PiD - Psychotherapie im Dialog 2023; 24(01): 103-104
DOI: 10.1055/a-1817-9157
Resümee

Psychoonkologie

Alexandra Zaby
,
Barbara Stein

Übergänge und Schnittstellen gestalten

Seit unserem letzten Themenheft (2010) gab es große Fortschritte im Bereich der Psychoonkologie – Zeit, diesem Thema erneut Raum zu geben und unsere Leser*innen auf den neusten Stand zu bringen. Wir danken den zahlreichen Autorinnen und Autoren, die uns dabei unterstützt haben!

Die Bedeutung der Thematik wird verstärkt durch die stetige Zunahme der Menschen, die an Krebs erkrankt sind oder waren (sog. „Cancer Survivors“), aufgrund der verbesserten Überlebensraten durch medizinische Fortschritte und der demografischen Entwicklung. Vorangetrieben wurden Veränderungen in Deutschland durch den Nationalen Krebsplan (seit 2008), der ein eigenes Ziel zur angemessenen psychoonkologischen Versorgung beinhaltet.

Unsere beiden Standpunkte Artikel (Zimmermann; Scholl & Wandke) bringen uns up to date und machen deutlich, warum Diskussionen über Bedeutsamkeit, Notwendigkeit oder Begrifflichkeiten der Psychoonkologie der Vergangenheit angehören. Die psychoonkologische Versorgung ist in zertifizierten interdisziplinären onkologischen Zentren und Spitzenzentren immer inbegriffen. Ein Meilenstein der letzten Dekade ist die erstmalige Veröffentlichung der AWMF S3-Leitlinie zur Psychoonkologie.

Neben dem Vorantreiben der positiven Veränderungen hilft die intensive Versorgungsforschung, Hinweise zu liefern, wo Schwierigkeiten und weiterer Entwicklungsbedarf besteht. Es zieht sich wie ein roter Faden durch unser Heft, dass der Übergang zwischen der Versorgung in den Zentren und der ambulanten Behandlung nicht immer gut gelingt. Patient*innen finden oft nur schwer ambulante Psychotherapieplätze, die Wartezeiten sind sehr lang. Noch schwerer, Unterstützung zu finden, ist es grundsätzlich im ländlichen Raum, für Menschen mit Migrationshintergrund und sprachlichen Barrieren oder wenn Fachpersonen mit psychoonkologischer Zusatzqualifikation gesucht werden. Um diese Lücke zu schließen, sind online-basierte Ansätze der E-Mental-Health von großer Bedeutung (z. B. „Make it“, Graf et al.). Scholl et al. weisen aber auch auf einen weiteren Meilenstein der Verbesserung der Versorgung hin: Seit 2020 ist die Finanzierung der psychosozialen Krebsberatungsstellen zu 80 % über die Krankenkassen gesichert.

In unserer psychotherapeutischen und beratenden psychologischen Tätigkeit ist ein Überblick über die interdisziplinäre Arbeit wichtig. Wir bekommen von Augustin einen Überblick über die verschiedenen medizinischen Behandlungsansätze, mit denen unsere Patient*innen konfrontiert sind. Wie hilfreich und wichtig die sportliche Aktivität für die psychischen und körperlichen Belastungen der Krebspatient*innen ist, fassen Wiskemann und Köppel zusammen. Ganz konkret erhalten wir Hinweise für die Psychoedukation und Motivation unserer Patient*innen, mit Angaben zu Art und Dauer der durchzuführenden sportlichen Übungen. Und wieder taucht das Schnittstellenproblem Forschung/Versorgung auf. Dem begegnet das Heidelberger NCT über ein 2012 gegründetes Netzwerk (netzwerk-onkoaktiv.de).

Ganz konkrete Beiträge zur psychotherapeutischen Arbeit mit onkologischen Patient*innen bilden den Kern des Heftes in Bezug auf einzelne Symptome (Progredienzangst, Fatigue), Zielgruppen (junge Erwachsene, Familie, Partnerschaft) und Therapieschulen und -ansätze (Tiefenpsychologie, Akzeptanz- und Commitment-Therapie [ACT], Imagination/Hypnose, kreative Verfahren). Ein breiter Fundus für Psyhotherapeut*innen!

Aufgrund der schwerwiegenden Auswirkungen und der hohen Inzidenzen finden wir in der Krebsbehandlung in einer außergewöhnlichen Weise das interdisziplinäre und sektorenübergreifende Denken umgesetzt, das für alle Patient*innen und Störungsbereiche wünschenswert wäre. Hiervon kann das gesamte Gesundheitssystem nur profitieren.

Wir hoffen, Sie können für Ihre psychotherapeutische Arbeit mit onkologischen Patient*innen profitierten!

Ihre Herausgeberinnen
Alexandra Zaby
Barbara Stein



Publication History

Article published online:
20 February 2023

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