Subscribe to RSS
Download PDF
DOI: 10.1055/a-2712-6376
25 Jahre seltene Lungenerkrankungen im Qualitätszirkel Pneumologie Köln-Bonn
Authors
An vielen Universitätskliniken gibt es Zentren für seltene Krankheiten. Es erscheint auf den ersten Blick sinnvoll, eine Spezialisierung für seltene Lungenerkrankung anzustreben und dies an Zentren der Maximalversorgung zu etablieren. Schließlich liegt die Vermutung nahe, die Unikliniken hätten die besten Ressourcen und die Manpower, sich mit seltenen Erkrankungen zu beschäftigen. Es wird nicht bestritten, dass eine Spezialisierung bei seltenen Erkrankungen sinnvoll ist. Es ist jedoch nicht so, dass dieser Sachverstand immer an den Zentren der Maximalversorgung besteht. Deshalb hat der Qualitätszirkel (QZ) der Pneumologen Köln-Bonn bereits seit 25 Jahren eine Liste seltener Erkrankungen, für die sich einzelne niedergelassene Pneumologen interessieren und Sachkenntnis besteht ([ Tab. 1 ]). Natürlich gibt es auch Kollegen aus pneumologischen Abteilungen einiger Krankenhäuser bzw. Lungenkliniken, die sich mit seltenen Lungenkrankheiten beschäftigen. Bedingt durch die Tatsache, dass nur wenige Unikliniken eigene Lehrstühle für Pneumologie haben, besteht oft gar keine Möglichkeit, schwierige, seltene Fälle an Zentren der Maximalversorgung zu überweisen. Niedergelassene haben aber immer mal wieder den Wunsch, seltene oder schwierige Fälle an spezialisierte Kollegen abzugeben. Nun hat es sich durch lange Erfahrung und persönliche Kontakte im QZ ergeben, dass man seine Kollegen besser kennen lernt und dadurch auch die Spezialkenntnisse, die viele Kollegen im Laufe der Jahre erworben haben. Man kann diese Kollegen um Rat fragen oder gegebenenfalls Patienten mit seltenen Erkrankungen überweisen. So entstand unsere Liste der seltenen Erkrankungen.
Wir sind bei dieser Liste recht pragmatisch vorgegangen und haben die Kollegen gebeten, ihre jeweiligen Spezialkenntnisse oder auch hobbymäßige Zuwendung zu seltenen Lungenerkrankungen einfach aufzulisten. Oftmals haben ja Kollegen Spezialkenntnisse aus ihrer Aus- und Weiterbildung, manchmal aber entwickeln sich auch Schwerpunkte durch zufällige Häufungen von Patienten in der Praxis. Die in der Liste aufgeführten Spezialisten sind also alles Spezialisten nach eigenen Angaben, aber dies ist ja bei seltenen Lungenerkrankung immer der Fall. Zu manchen Erkrankungen sind wir alle mehr oder minder Experten als Fachärzte, für manche seltene Erkrankung hat sich auch noch kein Kollege in der Niederlassung gefunden, aber für viele seltene Lungenkrankheiten schon. Wir haben in dieser Liste natürlich auch Spezialisten aus Lungenkliniken aufgeführt, die sich für seltene Lungenerkrankungen spezialisiert haben.
So haben wir z. B. aus dem Kreise, der Niedergelassenen einen Spezialisten für VCD, die Abgrenzung von Asthma zu Vocal-Cord-Dysfunktion, der lange in Berchtesgaden und Davos Patienten mit dieser Erkrankung behandelt hat. Wir haben einen Kollegen, der lange in der Uni Patienten mit pulmonaler Hypertonie betreut hat und jetzt als niedergelassener Pneumologe und Kardiologe arbeitet. Und ein weiterer Kollege beschäftigt sich mit Mastozytose, weil er über die Betreuung einer Patientin, die Vorsitzende der Selbsthilfegruppe ist, in die wissenschaftliche Arbeit zu dieser Erkrankung eingebunden wurde. Es sind also manchmal Zufälle, wie es zu Spezialkenntnissen in der Niederlassung kommt. Aber es ist durchaus so, dass im niedergelassenen Bereich sehr wohl Expertise für seltene Erkrankungen vorliegt.
Der QZ ist eine Institution der Kassenärztlichen Vereinigung und steht daher, als Untergliederung einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, unter besonderem Schutz. Seine Protokolle und Vereinbarungen sind also rechtlich als eine Art Peer-Review juristisch bedeutsam. Er ist also nicht nur ein Stammtisch mit Ventil zum Druckablassen, um danach zum stressigen Job zurückzukehren. Er ist ein therapeutischer Diskurs, der die Praxiserfahrung in einen emotionalen und gleichzeitig rationalen Schauplatz verwandelt. So kommt es zur Umstellung des Diskurses durch Vermittlung von Wissen in angenehmer Atmosphäre und zur Änderung des Arztverhaltens durch unterschwellige Disziplinierung. Der QZ dient nicht nur der Entlastung von Ängsten und Demütigungen im Arztalltag als Kassenarzt. Er führt zu Sicherheit durch Austausch mit erfahrenen Kolleginnen und Kollegen und zu Widerstand gegen praxisuntaugliche akademische Leitlinien oder ökonomisch motivierte Arzneimittelempfehlungen der Kassen. Er dient aber auch der Vernetzung mit spezialisierten Zentren und der Zuweisung/Überweisung von Patienten mit seltenen Erkrankungen, die in Studien Aufnahme finden können. ILD-Boards oder TBC-Boards können direkte oder indirekte Folgen der QZ-Arbeit sein. Auch kann die Entwicklung gemeinsamer Standards für Diagnostik und Therapie seltener Erkrankungen entstehen. Am Ende profitieren die Patienten von einer wohnortnahen, personalisierten Betreuung, kombiniert mit dem fachlichen Rückhalt eines hochspezialisierten Netzwerks.
Die strukturierten Qualitätszirkel der niedergelassenen Pneumologen sind ein entscheidendes Instrument, um die Versorgung seltener Lungenerkrankungen zu verbessern. Durch gezielte Fallbesprechungen, regelmäßigen wissenschaftlichen Input und die Vernetzung mit spezialisierten Experten in Niederlassung und Klinik wird sowohl die Diagnostik als auch die Therapie deutlich optimiert. Die Ergänzung durch epidemiologische Register und Studien stärkt diesen Ansatz zusätzlich – zugunsten einer evidenzbasierten und wohnortnahen Versorgung.
Es wäre schön, wenn die akademische Pneumologie den Dialog, z. B. im QZ, mit den niedergelassenen Pneumologen suchen und pflegen würde, zum Wohle der Patienten und des Erfahrungsaustausches unter Experten innerhalb und außerhalb der Kliniken.
Publication History
Article published online:
10 December 2025
© 2025. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag KG
Oswald-Hesse-Straße 50, 70469 Stuttgart, Germany