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DOI: 10.1055/a-2476-6747
Sportsfreunde


Irgendwo auf dieser Welt, in einem internationalen Hotel. Wir hatten eine Reservierung für das japanische Restaurant: offene „Event-Gastronomie“ – kunstfertiges Werfen von Küchenutensilien und Einsatz von Feuer inklusive. Wir saßen quasi in U-Form um den Jongleur am Herd herumgruppiert: eine offenbar gerade angekommene vierköpfige Familie, die in sehr britischem Englisch miteinander sprach, beide Eltern und zwei Söhne, sowie mein Mann und ich.
Nachdem die Show vorbei war und wir beeindruckt den Hauptgang gegessen hatten, wurden wir gefragt, woher wir kommen. Deutschland – Wo denn da? Leipzig – Ah, der Fußballclub, wo sich jetzt auch Jürgen Klopp engagiert? Die Männer und der jüngste Sohn waren gleich beim Pokalspiel, das unterdessen lief und in dem es für Leipzig nicht gut aussah. Schnell wandte sich das Gespräch dem FC Liverpool zu. Irgendwann ging es dann um Golfplätze und die Profiambitionen des ältesten Sohnes, bis wir beim Rugby ankamen. Ich fühlte mich erinnert an eine Situation am Gambia River, viele Jahre zuvor, als der kleine Staat, der ein Komma rund um den Fluss inmitten des Senegals bildet, vergleichsweise gut zu bereisen war. Wir trafen ebenfalls auf Briten, in diesem Fall einen Ornithologen mit seiner Frau. In einem Camp am Flussufer, das für seine exzellenten vogelkundlichen Exkursionen bekannt war, witzelten wir über Afrika, die Europäer, das unterschiedliche Zeitgefühl… Und irgendwann ging es worum? American Football! Die Ehefrau des Ornithologen und mein Mann hatten ein Thema gefunden, das sich den anderen beiden in der Runde nicht wirklich erschloss, sie allerdings in einen angeregten Austausch miteinander brachte.
Wie damals stellte sich auch jetzt eine Nähe ein, die mit anderen Themen in dieser Zeit nur schwer herzustellen ist. So erreichten wir in der Folge auch die wirklich wichtigen Fragen: wo sich am Pool die besten Sonnenplätze befinden und wo ein gutes Steak zu haben ist. Wenig später hatten sich die Söhne verzogen, die Eltern saßen bei einem Glas Wein in der Lobby-Bar und spielten Karten. Wir hatten an einem wenig entfernten Tisch gesessen und wollten den Abend beschließen. Zuvor noch versuchte ich, dem Kellner zu erläutern, dass er mir zwei Getränke zu wenig berechnet hatte. Ich war letztlich nicht erfolgreich und gab mit einem freundlich-resignierten Lächeln auf. Von unserem Liverpooler Sportsfreund, der die Szene offenbar verfolgt hatte, hörte ich ein lachendes „You tried hard, but …“ Sie haben sich sehr bemüht, aber …“ Wir lachten zurück, wünschten uns eine gute Nacht und irgendwann eine sichere Reise zurück nach Hause, in unseren vermutlich sehr unterschiedlichen Alltag.
Bettina Wilms, Querfurt
Publikationsverlauf
Artikel online veröffentlicht:
24. November 2025
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