Pneumologie 2022; 76(05): 314-318
DOI: 10.1055/a-1781-3972
YoungDGP im Dialog

Weiterbildungsbedingungen in der Inneren Medizin und Pneumologie

Stand und Probleme der ärztlichen Aus- und Weiterbildung

Die Qualifizierung von Ärzten:innen erfolgt in Deutschland in einem mehrstufigen Prozess. Am Anfang steht die ärztliche Ausbildung. Nach der Approbation schließt sich die ärztliche Weiterbildung an, die mit dem Erreichen eines Facharztstatus/-titels endet. In der Folge können noch weitere Spezialisierungen (z. B. Facharzt- oder Zusatzbezeichnungen) erworben werden. Es wird dann i. d. R. eine berufliche Endposition eingenommen. Weitere berufsbegleitende Qualifizierungsmaßnahmen werden üblicherweise als Fortbildungen bezeichnet. Über die ärztliche Ausbildung wachen die medizinischen Fakultäten. Die Steuerung der ärztlichen Weiterbildung liegt dagegen in den Händen der Landesärztekammern.

In der ärztlichen Ausbildung hat sich im letzten Jahrzehnt viel getan. Impulse aus dem Ausland haben neue Curricula an den Universitäten angestoßen. Leitbild dieser Modellstudiengänge war die Qualifizierung von Studierenden nach den in Kanada entwickelten sog. CanMEDS (Canadian Medical Education Directions for Specialists)-Kompetenzrollen [1]. Nach diesem Modell sollten Ärzte:innen neben der eigentlichen Fachkompetenz in folgenden sechs Feldern fähig sein: Als Kommunikatoren:innen, Teamplayer:innen, Führungskräfte, Gesundheitsführsprecher:innen für die Patienten, lernende Dozenten:innen und als professionell Handelnde. Als wesentliche Ziele einer neuen Approbationsordnung, die die aktuell gültige von 2002 im Jahr 2025 ablösen soll, wurden eine Kompetenzorientierung der Ausbildung, mehr Praxisnähe, die Stärkung der Allgemeinmedizin und eine praxisnahe Gestaltung von Prüfungen definiert. Der inhaltliche Rahmen wurde mit dem Nationalen Kompetenz-basierten Lernzielkatalog (NKLM; Version 2.0 von 2021) gesteckt. Als Initiative der medizinischen Universitäten wurde der Masterplan Medizinstudium 2020 veröffentlicht, der einige der geplanten Änderungen zur neuen Approbationsordnung (u. a. Finanzierbarkeit, Fokussierung auf die hausärztliche Unterversorgung und Zentralisierung der Ausbildung) kritisierte. Im Rahmen der Neustrukturierung der Ausbildung haben dort viele moderne Lern- und Prüfungsformate Einzug gehalten, die dem aktuellen Stand der didaktischen Forschung entsprechen (z. B. Problem-orientiertes Lernen [POL], Kommunikation Interaktion Teamarbeit [KIT] und Objective Structured Clinical Examinations [OSCE]).

