XX Die Zeitschrift für Frauen in der Medizin 2013; 2(3): 131-132
DOI: 10.1055/s-0033-1351690
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Studien und Veranstaltungsberichte
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Dunja Voos
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Publication Date:
05 September 2013 (online)

Je gleicher, desto gesünder – Fehlende Gleichberechtigung beeinträchtigt Frauen

Hohe Bildung und ein gutes Einkommen sind mit einem guten Gesundheitszustand verbunden. Doch auch ausgewogene Arbeitsverhältnisse helfen Berufstätigen, gesund zu bleiben. Welchen Einfluss die Gleichberechtigung der Geschlechter am Arbeitsplatz auf die psychische Gesundheit hat, untersuchten Sofia Elwér et al., Vanderbilt-Universität, Tennessee, USA.

Unterschiede in Tätigkeit und Position

Auch heute noch arbeiten Männer und Frauen in verschiedenen Berufen: Während Frauen häufig mit Menschen zu tun haben, beschäftigen sich Männer mit Produkten oder Daten (horizontale Trennung). Andererseits erreichen Männer oft höhere Positionen als Frauen (vertikale Trennung). Unterschiedliche Gehälter, Weiterbildungs- oder Aufstiegschancen führen zu Geschlechtsdiskriminierungen in der Arbeitswelt. Ungleichgewichte gefährden jedoch die Gesundheit, während faire Voraussetzungen im Beruf schützen.


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Ungleich verteilt

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Je höher die Anzahl der Bereiche mit Gleichberechtigung, desto gesünder die Arbeitnehmer.

Arbeitsbereiche, bei denen gleich viele Männer und Frauen beschäftigt sind, weisen darauf hin, dass die Potenziale von Männern und Frauen gleichermaßen geschätzt und gebraucht werden. In Schweden arbeiten nur 10 % der Berufstätigen in Berufen, in denen Männer und Frauen gleich häufig vertreten sind. Hier ist der Gesundheitszustand beider Geschlechter besser als in anderen Berufen. Männer erkranken häufiger an Arbeitsplätzen, an denen Frauen in der Überzahl vertreten sind. Obwohl in Schweden mehr Frauen als Männer eine zweite Ausbildung haben, verdienen Frauen nur 84 % dessen, was Männer verdienen. Unter Berücksichtigung von Alter, Ausbildung, Arbeitszeit und Profession erhalten Frauen 92 % des Verdienstes von Männern.


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Gleichberechtigung ist facettenreich

„Gleichberechtigung“ am Arbeitsplatz ist nicht leicht zu erfassen. Sofia Elwér und ihre Kollegen untersuchten 520 Arbeitsplätze, an denen 715 Studienteilnehmer (338 Frauen und 377 Männer) beschäftigt waren. Die Autoren konnten unterschiedliche Arbeitsplatzstrukturen und damit sechs verschiedene Cluster herausarbeiten:

  • Cluster 1 zeichnete sich aus durch Arbeitsplätze, an denen mehrheitlich Männer beschäftigt waren, die höhere Gehälter erhielten. Während die Männer häufig einer handwerklichen Beschäftigung nachgingen, waren die Frauen administrativ tätig. Hier zeigte sich bei den 42-Jährigen: 40 % der Frauen, aber nur 32 % der Männer litten unter psychischem Stress.

  • Cluster 2: Hier arbeiteten mehrheitlich Frauen. Gehälter und Bildung waren bei beiden Geschlechtern gleich. Vertreten waren Berufe aus den Bereichen Gesundheit, Wissenschaft und Kunst. Männer empfanden mehr Stress als Frauen.

  • In Cluster 3 waren Männer in der Überzahl vertreten und hauptsächlich als Arbeiter tätig. Bei gleichem Ausbildungsstand und vergleichbarem Gehalt arbeiteten die Frauen häufiger in der Administration. Die Männer nahmen mehr Elternzeit in Anspruch als die Frauen. An diesen Arbeitsplätzen war der psychische Druck für Frauen gering.

  • In Cluster 4 waren gleich viele Männer wie Frauen beschäftigt. Die Männer verdienten jedoch mehr und hatten eine bessere Ausbildung. Es nahmen mehr Frauen Elternzeit in Anspruch. Während die Frauen mit Menschen arbeiteten, waren die Männer mit Daten beschäftigt. Hier herrschte ein relativ hoher psychischer Druck für beide Geschlechter.

  • Cluster 5: Geringen psychischen Stress empfanden alle Beschäftigten an Arbeitsplätzen, an denen in verschiedenen Bereichen Gleichberechtigung herrschte. Zwar waren die Frauen in geringerer Anzahl vertreten und ihre Bildung war geringer, jedoch erhielten Männer und Frauen dieselben Gehälter und nahmen gleich häufig Elternzeit in Anspruch.

  • Cluster 6: An Arbeitsplätzen mit einem „traditionellen Ungleichgewicht“ litten die Frauen im Vergleich zu anderen Clustern unter dem höchsten Stress, während Männer die geringsten Stresslevel aufwiesen. Es waren mehr Männer als Frauen beschäftigt. Die Männer erhielten mehr Gehalt, waren jedoch weniger gut ausgebildet als die Frauen. Die Frauen nahmen häufiger Elternzeit. Die Männer waren Arbeiter, die Frauen meistens Büroangestellte. XX

Dr. Dunja Voos, Pulheim

Quelle: Elwér S et al. Patterns of Gender Equality at Workplaces and Psychological Distress. PloS ONE 8 (1): e53246. doi: 10.1371/journal.pone.0053246

Fazit

Gleichberechtigung der Geschlechter am Arbeitsplatz ist immer facettenreich und lässt sich nicht in einfachen Zusammenhängen messen. Immer noch sind Frauen häufig benachteiligt und leiden stärker unter psychischem Stress als Männer. Die Autoren konnten die Konvergenztheorie bestätigen: Je höher die Anzahl der Bereiche, in denen Gleichberechtigung herrschte, desto gesünder waren die Arbeitnehmer.


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