physioscience 2010; 6(2): 82-83
DOI: 10.1055/s-0029-1245434
Veranstaltungsbericht

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Bericht der 23. ENPHE-Konferenz in Riga

Grenzenlose Transparenz in der PhysiotherapieausbildungC. Zalpour1
  • 1Institut für angewandte Physiotherapie und Osteopathie (INAP/O), Fachhochschule Osnabrück
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Publication Date:
27 May 2010 (online)

Die diesjährige Frühjahrskonferenz des European Network for Physiotherapy in Higher Education (ENPHE) fand vom 25.–27. März in Riga unter dem Thema Transparency in Physiotherapy Education without Borders statt. 161 Teilnehmer aus 24 Ländern fanden ihren Weg in die Stradins Universität in Riga (RSU), wo die Fakultät Rehabilitationswissenschaften, zu der unter anderem auch die Physiotherapie gehört, die Konferenz ausrichtete.

Von deutscher Seite waren außer dem Länderkoordinator Bodo Schlag (Bochum) auch die HVG-Vorsitzende Prof. Dr. Heidi Höppner (Kiel), Prof. Dr. Mieke Wasner (Idstein), Mari-Ann Laekemann (Bochum/Münster) und Gunther Speth (Freiburg) sowie der Autor dieses Beitrags als Vorstandsmitglied vertreten. Die deutsche Beteiligung an den jährlich stattfindenden ENPHE-Konferenzen wächst zusätzlich auch durch das stärker werdende Engagement der Studenten: Aus Deutschland diesmal Sergej Borkenhagen und Deniz Halil (beide FH Osnabrück), die zusammen mit weiteren 39 Studierenden – überwiegend aus den Niederlanden, Skandinavien, Italien und natürlich aus Lettland selbst – eine eigene Arbeitsgruppe bildeten. Insbesondere die Rigaer Studenten engagierten sich sehr in der Organisation der Konferenz einschließlich des anspruchsvollen kulturellen Rahmenprogramms.

Am letzten Konferenztag wurde Bilanz gezogen und unter anderem die bessere Integration von Studierenden in das Netzwerk diskutiert, dessen Mitglieder ja die Hochschulen und damit natürlich alle aktiven Partner im Lehr-Lern-Prozess sind [1] [2] [3]. Eine stärkere internationale Vernetzung nicht nur der Lehrenden gehört zu den erklärten Bologna-Zielen, die sich für die Periode 2010 bis 2020 wie folgt umreißen lassen:

Zugänglichkeit zu Hochschulbildung auch sozial Benachteiligten ermöglichen; Beschäftigungsfähigkeit (Employability) und Life-Long-Learning als zentrale Charakteristika des Bologna-Prozesses weiter verstetigen; In der curricularen Neuausrichtung hochschulischer Bildung das studentenzentrierte Lernen in den Vordergrund rücken.

Als tatsächlich messbares Ziel soll bis 2020 der Anteil derjenigen, die innerhalb des europäischen Hochschulraums einen Abschluss machen und einen Teil ihres Studiums im Ausland verbracht haben, mindestens 20 % betragen!

Dies bedeutet auch für die deutschen Hochschulen, an denen Physiotherapie als akademisches Fach etabliert ist, weitere und verstärkte Anstrengungen. Als wichtige Plattform zur internationalen Vernetzung steht ihnen ENPHE hier zur Seite.

Die Forderungen der Studenten orientierten sich an den 3 Hauptthemen dieser Konferenz: Qualität, Transparenz und Ranking. Wichtige Qualitätsindikatoren sind für sie z. B. die klinische Expertise der Lehrenden und die Orientierung an evidenzbasierter Praxis. Transparenz stand für sie vor allem unter dem Aspekt der Vergleichbarkeit der verschiedenen Studienprogramme innerhalb des europäischen Hochschulraums, um Mobilitätshindernisse weiter abzubauen bis hin zu stärkerer Vereinheitlichung der einzelnen Fachinhalte.