Eine solche didaktische Fundierung fehlt in der ärztlichen Weiterbildung überwiegend. Bei genauerer Betrachtung lässt sie bereits im letzten Abschnitt des Studiums, dem Praktischen Jahr, stark nach. Dies ist der Zeitpunkt, an dem die Studierenden in die Obhut der betreuenden Kliniken wechseln. Die ärztliche Weiterbildung ist ein „Training on the job“. Dies spiegelte sich auch in den Arbeitsverträgen wider, die junge Ärzte:innen vom ersten Tag ihrer Tätigkeit als approbierte Ärzte:innen zu Arbeitnehmern mit allen üblichen Rechten und Pflichten machen. Eine geschützte Zeit für Weiterbildung und Supervision ist nicht vorgesehen. Es wird davon ausgegangen, dass das Studium in solchem Maße zur praktischen ärztlichen Tätigkeit qualifiziert, dass diese unmittelbar mit dem ersten Tag der Weiterbildung selbstständig ausgeübt werden kann. Erschwerend kommt hinzu, dass die ärztliche Weiterbildung nicht gesondert finanziert wird. Die Weiterbildung wird dadurch, wie auch andere nicht lukrative Maßnahmen im aktuell stark nach ökonomischen Kriterien ausgerichteten Gesundheitssystem, marginalisiert. Die ärztliche Weiterbildung erfolgt in den sog. Weiterbildungsstätten, fällt aber in der Verantwortungsbereich der Landesärztekammern, die die individuellen Verläufe von Weiterbildungen bisher wenig im Blick hatten. Nicht selten ist und war der erste relevante Kontakt mit der Kammer die Anmeldung zur Facharztprüfung. Die unterschiedlichen Verantwortlichkeiten für Aus- und Weiterbildung bzw. eine fehlende Abstimmung beider Seiten ist problematisch, da die Entwicklung zu kompetenten und eigenverantwortlich handelnden Ärzten:innen so nicht als zwei Phasen eines einheitlichen Qualifizierungsprozesses begriffen und geplant wird.

Verbesserungen für die Weiterbildung verspricht die neue Musterweiterbildungsordnung, die im November 2018 verabschiedet und zuletzt im Juni 2021 aktualisiert worden ist. Wesentliche Inhalte sind eine Kompetenzbasierung mit Abkehr eines primären Fokus auf zu erreichende Zeiten und Eingriffszahlen, eine Flexibilisierung der Weiterbildung, die u. a. Möglichkeiten zur ambulanten Weiterbildung stärken, sowie eine Digitalisierung, die u. a. eine kontinuierliche elektronische Erfassung der Weiterbildungsinhalte über ein sog. eLogbuch ermöglicht. Die neue Musterweiterbildungsordnung der Bundesärztekammer hat nur empfehlenden Charakter. Eine rechtsverbindliche Umsetzung auf Landesebene erfolgt aktuell über die Landesärztekammern.

Auch die Befragung der Ärzte:innen in Weiterbildung der DGP durch die YoungDGP [2] offenbarte bekannte Probleme: zu wenig Struktur (z. B. durch fehlende Rotationspläne) sowie zu wenig Supervision und Feedback (z. B. durch unregelmäßige/fehlende Gespräche mit Weiterbildungsbefugten). Aber wie kann gute Weiterbildung selbst unter den aktuell schwierigen Bedingungen im Klinikalltag gelingen? Starke Schwankungen der Bewertungen von Weiterbildungsstätten legen nahe, dass durch engagierte Weiterbildungsbefugte viel bewegt werden kann. Es ist daher sinnvoll, Best-Practice-Modelle vorzustellen, die anderen Kliniken als Blaupausen für Verbesserungen ihrer Weiterbildungskonzepte dienen können.

Herr Prof. Rabenstein, die ärztliche Weiterbildung hängt immer auch von den lokalen Begebenheiten ab. Wie sind die internistischen Abteilungen bei Ihnen organisiert? Was ist und war Ihre Motivation etwas zu ändern?

Das Diakonissen-Stiftungs-Krankenhaus Speyer ist ein Krankenhaus der Schwerpunktversorgung mit ca. 550 Betten. Die Innere Medizin versorgt in 185 Betten und mit drei „Team-Chefärzten“ internistische Patienten in den Schwerpunkten Gastroenterologie mit Onkologie und Allgemeine Innere Medizin, Kardiologie mit Chest-Pain-Unit, Heart-Failure-Unit und Stroke Unit sowie Geriatrie mit stationären Betten und einer Tagesklinik. Unterstützt wird die Innere Medizin, deren Patienten zu ca. 80 % als Notfall eingeliefert werden, durch eine Interdisziplinäre Zentrale Notaufnahme mit einem weiteren Chefarzt. Das Besondere ist, dass „internistische Oberarztdienste“ umfassend von allen Schwerpunkt-Oberärzten geleistet werden und dass Weiterbildungsassistenten in einem Rotationssystem in allen Bereichen, also auch in der Notaufnahme und der Intermediate-Care-Station eingesetzt werden. Die nominell 43 Weiterbildungsassistenten verteilen sich derzeit durch Teilzeitmodelle und Erziehungszeiten auf ca. 60 Einzelpersonen.

