Flugmedizin · Tropenmedizin · Reisemedizin - FTR 2020; 27(06): 261
DOI: 10.1055/a-1247-2556
Magazin

Empfehlenswert für alle, die sich für Klettersport interessieren

Klettermedizin auf hohem Niveau
Markus Tannheimer
1   Ulm
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Schöffl V, Schöffl I, Hochholzer T, Lutter C (Hrsg.). Klettermedizin. Berlin Heidelberg: Springer; 2020. ISBN 978-3-662-61089-3

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Das Fachbuch Klettermedizin widmet sich der Sportart Klettern, die sich einer immer größeren Beliebtheit erfreut. Es handelt sich um das erste Fachbuch dieser Disziplin, das sich als kompaktes Lehr- und Nachschlagewerk eignet, ebenso aber auch für Beratende und Betreuer, in Prävention, Diagnostik und Therapie. Es gibt viele Bücher zum Klettern, Ausrüstung und einzelner Disziplinen, jedoch keines zum Thema Klettermedizin.

Das Werk ist klar gegliedert. Nachdem in der Einführung zunächst auf Geschichte, Grundlagen und Ausrüstung sowie auf die einzelnen Disziplinen eingegangen wird, behandelt der Hauptteil des Buches die Schwerpunkte obere Extremität, untere Extremität sowie Merkmale und Besonderheiten im Klettersport. Im Kapitel für die obere Extremität – Finger, Hände, Schultern, Ellenbogen und Unterarm – wird detailliert auf Anatomie, Belastungen, Verletzungen, konkrete Diagnosestellung und Behandlungswege eingegangen, wobei die vielen Fotos, bildgebenden Diagnostikbeispiele und erläuternde Zeichnungen ein herausragendes Merkmal darstellen. Bei der unteren Extremität sind dies vor allem die Hüft- und Knieverletzungen, Fußverletzungen und Überlastungsschäden. Auch hier veranschaulichen und erläutern unmissverständlich eine Vielzahl farbiger Abbildungen – Fotos, Befundbilder, Operationssitus, Fotos aktiver Kletterer, nicht nur der Autoren selbst – sowie konkrete Eindrücke von Praxisbeispielen und interessante Fallbeispiele. Im letzten Schwerpunktkapitel „Merkmale und Besonderheiten im Klettersport“ werden die Charakteristik an bei den Langzeitfolgen an Händen und Fingern analysiert und besprochen, aber auch die oftmals ausgeblendeten Themen wie Klettern mit Kindern, chronische Mangelernährung im Klettersport, Klettern bei medizinischen Vorerkrankungen und Klettern in der Schwangerschaft. Zudem wird auf die Besonderheiten in der sportmedizinischen Betreuung von Leistungsklettern und Wettkampfbetreuung eingegangen. Das nachfolgende Unterkapitel widmet sich dem Tapen als prophylaktische und therapeutische Maßnahme mit anschaulichen Fotoanleitungen. Im letzten Kapitel des Ausblicks schließen Volker Schöffl und Christoph Lutter das Werk mit dem Ausblick auf Klettern als olympische Disziplin. Erwähnenswert ist das jedem Kapitel folgende Literaturverzeichnis, das die Aufarbeitung der evidenzbasierten aktuellen internationalen Literatur aufzeigt.

Aus meiner Sicht eine klare Empfehlung für Mediziner und Sportmediziner, Betreuer und Therapeuten, aber auch Kletterbegeisterte und Sportler. Absolut gelungen und empfehlenswert für eine seriöse Beratung, die eine realistische Risikoeinschätzung in der Prävention, Diagnostik und Therapie ermöglicht.

Dr. Dipl.-Ing. Mariam Konner,

Bergisch Gladbach

Klettern ist eine Sportart mit stetig steigender Popularität, für 2020 war die Premiere bei den olympischen Spielen vorgesehen. Trotz der COVID-19-bedingten Verschiebung der olympischen Spiele in Tokio wird zukünftig die Anzahl der kletternden Menschen weiter zunehmen, sowie das Leistungsniveau weiter steigen. Gerade das Sportklettern in Kletterhallen oder Klettergärten erlebt einen großen Zulauf und gilt als sehr sichere Sportart. Dennoch kommt es auch dabei zu schweren, mitunter sogar tödlichen, Unfällen. Diese bereiten in der medizinischen Versorgung eher geringe Probleme, da die Unfallmechanismen meist mit Unfällen anderer Ursache vergleichbar sind. Daher ist dies auch nicht der Fokus des Buches.

Der gewählte Name „Klettermedizin“ macht bereits klar, welche Zielsetzung dieses Fachbuch hat, nämlich die mit dem Klettersport spezifisch verbundenen, medizinischen Aspekte als einen eigenständigen, weil besonderen Bereich der Medizin zu begreifen. Und in der Tat ist das medizinische Fachwissen, welches für die Behandlung von Kletterern erforderlich ist, ein besonderes, welches in der medizinischen Ausbildung nur ungenügend vermittelt wird. Die extrem hohen Belastungen für Finger sowie für Muskeln und Sehnen der oberen Extremität können zu Überlastungsschäden führen, die so aus anderen Sportarten gänzlich unbekannt sind. Aber auch die Füße, in den extrem engen Kletterschuhen, sind besonderen Belastungen ausgesetzt. Weil das Körpergewicht einen entscheidenden Einfluss auf die Kletterperformance hat, spielt die Ernährung eine wichtige Rolle und mögliche krankhafte Essstörungen erfordern die Aufmerksamkeit des behandelnden Arztes. Weitere Kapitel sind das Klettern mit Vorerkrankungen, mit Kindern und Klettern als Hochleistungssport. Hier sind spezielle Punkte in der Prävention zu beachten und es werden Antworten gegeben, die bis in den ethischen Bereich hineinreichen. Natürlich enthält das Buch gut illustrierte, hilfreiche Empfehlungen zur Prävention wie z. B. zum Anlegen von Tapeverbänden.

Die Autoren sind alle selbst Kletterer auf hohem Niveau und das merkt man jedem Kapitel an. Mit außerordentlich fundiertem Wissen werden systematisch und gut verständlich die medizinischen Besonderheiten des Klettersports dargestellt, die wichtigen Aspekte herausgearbeitet und klare Antworten gegeben. Dabei merkt man den Autoren die Begeisterung für diesen faszinierenden Sport an. Dieses Buch ist ein „MUSS“ für alle Mediziner, die Kletterer behandeln. Es ist aber in seiner gut verständlichen Form auch für Nichtärzte und aktive Kletterer geeignet, die sich für die medizinische Seite des Klettersports interessieren.



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Article published online:
02 February 2021

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