retten! 2022; 11(03): 170-173
DOI: 10.1055/a-1579-5811
Kommunikation & Management

Mehr als nur verschiedene Sprachen – Interkulturelles Notfallmanagement

Tim Peters
1   AG Allgemein- und Familienmedizin, Universität Bielefeld, Medizinische Fakultät OWL, Bielefeld, Germany
,
Michael Langner
› Author Affiliations

Fremde Sprache, andere Gewohnheiten – kulturelle Diversität kann Notfallsituationen noch einmal komplexer machen. Doch auch solche Schwierigkeiten lassen sich meistern. Hier lesen Sie, wie Sie in Einsätzen kulturell kompetent handeln.

Kernaussagen
  • Interkulturelles Notfallmanagement ist ethisch geboten und umfasst kommunikative wie kulturelle Herausforderungen.

  • Akzeptieren Sie die Anwesenheit der Familie und nutzen Sie sie als Ressource für Informationen und die Begleitung des Patienten/der Patientin.

  • Beziehen Sie relevante Personen aus dem Umfeld mit ein und delegieren Sie gewisse Aufgaben. Dadurch teilen Sie die Verantwortung und werden selbst entlastet.

  • Das Erleben und Äußern von Schmerzen ist kulturell geprägt und kann von der erwarteten Norm abweichen. Schieben Sie Vorurteile und Abwertungen beiseite und nutzen Sie Schmerzskalen. Sprechen Sie Widersprüche oder Irritationen an, um möglichst objektive Einschätzungen zu generieren.

  • Vermeiden Sie bei sprachlichen Hürden eine zu einfache, direkte und laute Ansprache (Xenolekt), die missverständlich und diskriminierend sein kann.

  • Vergewissern Sie sich, dass die Beteiligten alles verstanden haben – am besten, indem Sie offene Fragen stellen.

  • Dolmetschen ist häufig unumgänglich, kann aber Probleme mit sich bringen. Nutzen Sie Reflexionskategorien, um zu eruieren, ob Dolmetschen in der Situation vertretbar ist oder nicht.



Publication History

Article published online:
04 July 2022

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