Praktisch erwähnenswert ist vielleicht, dass auf Wunsch der Assistenten schon vor mehreren Jahren im Wesentlichen zwei Dienstgruppen gebildet wurden: Schichtdienstgruppe (Haus-Nachtdienst, IZA, IMC, ICU) und Tagdienstgruppe (Stations-Tagdienste, Wochenend-Tagdienste). Da alle Dienste, die in anderen Modellen zu Fehlzeiten an Wochentagen führen, von der Schichtdienstgruppe geleistet werden, konnte die Kontinuität der Patientenversorgung und auch der Schwerpunkt-Weiterbildung verbessert werden. Allerdings ist dieses Modell sehr personalintensiv.

Ich leite die Inneren Medizin seit über 15 Jahren zusammen mit meinem kardiologischem Teamarztkollegen; seit 10 Jahren wird das Leitungsteam durch einen geriatrischen Chefarzt ergänzt. Das schnelle Wachstum der Klinik von etwa 5500 auf fast 10 000 stationäre Fälle pro Jahr und die zunehmende Komplexität der Organisation hinterließ bei uns das Gefühl, dass wir unsere jüngeren Mitarbeiter gar nicht richtig kennen und deren Entwicklung eigentlich nicht beurteilen können. Aus dem Bestreben, das zu ändern, entstand ein umfassendes Weiterbildungskonzept, das sich signifikant von klassischen Modellen unterscheidet und von den gerade überarbeiteten Weiterbildungsordnungen unabhängig ist. Die Erstellung und die Fortführung des Konzeptes wurde seitens der Geschäftsführung unterstützt und als unternehmerisches Ziel benannt.

Ideell gesprochen war es unser Ziel, junge Ärzte zu guten, eigenverantwortlich und selbstständig arbeitenden Medizinern mit soliden Grundkenntnissen in allen fachlichen Fragen der Patientenversorgung auszubilden. Das beinhaltet auch die sichere Anwendung von hausinternen klinischen Behandlungspfaden – der Begriff erlaubt mehr Handlungsfreiheit des Einzelnen im Vergleich zu einer verbindlichen SOP – und Kenntnisse in zentralen innerbetrieblichen Abläufen unter Berücksichtigung organisatorischer und wirtschaftlicher Voraussetzungen.

Praktisch gesehen hat sich gezeigt, dass unser Weiterbildungskonzept und das ständige Bemühen, es trotz aller täglichen Widrigkeiten („Corona-Krise“) soweit irgend möglich auch umzusetzen, zu einem mächtigen Instrument bei der Personalakquisition wurde und sehr zur Zufriedenheit unserer Weiterbildungsassistenten beiträgt, die wie anderswo auch flexibel aushelfen müssen, wenn Not am Mann ist und Dienste nicht anders besetzt werden können.

Was sind die Grundsätze des von Ihnen erarbeiteten Weiterbildungskonzeptes?

Unser Weiterbildungskonzept geht weit über die Anforderungen der Weiterbildungsordnung hinaus (Infobox 1). In einem Curriculum unterscheiden wir Kern- und Basisprozesse unserer klinischen Arbeit und integrieren Logbuchinhalte aus der Weiterbildungsordnung. Durch Hinzufügen einer Zeitachse entsteht eine Weiterbildungsmatrix. Die wenigen Kernprozesse werden unter Anleitung erlernt und im Testat geprüft. Basisprozesse und weitere Inhalte werden in Rotationen Abschnitts-bezogen erlernt und es erfolgt eine periodische, Kriterien-basierte Beurteilung nach jeder Rotation und jährlich beim Weiterbildungsbefugten. Die Inanspruchnahme der Weiterbildungsangebote obliegt ebenso der Eigenverantwortung des Assistenten wie die fristgerechte Terminierung aller Gespräche. Die tatsächliche und fristgerechte Ausübung der Eigenverantwortung ist übrigens auch Inhalt der periodischen Bewertung. Schon bei Einstellung wird eine Weiterbildungsverabredung gegengezeichnet, die Inhalte, Kriterien und Eigenverantwortlichkeit bei der Weiterbildung klarstellt.

Infobox 1

Grundsätze unseres Weiterbildungskonzeptes

  • Erstellung eines organisationsbezogenen Curriculums (Kernprozesse und Basisprozesse der Abteilung, Integration von Logbuch-Inhalten der WBO)

  • Erstellung einer Weiterbildungsmatrix (Inhalte/Abschnitte): z. B. Einarbeitung/ Probezeit, Common Trunk Innere Medizin und Allgemeinmedizin, Allgemeine Innere Medizin (Facharzt), Teilgebiete der Inneren Medizin (Facharzt, Zusatzbezeichnung)

  • Angeleitetes Erlernen der Kernprozesse mit Testat-basierter Beurteilung

  • Abschnitts-bezogenes Erlernen der Basisprozesse mit periodischer, Kriterien-basierter Beurteilung und prospektiven Definition von individuellen Zielen (Rückblick, Ausblick, Defizite, Belohnung, Ziele)

  • Weiterbildungsverabredung: Eine strukturierte und Kriterien-geleitete Weiterbildung ist ein Angebot der Weiterbildungsberechtigten. Das Nutzen der Angebote und die Umsetzung des Gelernten in die tägliche Praxis ist die Pflicht des Weiterzubildenden. Um das zu verinnerlichen, gehört die selbstständige und zeitgerechte Terminierung aller Testate und Gespräche zu den Aufgaben des Assistenten (Eigenverantwortlichkeit).

Bei der Kriterien-basierten Beurteilung unterscheiden wir sechs Kernkompetenzen der ärztlichen Tätigkeit (Infobox 2) und erfassen über den gesamten Weiterbildungszeitraum die persönliche Entwicklung des Einzelnen in diesen Kernkompetenzen (Infobox 3). Voraussetzung für Zwischenzeugnisse („Common-Trunk“) und für das „Facharztzeugnis“ ist, dass in allen Kernkompetenzen ein bestimmtes Kompetenzniveau erreicht wird, das wir Facharztreife nennen. Viele unserer Weiterbildungsassistenten erreichen dieses Kompetenzniveau schon nach dem dritten Jahr, auch wenn einzelne Fertigkeiten noch ausstehen (z. B. Intensiv-Rotation, Untersuchungszahlen).

Infobox 2

Kernkompentenzen nach ACGME (Accredidation Council for Graduate Medical Education [3])

  • Patientenversorgung

  • Medizinisches Wissen

  • Kommunikations- und Beziehungsfähigkeit

  • Praxisorientiertes Lernen und Entwickeln

  • Ärztliche Professionalität

  • Systembasiertes und organisationsbezogenes Handeln

Infobox 3

Bewertungskriterien bei strukturierten Weiterbildungsgesprächen

  1. Kompetenz nicht genügend, Assistent kann diese Kompetenz nicht eigenständig umsetzen

  2. Kompetenz genügend entwickelt auf der Ebene der Dienstreife, eine Verbesserung ist jedoch notwendig, regelmäßige Supervision erforderlich (Dienstreife)

  3. Kompetenz durchschnittlich entwickelt, Weiterentwicklung der Kompetenz erwünscht und sinnvoll, kann diese Kompetenz noch nicht überwiegend selbstverantwortlich ausüben, weitmaschige Supervision möglich

  4. Sehr gut entwickelte Kompetenz, kann diese Kompetenz selbstständig und ohne weitere Anleitung selbstständig ausüben, nur gelegentliche Korrektur erforderlich (Facharztreife)

  5. Exzellente, hervorragend entwickelte Kompetenz, selbstständiges und korrektes Anwenden der Kompetenz in fast allen Fällen, könnte diese Kompetenz sachrichtig weitervermitteln, kein Korrekturbedarf (Oberarztreife)

In der Patientenversorgung werden kritische Fähigkeiten, bei denen wir eine korrekte Durchführung in allen Fällen erwarten, erklärt, angewendet und im Testat geprüft (Kernprozesse, z. B. Patienteninformation und Aufklärung, Dienstfähigkeit). Dabei nehmen wir uns auch heraus, zusätzlich die korrekte Umsetzung elementarer, krankenhausspezifischer Prozesse zu einer wesentlichen Fähigkeit zu ernennen und einzufordern (z. B. QS-Dokumentation).

Die korrekte und selbstständige Anwendung der klinischen Behandlungspfade und viele weitere ärztliche Fähigkeiten werden in Reflexionsgesprächen am Ende jeder Rotation mit dem Oberarzt und im jährlichen Weiterbildungsgespräch beim Chefarzt besprochen, bewertet und protokolliert. Wir nennen das Abschnitts-bezogenes Erlernen der Basisprozesse mit periodischer, strukturierter, Kriterien-basierter Beurteilung.

Wie ist die konkrete Struktur des Konzeptes? Was unterscheidet Ihr Konzept von der herkömmlichen Weiterbildung?

Ich würde sagen, dass es sich dabei eigentlich um ein Prozessmanagement-System handelt. Inhalte und quantitative Vorgaben der Weiterbildungsordnung müssen natürlich integriert und fortgeschrieben werden. Wir ergänzen diese Inhalte auch um spezifische Fähigkeiten, Fertigkeiten und Prozesse, die uns in unserem Krankenhaus besonders wichtig sind.

Die Probezeit ist die maximale Einarbeitungszeit, die mit einem Testat über die allgemeine Dienstreife endet. Eine Übersicht über die Inhalte, die während der Einarbeitung vermittelt werden sollen, gibt [Tab. 1]. Als erfahrender Krankenhausarzt vergisst man leicht, wie viele Dinge wir in unserem Beruf nebenbei erlernt haben und täglich umsetzen müssen. In der heutigen, sehr arbeitsteiligen ärztlichen Tätigkeit in einer 24/7-Versorgung ist es auch eine Herausforderung, alle Mitarbeiter periodisch über Änderungen und Neuerungen zu unterrichten. Hierfür haben wir im Intranet einen Tauschordner, der eigenverantwortlich regelmäßig gesichtet werden muss und in dem alle neuen Inhalte abgelegt werden. In Abständen von ein, zwei oder drei Jahren tauchen diese Inhalte auch in den wöchentlichen Fortbildungen, die übrigens alle über die Landesärztekammer zertifiziert sind, immer wieder auf.

Tab. 1

Weiterbildungsinhalte in der Einarbeitungszeit. Weiterbildungsziele: Ich weiß, was ich kann. Ich weiß, was ich nicht kann. Ich weiß, wen ich fragen muss und wie ich ihn erreiche.

Abschnitt

Zeitraum

Inhalte

Teil 1

4 Wochen Einarbeitung auf 2–3 Stationen mit Tutor

Kennenlernen, Abläufe, Visite, Kurvenführung, Röntgen-Demo und Morgenbesprechung, Patienteninformation und Aufklärung (ggf. Patientenbegleitung), Testat, Zentrales Belegungsmanagement, Sozialdienst, Case-Management, Diabetes-Team, Apotheke, Entlassungs-Management, Leichenschau, Therapeuten, Tumorboard, interne Fortbildung etc.), Technische Hilfsmittel (Medico, Labor, elektronische Briefschreibung, Anmeldung von Untersuchungen, Eingang von Befunden etc.), ärztlicher Tausch-Ordner im Intranet, Terminierung ALS-Training, Terminierung Strahlenschutzkurs, Terminierung Testate und Vorstellungsrunde in Hauptabteilungen des Krankenhauses

Teil 2

2–4 Monate Einarbeitung in Interdisziplinärer Zentraler Aufnahme (IZA) inklusive 27 SOPs für internistische Notfallsituationen

Teaching/Einweisung in 27 SOP für internistische Notfallsituationen [4], Selbststudium SOP + Übung/Praxis unter Aufsicht, Praxis am Patienten unter Beobachtung (Testat, Checkliste), alle Geräteeinweisungen, ER-Path (IZA-Informationssystem mit Briefschreibung), Schockraum-Management, Chest-Pain-Management, Stroke-Management, Antibiotic-Stewardship-Management, alle Kommunikationsformen mit speziellen Diensten: Teleradiologie, Teleneurologie, externe Konsiliardienste, Hintergrund-Dienste der IM mit Fallvorstellung, Konsile mit anderen Fachabteilungen und externen Partnern (Herzchirurgie, Neurochirurgie, Unfallchirurgie, Verlegungsoptionen)

In den ersten 4 Wochen geht es darum, mit erfahreneren Tutoren Basisprozesse kennenzulernen und diese exemplarisch an wenigen unter Supervision betreuten Patienten anzuwenden. Das Testat Patienteninformation und Aufklärung ist ebenfalls in dieser Phase vorgesehen.

In den nächsten 2–4 Monaten folgt nach dem Prinzip „erklärt, angeleitet, angewendet und geprüft“ eine umfassende Einarbeitung in der IZA in allen in [Tab. 1] dargestellten Inhalten und in 27 selbst erarbeiteten klinischen Behandlungspfaden internistischer Notfallsituationen. Das Testat „Dienstfähigkeit“ beinhaltet die erfolgreiche Einarbeitung in der IZA und auf Station inklusive Kurvenführung, Arztbriefschreibung und Qualitätsdokumentation. Spätestens innerhalb von 6 Monaten muss dieser Abschnitt erfolgreich bewältigt sein. Der Assistent kann das Testat aber auch früher terminieren. Danach folgen Rotationen in alle Versorgungsbereiche.

Das klingt nach sehr viel Arbeit und Zeitaufwand. Wie würden Sie diesen einschätzen?

Der wesentliche Aufwand war es, sich mit dem Thema intensiv und langfristig zu beschäftigen und das, was an Ideen und Idealen im Kopf war, in sinnvolle Prozesse und Strukturen umzusetzen. Dafür war der „Train-The-Trainer“-Kurs sehr hilfreich. Man lernt, dass man das Rad nicht selbst erfinden muss. Es wäre schön, wenn Landesärztekammern so etwas für Antragsteller auf Weiterbildungsbefugnis (Neuanträge und Fortführungsanträge) anbieten würden. In [Tab. 2] habe ich meinen tatsächlichen Zeitaufwand dargestellt, der im Vergleich zur aufwändigen Entwicklungsarbeit angemessen und machbar erscheint.

Tab. 2

Kalkulierter Zeitaufwand für den Weiterbildungsberechtigten pro Assistent.

Zeitpunkt

Zeitaufwand

Inhalte

Woche 1

1 Stunde

Erstgespräch inklusive Weiterbildungsverabredung

Ca. Monat 1

30 Minuten

Testat Patienteninformation und Aufklärung

Ca. Monat 5

1 Stunde

Testat Abschluss der Einarbeitung und Dienstfähigkeit

Monat 12 ff.

30 Minuten

Jährliches Weiterbildungsgespräch

Alle 6 Monate

30 Minuten

Rotationsgespräch mit Oberarzt oder Chefarzt

Die neue Weiterbildungsordnung ist seit 2022 auch in Rheinland-Pfalz in Kraft getreten. Werden Sie Ihr Weiterbildungskonzept anpassen (müssen)?

Wir definieren den Weiterbildungsprozess. Die Weiterbildungsinhalte können variabel gestaltet werden und müssen natürlich an neue Weiterbildungsordnungen angepasst werden.