Zum Thema Hochschul-Ranking der einzelnen Physiotherapieprogramme wurde ein reichhaltiger Kriterienkatalog aufgeführt (Auswahl): Von Standort der Hochschule über Verfügbarkeit und Zugang zu wissenschaftlichen Datenbanken oder Verhältnis von Theorie und Praxis bzw. Anzahl der Studierenden bezogen auf die der Lehrer bis hin zu Qualität und Anzahl wissenschaftlicher Veröffentlichungen der Hochschule, aber auch und vor allem das Ausmaß und die Qualität der klinischen Ausbildung am Patienten.

Die wichtigste Forderung aber lautete: Einrichtung einer Interessensvertretung der Studierenden innerhalb von ENPHE. Der Vorstand wird sich weiterhin mit der Umsetzung dieses Themas befassen und ruft auch deutsche Studierende zu einer verstärkten Beteiligung auf. Außerdem ist die Einrichtung internationaler Summer Schools an den Mitgliedshochschulen geplant. Osnabrück wird z. B. im Sommer 2011 eine solche mit Beteiligung australischer und deutscher bzw. europäischer Physiotherapiestudenten anbieten.

Hauptvorträge hielten der Vorsitzende des lettischen Hochschulrates und der frühere Rektor der Stradins Universität Prof. Dr. med. habil. Janis Vetra über Qualitätsanforderungen an Studienprogramme im Kontext des Bologna-Prozesses, Dr. Michaela Saisana, MSc, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Joint Research Center der Europäischen Kommission und Spezialistin für vergleichende Qualitätsanalysen von Hochschulprogrammen über Global University Rankings: Challenges and Policy Implications und die Vizerektorin der RSU Prof. Dr. med. Ilze Akota über die Entwicklung und Modernisierung von Studienprozessen innerhalb der RSU.

Der Physiotherapeutin und Ärztin Mara Kulsa, die die Konferenz mit ihrem Team perfekt organisierte, ist für eine sehr gelungene Veranstaltung in einer nach wie vor auch kulturhistorisch sehr interessanten Stadt des Baltikums, der „Hauptstadt des Jugendstils”, sehr zu danken.

Die nächste ENPHE-Konferenz findet im Frühjahr 2011 in der Russischen Staatsuniversität für Leibeserziehung, Sport und Tourismus (RSUPE) in Moskau statt. Weiterführende Informationen unter: www.enphe.org.

Zuvor wird aber noch in diesem Jahr vom 30. September bis 1. Oktober ein Fokus-Gruppentreffen für ENPHE-Mitglieder im Vorfeld des Kongresses der skandinavischen Vereinigung der Physiotherapie-Edukatoren (www.nufnet.com) organisiert, die 2010 ihr 50-jähriges Bestehen feiert: Clinical Education in Physiotherapy Education – NUF-Conference and 50-Year Anniversary.

Abb. 1 Zur Eröffnung der internationalen Konferenz am 25. März sang der Chor der Stradins Universität Riga, begleitet von Martins Zilbert und Evijy Belicka (Piano) sowie Ivo und Ugis Kruskops (Percussion), dirigiert von Zane Zilberte Carmina Burana von Carl Orff. Dazu tanzte die nationale Tanzgruppe Ackups (Choreographie: Madara Galvina und Elita Treilone). Unter den Tänzern und Musikern waren auch zahlreiche Physiotherapiestudenten (Quelle: C. Zalpour).

Abb. 2 Auch dieses Jahr nahmen wieder viele internationale Studenten an der ENPHE-Konferenz teil und bildeten eine International Class gebildet, darunter auch 2 „Osnabrücker” (Sergej Borkenhagen und Deniz Halil, hintere Reihe, 2. u. 4. von rechts; Quelle: ENPHE).

Literatur

  • 1 Neumann S. Physiotherapie in Lettland. Ein Land im Aufbruch.  physiopraxis. 2005;  3 46-49
  • 2 Zalpour C. ENPHE-Konferenz in Prag – Studierende fordern stärkere internationale Ausrichtung des Physiotherapiestudiums und betonen die große Bedeutung der praktischen Fähigkeiten.  physioscience. 2007;  3 197-198
  • 3 Zalpour C. Doppeljubiläum in Valencia – Lernen aus Studentensicht stand im Vordergrund der Konferenz.  physioscience. 2008;  4 100-101

Prof. Dr. Christoff Zalpour

Fachhochschule Osnabrück, Bachelor-Studiengang für Physiotherapie

Email: zalpour@wi.fh-osnabrueck.de

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