PSYCH up2date 2022; 16(05): 381-397
DOI: 10.1055/a-1505-7708
Abhängigkeitserkrankungen

Amphetamine und Crystal Meth: Epidemiologie, Symptomatik und Therapie konsumassoziierter Störungen

Boris B. Quednow
1   Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik, Experimentelle und Klinische Pharmakopsychologie, Psychiatrische Universitätsklinik Zürich, Zürich, Schweiz
,
Kenneth Dürsteler
› Author Affiliations

Amphetaminkonsumstörungen, insbesondere im Zusammenhang mit dem substituierten Amphetaminderivat Methamphetamin („Crystal Meth“), treten im deutschsprachigen Raum zunehmend häufiger auf. Dieser Beitrag liefert eine aktuelle Übersicht zur Phänomenologie sowie zur Behandlung von Amphetaminkonsumstörungen. Darüber hinaus werden die Pharmakokinetik und -dynamik von Amphetamin und Methamphetamin detailliert besprochen.

Kernaussagen
  • Amphetamine sind starke Psychostimulanzien, die akut zu erhöhter Aufmerksamkeit, Wachsamkeit, Antrieb, Selbstvertrauen und Euphorie führen können.

  • Bei nachlassender Wirkung, insbesondere nach hohen Dosen, kann es zu einem sog. Crash kommen, der durch Müdigkeit, Antrieblosigkeit, depressive Symptome und Ängste gekennzeichnet ist.

  • In den letzten Jahren nahm der Konsum von Amphetaminen deutschland- und europaweit zu, wobei es regionale Schwerpunkte gibt, z.B. in skandinavischen und osteuropäischen Ländern bzw. deren Grenzregionen.

  • Einen zunehmenden Trend weisen auch die suchtmedizinischen Behandlungsaufnahmen aufgrund von Amphetaminkonsumstörungen auf, wobei auch hier starke regionale Unterschiede auftreten.

  • Das Abhängigkeitspotenzial der verschiedenen Amphetamine ist unterschiedlich und variiert stark mit der Einnahmeart.

  • Amphetamine sind sog. Monoamine Releaser und ihre Fähigkeit, primär Dopamin, Noradrenalin oder Serotonin auszuschütten, hängt vom jeweiligen Derivat ab.

  • Ein chronischer Amphetaminkonsum hat neben der Abhängigkeitsentwicklung auch kognitive, neurologische und kardiovaskuläre Folgen, deren Reversibilität weitgehend unklar ist.

  • Besonders Methamphetamin scheint selektiv neurotoxisch für das dopaminerge System zu sein.

  • Bei der akuten Intoxikation aber auch im chronischen Verlauf kann eine amphetamininduzierte Psychose entstehen, die zunächst nicht einfach von einer paranoid-halluzinatorischen Schizophrenie zu unterscheiden ist.

  • Das Amphetaminentzugssyndrom ist durch verschiedene Phasen gekennzeichnet. In allen Phasen können affektive Symptome, Aggression, Craving und Antriebsschwäche auftreten.

  • Bisher gibt es keine zugelassene psychopharmakologische Behandlung, so dass psychotherapeutische Ansätze wie das Motivational Interviewing, Kontingenzmanagement und kognitiv-behaviorale Verhaltenstherapie im Vordergrund stehen.



Publication History

Article published online:
09 September 2022

© 2022. Thieme. All rights reserved.

Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany