Endoskopie heute 2011; 24(4): 246-247
DOI: 10.1055/s-0031-1283871
Editorial

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart ˙ New York

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T. Wittenberg
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Publication Date:
21 December 2011 (online)

Das 7. Symposium „Krankenhaus der Zukunft“ fand am 16. Mai 2011 im Rahmen des 41. Kongresses der DGE-BV in München statt. Um den interdisziplinären Dialog zwischen klinischen Anwendern und technischen Entwicklern anzuregen, wird diese Veranstaltung seit vielen Jahren gemeinsam von der Deutschen Gesellschaft für Bildgebende Verfahren (DGE-BV), der Deutschen Gesellschaft für Biomedizinische Technik im VDE (DGBMT), der Fraunhofer Gesellschaft (FhG) sowie der Society for Medical Innovation and Technology (SMIT) organisiert und veranstaltet. 

Das Leitthema des diesjährigen Workshops war „Theragnostik im Operationssaal – Closed Loop Diagnostics & Surgery“. Die Wahl dieses Themas beruht auf der Erkenntnis, dass auf der einen Seite das Wissen über die physiologischen Vorgänge im menschlichen Körper und damit die Anforderungen an die kognitiven Fähigkeiten der Chirurgen, Endoskopiker und interventionellen Radiologen rapide ansteigt, aber das Potenzial zur Verarbeitung und Nutzung verfügbarer medizinischer Informationen während einer Operation an seine Grenzen stößt. Eine Möglichkeit zum Ausgleich dieses Missverhältnisses ist die geeignete Erfassung, Aggregation, Aufbereitung, und Präsentation physiologischer Signale und medizinischer Informationen in Abhängigkeit von den aktuellen Erfordernissen. Der Einsatz technischer Hilfsmittel, die in einem geschlossenen Regelkreis („Closed Loop“) diagnostische Informationen und therapeutische Maßnahmen eng miteinander verzahnen („Theragnostik“), kann entsprechend zu einer erheblichen Steigerung von Qualität und Effektivität eines Eingriffs führen. 

In Ansätzen wird dieses Konzept bereits heute für Szenarien wie beispielsweise bei der bildgeführten Intervention untersucht, entwickelt und prototypisch zur Anwendung gebracht. Allerdings wird bei der Vielzahl der diagnostischen Informationen und den daraus abzuleitenden interventionellen Maßnahmen der Chirurg als so genannter „Human-in-the-Loop“ zunehmend belastet. Vor diesem Hintergrund ist eine möglichst automatisierte Kopplung diagnostischer Funktionen mit den korrespondierenden therapeutischen Maßnahmen wünschenswert. Jedoch dürfen in diesem Kontext auch die Limitierungen technischer Lösungen nicht vergessen werden, und dass somit viele Fähigkeiten des Chirurgen in absehbarer Zeit nicht durch technische Realisierungen ersetzt werden können. Im Symposium „Theragnostik im Operationssaal – Closed Loop Diagnostics & Surgery“, wurden diese Problemstellungen sowie die damit verbundenen zukünftigen technischen und menschlichen Herausforderung aufgegriffen und aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet. Die aktuelle Ausgabe von Endoskopie Heute veröffentlicht daher einen Rückblick auf diese Veranstaltung mit einer Zusammenstellung präsentierter Beiträge. 

Der Beitrag „Wer kontrolliert wen? – Closed-Loop-Systeme im OP“ zeigt den aktuellen Stand von „Closed-Loop“-Systemen auf und wagt einen Blick in den Zukunft, in wie weit sich die kognitiven Fähigkeiten des Chirurgen mit neuen technischen Möglichkeiten in synergetischer Weise miteinander verbinden lassen. Die mögliche Kombination oder gar Integration von Endoskop und Computer und die damit verbundenen neuen Möglichkeiten der Operationsunterstützung wird durch die beiden Beiträge „Computer Integrierte Endoskopie“ sowie „Endoguide: Endoskop mit 360°-Ansicht“ aufgegriffen. Während im ersten dieser beiden Artikel ein Überblick gegeben wird, in wie fern sich die Endoskopie durch die Kombination mit der Informatik ergänzen, erweitern und gar verbessern lässt, wird im zweiten Artikel das Szenario eines Endoskops mit erweitertem Sichtfeld konkretisiert. Ein aktuelles Projektbeispiel zur prototypischen Realisierung eines geschlossenen diagnostisch-therapeutischen Kreislaufs wird in dem Beitrag „MobiGuide: Theragnostik-Systemkonzept zur Anwendung bei der laparoskopischen Prostatektomie“ beschrieben. Der diagnostische Prozess basiert hier auf der der Basis von MRT Daten, die gleichsam auch für eine MR-gestützte, navigierte Biopsie verwendet werden. Zudem wird der gesamte Prozess durch eine markerbasierte Erkennung mittels Mikrofluidik zeitnah unterstützt. Der Aspekt der Computer-gestützten Planung von chirurgischen Interventionen beschreibt der Beitrag „Modellgestützte Chirurgieplanung“. Unter anderem am Beispiel der Leberchirurgie wird eine Eingriffsplanung auf der Basis patientenindividuellen Daten durchgeführt, deren Ergebnisse anschließend für die Unterstützung der intraoperativen Orientierung genutzt werden. Da im Kontext von „Closed-Loop“ oder „Theragnostischen“ Systemen unterschiedlichste bildgebende Systeme (C-Bogen, Endoskope, Ultraschall, …), Sensorsysteme (Positionssensoren, Anästhesiesysteme, Vitalsensoren, …) und Aktorsysteme (Telemanipulatoren, Zangen, Greifer, Ablationsinstrumente, …) verschiedenster Hersteller automatisch und nach dem Zusammenstecken („Plug-and-Play“) miteinander kommunizieren sollen, bedarf es geeigneter Technologien, um diese Zusammenführung unterschiedlicher Komponenten zu unterstützen, und Informationen auszutauschen. Der Beitrag „Vernetzte Medizingeräte mit medizinischen IT-Systemen für integrierte intraoperative diagnostische und therapeutische Abläufe“ widmet sich diesem Thema und weist auf, wie auf der Basis von sog. „Service Oriented Architechtures“ eine solche Vernetzung unterscheidlichster Systeme bewerkstelligt werden kann. Abschließend fasst der Beitrag „Theragnostik im OP: Chancen und Limitierungen von Closed-Loop-Systemen“ die Kernaussagen der abschließenden Podiumsdiskussion des Workshops zusammen, bei dem ein Teil der Kernprobleme nochmals aus verschiedenen Disziplinen betrachtet werden.

Wir freuen uns, Ihnen mit dieser Ausgabe eine etwas andere, vielleicht etwas futuristisch anmutende Perspektive auf die Endoskopie und die damit verbundenen zukünftigen Möglichkeiten nahe bringen zu können. Wir hoffen Ihnen neue Ideen aufzuzeigen und eine Grundlage für einen fruchtbaren, interdisziplinären Austausch zwischen Ärzten und Ingenieuren zu bilden. 

T. Wittenberg

PD Dr.-Ing. T. Wittenberg

Fraunhofer Institut für integrierte Schaltungen · Abt. für Bildverarbeitung und Medizintechnik

Am Wolfsmantel 33

91058 Erlangen

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