Rofo 2023; 195(06): 476-477
DOI: 10.1055/a-2038-2837
Brennpunkt

Kommentar zu HERZ THORAX – Parametrische Kardio-MRT bewährt sich in Real-World-Szenario

Tilman Emrich
1   Klinik und Poliklinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Mainz, Germany
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Die kardiale MRT (cardiac magnetic resonance, CMR) besitzt einen hohen Stellenwert in der Diagnostik von Kardiomyopathien, da die CMR als Referenzstandard für die Bestimmung von Herzvolumen und -funktion gilt, und zusätzlich die Gewebecharakterisierung des Herzmuskels erlaubt. Damit ermöglicht die CMR die nichtinvasive Analyse eines weiten Spektrums an akuten und chronischen Herzmuskelerkrankungen [1].

Die „klassische“ CMR beruht (wie eine Vielzahl von MRT-Untersuchungen) auf der qualitativen Beurteilung von Geweben mit unterschiedlichem Signalverhalten. Somit ist es möglich, krankes von gesundem Gewebe zu unterscheiden. Ein einfaches Beispiel hierfür ist eine umschriebene Infarktnarbe, da sie einen deutlichen Kontrast zum normalen Herzmuskel aufweist – das Radiolog*innenleben kann so schön in schwarz und weiß sein… Ungleich schwieriger ist jedoch die Beurteilung von diffusen oder nur sehr fein ausgeprägten Veränderungen, wie z.B. bei entzündlichen oder fibrosierenden Veränderungen des Herzmuskels – auf einmal ist das Radiolog*innenleben mehr von vielen Grautönen geprägt, deren spärliche Kontraste und die Notwendigkeit von gesundem „Referenzgewebe“ diagnostische Aussagen erschweren oder gar unmöglich machen.

Aus diesem Grund haben Sequenzentwicklungen der letzten anderthalb Jahrzehnte parametrische Mapping-Verfahren etabliert, die eine pixelweise Quantifizierung der T1- und T2-Relaxation in „bunten“ Bildern erlauben. Das „bunte“ parametrische Mapping erlaubt also nicht nur einen Eindruck, sondern ergibt einen quantitativen Parameter. Eine Vielzahl von klinischen Studien haben diese Techniken validiert und eindeutige Vorteile für die Diagnostik und Prognostizierung von Herzmuskelerkrankungen herausgearbeitet [2].

Trotz all der geleisteten Vorarbeiten besteht gegenwärtig jedoch eine noch recht spärliche Studienlage, welche Auswirkungen die Implementation von Mapping-Sequenzen in einem „Real-World“-Szenario bzw. im klinischen Alltag haben. Diese Frage adressieren Warnika und Kolleg*innen in ihrer kürzlich publizierten Studie „Clinical Impact of Cardiac MRI T1 and T2 Parametric Mapping in Patients with Suspected Cardiomyopathy“ [3].

Mein Fazit zu dieser Studie ist recht einfach: „Bunt“ ist immer besser. Der Einsatz von T1- und T2-Mapping als Zusatz zu konventionellen CMR-Protokollen bringt ausschließlich Vorteile: Es besteht eine verbesserte diagnostische Genauigkeit, eine höhere Sicherheit der Diagnosen und ein niedriger Bedarf an zusätzlichen medizinischen Tests. Dies ist besonders für Erkrankungen deutlich, die häufig durch diffuse Herzmuskelveränderungen imponieren, wie z.B. der Myokarditis, M. Fabry oder der Amyloidose. Im Umkehrschluss sind aber auch unauffällige Ergebnisse der parametrischen Mapping-Sequenzen mit einer hohen diagnostischen Sicherheit für den Ausschluss einer Herzmuskelerkrankung verbunden. Dieses Triplett aus verbesserter Diagnostik, höherer Konfidenz zum Ein- und Ausschluss und möglichen Einsparungen von prinzipiell unnötigen medizinischen Tests ist darüber hinaus verbunden mit einem quantitativen Output, der sich auch für zukünftige Implementation wie z.B. der künstlichen Intelligenz oder automatisierten Auswertungen gut eignet. „Bunte“ quantitative Bilder sind nicht nur für die Forschung und Studien, sondern auch im klinischen Alltag ein Gewinn. Für mich sind deshalb Mapping-Sequenzen aus einem effizienten CMR-Protokoll für die Beurteilung von Herzmuskelerkrankungen nicht mehr wegzudenken.

Aber Vorsicht bei aller Euphorie – Parametrisches Mapping (so wie eigentlich alle quantitativen Verfahren) benötigt Standardisierung und Referenzwerte. Sie sollten ermöglichen, das ganze Herz und nicht nur einen kleinen Ausschnitt abzudecken – und wer Mapping klinisch betreibt weiß um die Crux der scannerspezifischen Referenzwerte, fehlender Standardisierung durch multiple Sequenzvarianten und die Zeit, die es braucht, das ganze Herz systematisch zu untersuchen [4]. Dies erschwert eine breite Anwendbarkeit und macht Vergleichbarkeit zwischen Zentren fast unmöglich. Zusätzlich sind, vor allem bei chronisch-inflammatorischen Herzmuskelveränderungen, auch der diagnostischen Aussagekraft von Mapping-Techniken Grenzen gesetzt [5]. Also: Es bleibt noch viel zu tun – aber der Einsatz von T1- und T2-Mapping-Sequenzen lohnt sich bereits jetzt!



Publication History

Article published online:
24 May 2023

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