Via medici 2007; 12(2): 7
DOI: 10.1055/s-0029-1234151

Hätten Sie’s Gewusst? – Wie hilft man Patienten mit Halsschmerzen?

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Publication Date:
13 July 2009 (online)

Wer kennt das nicht: Man sitzt bei Schmuddelwetter in der U-Bahn, der Sitznachbar niest, und am nächsten Tag rächt sich der Körper mit Halsschmerzen. Was tun? Aussitzen oder Antibiotika? Wir fragten Prof. Dr. Eva Hummers-Pradier, Direktorin der Abteilung für Allgemeinmedizin der Medizinischen Hochschule Hannover.

Was sagen Sie als Hausärztin einem Patienten, der mit Halsschmerzen kommt und jetzt auf Wunderheilung durch Antibiotika hofft?

Prof. Hummers-Pradier: Ich erkläre ihm, dass Antibiotika da wenig oder gar nichts nützen – und eine „Wunderheilung” gar nicht erforderlich ist, da Halsschmerzen schnell von selbst abklingen.

Wann helfen Antibiotika bei Halsschmerzen?

Prof. Hummers-Pradier: Antibiotika helfen bestenfalls, wenn Bakterien und nicht Viren die Übeltäter sind. Die beiden Infektionstypen anhand von klinischen Kriterien zu unterscheiden ist schwierig. Für einen Infekt mit Bakterien sprechen: hohes Fieber, geschwollene und schmerzhafte Halslymphknoten, Beläge der Tonsillen und – besonders wichtig – die Abwesenheit von Husten und Schnupfen. Treffen drei bis vier dieser Kriterien zu, sind Bakterien relativ wahrscheinlich – wobei eine „hohe” Wahrscheinlichkeit nur bei etwa 50 Prozent liegt.

Und dann gibt man Antibiotika?

Prof. Hummers-Pradier: Eigentlich nur, wenn ein Patient ungewöhnlich schwer erkrankt ist. Auch die meisten bakteriellen Halsentzündungen heilen nach ein paar Tagen von selber aus. Durch Antibiotika wird die Heilungszeit nur geringfügig verkürzt, etwa um einen halben Tag. Die Nebenwirkungen sind dafür oft unangenehm; typisch sind Durchfall und bei Frauen eine Scheidenentzündung. Die Therapie ist also eventuell schlimmer als die Krankheit.

Aber beugt man mit Antibiotika nicht auch Komplikationen wie etwa einem rheumatischen Fieber durch Streptokokken vor?

Prof. Hummers-Pradier: Auch ohne Antibiotika ist diese Komplikation heute in entwickelten Ländern sehr selten. Ich schätze, dass sie viele Hausärzte in ihrem Berufsleben kein einziges Mal sehen. Ein Patient bekommt mit größerer Wahrscheinlichkeit eine schwere allergische Reaktion durch Penicillin als eine Herzklappenentzündung durch ein rheumatisches Fieber.

Was kann man dann überhaupt gegen Halsschmerzen tun?

Prof. Hummers-Pradier: Oft helfen Hausmittel. Zum Beispiel kann man viel Eis essen. Vor allem Kinder finden das toll. Das Eis senkt das Fieber und lindert den Schmerz. Nützlich ist außerdem alles, was die Speichelproduktion anregt und den Hals befeuchtet, zum Beispiel Lutschpastillen. Das müssen nicht einmal die teuren aus der Apotheke sein. Die enthalten oft noch antibiotische Substanzen oder Lokalanästhetika, aber diese Wirkstoffe schaden eher, als dass sie helfen. Klassische Salbeibonbons sind genauso gut. Zusätzlich helfen Medikamente wie Ibuprofen oder Paracetamol gegen Schmerzen und Fieber.

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