ist natürlich seit Langem in den frauenärztlichen Praxen und in den Geburtskliniken v. a. der deutschen Großstädte und der industriellen Ballungsräume angekommen, wo der Anteil von Migrantinnen unter den gebärenden Frauen einen großen Prozentsatz ausmacht.

 
  • Literatur

  • 1 Jamin M. Fremde Heimat. Zur Geschichte der Arbeitsmigration aus der Türkei. In: Motte J, Ohliger R, von Oswald A, Hrsg. 50 Jahre Bundesrepublik, 50 Jahre Einwanderung. Nachkriegsgeschichte als Migrationsgeschichte. Frankfurt/M., New York: Campus; 1999
  • 2 Statistisches Bundesamt, Pressestelle. Zensus 2011: 80,3 Millionen Einwohner lebten am 9. Mai 2011 in Deutschland. Pressemitteilung vom 31. Mai 2013 – 188/13. Wiesbaden: 2013
  • 3 Frey M, Müller U Hrsg. Ausländer bei uns – Fremde oder Mitbürger? Band 186. Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung; 1982
  • 4 Schliemann F, Schliemann G. Über den Geburtsverlauf bei Ausländerinnen. Geburtsh Frauenheilk 1975; 35: 210-217
  • 5 Schultze-Naumberg R, Scholtes G. Entbindungen bei Ausländerinnen. Medizinische Klinik 1976; 71: 63-67
  • 6 Strobel E. Beteiligung der Gastarbeiterinnen an der Schwangerenvorsorge. Fortschr Med 1975; 28: 1301-1308
  • 7 Saurwein A. Entbindung bei Ausländerinnen, zugleich ein Beitrag zur Frequenz und Indikationsstellung der abdominalen Schnittentbindung. Geburtsh Frauenheilk 1969; 29: 728-734
  • 8 Loew D, Schrank P. Bericht über 7000 Geburten in einem mittleren Krankenhaus unter Berücksichtigung der Geburtsverläufe bei Ausländerinnen. Zentralbl Gynäkol 1966; 88: 23-31
  • 9 Burger H. Über die Schlafgeburt. Geburtsh Frauenheilk 1966; 26: 962-967
  • 10 Drähne A, Nierstenhöfer I, Schindler AE et al. Eisenmangelanämie in der Schwangerschaft – eine vergleichende Studie. Archiv Gynäkol 1977; 224: 533-536
  • 11 Wittlinger H, Beck HO, Brandner U. Zur Problematik der Ausländerentbindung. Bericht über 621 Entbindungen von Ausländerinnen in den Jahren 1966–1969. Geburtsh Frauenheilk 1971; 31: 1174-1183
  • 12 Risso M, Boeker W. Verhexungswahn. Ein Beitrag zum Verständnis von Wahnerkrankungen süditalienischer Arbeiter in der Schweiz. Bibl Psychiatr Neurol 1964; 124: 1-82
  • 13 Hauser GA, Tapia JE. Ausländerinnen in der Schweiz – andere oder mehr Frauenkrankheiten?. Therapeutische Umschau/Revue thérapeutique 1975; 32: 552-559
  • 14 Guggenberger M, Wilhelm U, Roll H. Die Ausländergeburt. Psychosomatische Aspekte in der Schwangerschaft und der Geburt. In: Hillemanns HG, Steiner H, Richter D, Hrsg. Die humane, familienorientierte und sichere Geburt. Stuttgart: Georg Thieme Verlag; 1983: 322-327
  • 15 Weiss R. Macht Migration krank? Eine transdisziplinäre Analyse der Gesundheit von Migrantinnen und Migranten. Zürich: Seismo; 2003