pferde spiegel 2009; 12(1): 36-37
DOI: 10.1055/s-0029-1215947
unternehmer tierarzt

Selbstmanagement für Tierärzte

Dorothee Heckhausen
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Publication Date:
31 March 2009 (online)

Typische Belastungen von Tierärzten

Führungskräfte in Tierarztpraxen stehen manchmal in der Gefahr ihre Kräfte vollständig für das Wohl der Praxis ein zu setzen, ohne auf ihr eigenes Befinden und die Erhaltung ihrer persönlichen Kraftreserven zu achten. Sie rechtfertigen diesen höheren Einsatz mit Sachzwängen und dem hohen Verantwortungsdruck. Die Hoffnung, die extreme Arbeitsbelastung wäre nur vorübergehend, erweist sich leider nur allzu oft als Irrtum. Manche Tierärzte merken die Anstrengung kaum noch, weil Ihnen die Arbeit Spaß macht und sie es gewohnt sind, außerordentlich viel zu arbeiten. Diese Selbstausbeutung führt in einigen Fällen langfristig zu Krankheit, Erschöpfungszuständen und Burnout. Aber auch wenn diese gravierenden Folgen nicht eintreten, kann eine permanente Anspannung, die häufig mit Ungeduld oder Reizbarkeit verbunden ist, negative Auswirkungen auf die Praxis haben. Nicht selten leiden auch Familie und Freunde unter der fehlenden Verfügbarkeit oder permanenten Erschöpfung des Tierarztes, was zu zunehmenden Konflikten im Privatleben führen kann. In diesem Fall können die persönlichen Kraftreserven in der Freizeit nicht wieder aufgefüllt werden. Immer wieder stellt sich bei Praxisinhabern ein Gefühl des „Fremd bestimmt seins” ein, da die eigene Person nur noch von äußeren Zwängen und Pflichten dominiert wird. Besonders negativ wirken sich Stress fördernde eigene Überzeugungen auf das persönliche Wohlbefinden aus. Führungskräfte stellen häufig so hohe Arbeitsanforderungen an die eigene Person, dass es ihnen nicht gelingt, diese zu erfüllen. Ein ständiges Unzufriedenheitsgefühl ist die Folge. Dieses Unzufriedenheitsgefühl reduziert die persönliche Lebensfreude und ist in der Mitarbeiterführung dann problematisch, wenn eigene Ansprüche ungefiltert auf die Mitarbeiterinnen übertragen. Realistische Arbeitsansprüche, die zwar anspruchsvoll, aber auch erfüllbar sind müssen entwickelt werden, um ein Gefühl der Zufriedenheit bezüglich der eigenen Arbeitsleistung zu empfinden.

Problematisch ist auch der Anspruch, alles immer 100-prozentig machen zu müssen. Akkurates Arbeiten ist in einer Tierarztpraxis unerlässlich, aber Perfektionismus in allen Arbeitsbereichen und vielleicht auch in den übrigen Lebens bereichen ist unrealistisch und erschöpfend. Die Einstellung, alles, was ansteht, immer sofort erledigen zu müssen, zeugt von einer unzureichenden Prioritätensetzung in der Praxis und führt zu einem Gefühl der Hetze sowie zu extrem langen Arbeitszeiten. Hier sind Prioritätensetzungen und ein Zeitmanagement sinnvoll. Perfektionistischen Führungskräften gelingt es häufig schwer, andere um Unterstützung zu bitten. Der Anspruch an sich selbst, alles alleine bewältigen zu müssen, führt auf Dauer zu einer chronischen Überforderung. Auf der anderen Seite fällt es gerade Ersthelferinnen aus Angst vor Sympathieverlust häufig besonders schwer, nein zu sagen, wenn andere um einen Gefallen bitten. Eine weitere Stress fördernde Einstellung ist, ein schlechtes Gewissen zu empfinden, wenn man etwas für sich selbst tut oder sich entspannt, da man sich eigentlich verpflichtet fühlt, sich um Familie, Arbeit, den Garten etc. zu kümmern. Tierarzt und Ersthelferinnen müssen lernen, sich kleine persönliche Entspannungs- und Regenerationsphasen zu gönnen.

Exkurs

Burnout, das seelische „Ausbrennen”, betrifft Menschen, die sich stark mit ihrer Arbeit identifizieren und sich intensiv engagieren. Burnout darf nicht mit Krisen und vorübergehender Erschöpfung verwechselt werden, sondern ist ein schleichend einsetzender Prozess, der sich über eine lange Zeitdauer immer intensiver manifestiert und langfristig bestehen bleibt. Es gibt drei Ausprägungsmöglichkeiten von Burnout, die emotionale Erschöpfung, die verminderte Leistungsfähigkeit und die Depersonalisation. Bei der emotionalen Erschöpfung ist der betroffenen Führungskraft alles zu viel. Sie hat das Gefühl, den Tag kaum überstehen zu können und empfindet die Tagesanforderungen als sehr anstrengend. Bei der verminderten Leistungsfähigkeit besteht die Überzeugung, nicht mehr so leistungsfähig wie früher zu sein. Unabhängig vom Burnout kann ein solches Empfinden natürlich auch mit zunehmendem Alter auftreten. Menschen, die unter Depersonalisation leiden, erkalten innerlich. Sie interessieren sich nicht mehr für andere Personen und sind nicht mehr in der Lage, mit ihnen emotional mit zu schwingen.

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