Klinische Neurophysiologie 2013; 44(01): 10-17
DOI: 10.1055/s-0032-1327664
Originalia
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Polyneuropathie – Ätiologie, Geschlechterverteilung und Altersdurchschnitt in Ost-Österreich, eine retrospektive Datenanalyse an 278 Patienten

Polyneuropathy – Aetiology, Gender Distribution and Average Age in East Austria: A Retrospective Analysis of the Data of 278 Patients
J.-P. Koren
1   Karl Landsteiner Institut für Klinische Epilepsieforschung und Kognitive Neurologie, Wien
2   2. Neurologische Abteilung, Krankenhaus Hietzing mit Neurologischem Zentrum Rosenhügel, Wien
,
M. Erdler
2   2. Neurologische Abteilung, Krankenhaus Hietzing mit Neurologischem Zentrum Rosenhügel, Wien
,
C. Baumgartner
1   Karl Landsteiner Institut für Klinische Epilepsieforschung und Kognitive Neurologie, Wien
2   2. Neurologische Abteilung, Krankenhaus Hietzing mit Neurologischem Zentrum Rosenhügel, Wien
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Publication Date:
19 February 2013 (online)

Zusammenfassung

Polyneuropathien (PNP) sind disseminierte Störungen des peripheren Nervensystems, welche mit beeinträchtigten Funktionen mehrerer peripherer Nerven in klinisch ähnlicher Symptomatik einhergehen. Die PNP zählt zu den häufigsten neurologischen Erkrankungen und tritt sehr oft als Begleit- oder Zweiterkrankung auf, dieser Umstand macht sie epidemiologisch schwer fassbar. Da es in Österreich diesbezüglich noch keine aussagekräftigen Studien gibt, müssen daher Daten und Zahlen, basierend auf den statistischen Analysen aus anderen Ländern, insbesondere Deutschland, ebenso wie diagnostische Methoden und Schemata, übernommen werden. Unsere Studie stellt somit einen Vergleich gegenüber diesen Analysen dar. Es wurden 505 Patientenbriefe von PatientInnen mit der Abschlussdiagnose „Polyneuropathie“ bzw. „Polyneuropathie (nicht näher benannt), Neuropathie ohne nähere Angabe“ die im Zeitraum von 01.01.2006 bis 31.12.2010 im Neurologischem Zentrum Rosenhügel, KH Hietzing stationär aufgenommen waren, analysiert. Schlussendlich wurden 278 Patienten, mit einer manifesten Polyneuropathie (PNP), in die retrospektive Datenanalyse eingeschlossen. Als Auslöser einer PNP wurden 18 Diagnosen definiert, die teils an vorangegangen Studien angelehnt sind und teils in kleineren Subgruppen zusammengefasst wurden. Es zeigte sich ein erwarteter Überhang der diabetischen PNP (31,7%), sowie der trotz hohem diagnostischen Aufwand ätiologisch ungeklärten Polyneuropathien (16,2%), gefolgt von der alkoholischen PNP (12,2%). Als letzte größere Gruppe wurde die multifaktoriell-verursachte PNP (9,4%) erfasst, wobei auch hier sehr häufig Diabetes und Alkohol in Kombination mitve­rursachend wirkten, jedoch nicht als einzelne Ursache festgemacht werden konnten. Weiters wurde das Patientenkollektiv auf Geschlechterverteilung und Altersdurchschnitt untersucht. Hier zeigte sich ein 2:1 Überhang der Männer gegenüber den Frauen sowie ein durchschnittliches Erkrankungsalter von 65 Jahren beider Geschlechter.

Abstract

Polyneuropathy (PNP) is a disseminated neurological disorder of the peripheral nervous system (PNS). Polyneuropathies have motor, sensory or autonomic involvement. Often motor and sensory malfunctions occur at the same time. PNP is one of the most often diagnosed neurological disorders and for the most part, it is an accompanying disease. Diagnostic procedures and aetiological analyses for Austria are non-existent; therefore analyses of other countries, mostly from Germany, must be imported. Our Study is a comparison of those analyses with the first survey data in Austria on this topic. 505 medical discharge letters of patients with the diagnosis “polyneuropathy” or “poly­neuropathy (not otherwise specified), neuropathy (not otherwise specified)”, who were inpatients between 01.01.2006 to 31.12.2010 (in KH Hietzing, Neurological Center “Rosenhügel”, 2nd neurological department), were analysed. Altogether, 278 patients, with an apparent PNP, were included in the study. 18 diagnoses (risk factors) were defined, partly based on pre-studies. As expected, the diabetes PNP shows a significant predominance (31.7%), as well as the aetiologically unknown polyneuropathies (16.2%), despite the high diagnostic efforts. The alcoholic PNP is the third most common aetiology (12.2%), as expected. The newly defined multifactorial PNP (9.4%) is the last large group, in which also diabetes and alcohol abuse (often in combination) were very common. Furthermore the patient collective was tested for gender distribution and average age. The analysis showed a 2:1 risk for men to develop PNP, as well as an average age of 65 years in both sexes.

 
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