Wenn Sie auf das Erreichte zurückschauen: Was hat die Implementierung Ihres Konzeptes behindert, was hat bei der Umsetzung geholfen? Haben Sie Tipps für Kollegen:innen, die ähnliche Initiativen planen?

Eine Ausbildergruppe des Bund Deutscher Internisten (BDI) und Bund Deutscher Chirurgen (BDC) unter Federführung von Prof. Siebolds aus Köln bot damals einen 2-jährigen Kursus unter professioneller Anleitung und Supervision an, in dem interessierten Ärzten mit Weiterbildungsbefugnis theoretische und praktische Fertigkeiten vermittelt wurden, die eine Weiterbildung von weiterzubildenden Assistenzärzten zu „guten Ärzten“ sicherstellen sollen (Beschreibung des Konzeptes in [5]). Parallel zum „Train The Trainer“-Kurs waren es insgesamt 5 Jahre „learning by doing“, in denen ich von guten und interessierten Assistenten, die in den Weiterbildungsgesprächen auch meine Versuchskaninchen waren, selbst viel gelernt habe. Danach stand das Konzept in wesentlichen Teilen [6]. Unterstützung hatte ich auch von vielen Oberärzten und den Chefarztkollegen. Am Ende war entscheidend, dass die Geschäftsführung den Nutzen erkannt hat. Die letzte Überarbeitung war sogar ein Teil der Zielvereinbarung.

Wie können Ihrer Ansicht nach medizinische Fachgesellschaften bei der Planung und Umsetzung solcher Initiativen unterstützen?

Als Chefärzte oder leitende Ärzte im Krankenhaus sind wir permanent einem enormen Druck ausgesetzt. Wir werden aufgerieben zwischen eigenen Ansprüchen, Geschäftsführung, MDK, Wirtschaftlichkeit, Fachlichkeit, Engpässen und Personalsorgen. Oft müssen wir Dinge verantworten, auf die wir gar keinen Einfluss haben. Nur die wenigsten schaffen es, Zeit für eine Selbstreflexion zu finden.

Ich denke die Fachgesellschaften könnten vor Ort helfen, indem sie nicht nur abstrakte fachliche Leitlinien und Empfehlungen abgeben, sondern auch konkrete, praktisch relevante Dinge einfordern – auch gegenüber Krankenhausträgern und Kostenträgern. Die Einhaltung von Leitlinien und Standards sollte von den Kostenträgern und dem MDK belohnt und nicht bestraft werden. Da sehe ich ein neues Aufgabenfeld für Fachgesellschaften, wenn es sein muss auch über Lobbyarbeit und politischen Druck.

Fachgesellschaften können aber auch besondere Aktivitäten positiv hervorheben, z. B. über Zertifikate und Gütesiegel. Während einige private Krankenhausketten darüber nachdenken, nur noch Fachärzte einzustellen und die Weiterbildung aufzugeben, könnten z. B. DGIM oder DGP doch Weiterbildungskrankenhäuser mit einem Gütesiegel belohnen.

Noch wichtiger wäre es, eine Weiterbildungspflicht zu fordern und den Aufwand einer berufsbegleitenden Weiterbildung bei der Vergütung von medizinischen Leistungen zu berücksichtigen (Verankerung im DRG-System oder bei der landesspezifischen Krankenhausfinanzierung). Sonst stehen wir in naher Zukunft ohne Fachärzte da.

Herr Prof. Rabenstein, ich danke Ihnen sehr für das Gespräch!

Die Fragen stellte Dr. med. M. Raspe, Berlin.


Zur Person
Prof. Dr. med. T. Rabenstein ist Chefarzt für Innere Medizin und Gastroenterologie am Diakonissen-Stiftungs-Krankenhaus Speyer sowie Leiter des Onkologischen Zentrums Speyer.



Publication History

Article published online:
06 May 2022

© 2022. Thieme. All rights reserved.

Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany