PPH 2020; 26(06): 309
DOI: 10.1055/a-1245-9974
Rund um die Psychiatrie

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Jörg Kußmaul

Newby JM, O’Moore K, Tang S et al. Acute mental health responses during the COVID-19 pandemic in Australia. PLoS ONE 2020; 15 (7): e0236562. https://doi.org/10.1371/journal.pone.0236562

Hintergrund: Die COVID-19-Pandemie hat für viele Menschen massiv die Lebensweise, den sozialen Umgang, die Arbeit und Bildung sowie den Zugang zur Gesundheitsversorgung verändert. Dazu gehören staatlich veranlasste Einschränkungen, wie zum Beispiel Reiseverbote, Grenzschließungen und Quarantänemaßnahmen. Forscher nehmen an, dass diese voraussichtlich langfristigen Veränderungen und die damit verbundenen Auswirkungen (zum Beispiel soziale Isolation) sich negativ auf die psychische Gesundheit eines Menschen auswirken können, wenn bereits eine psychische Vorerkrankung besteht.

Diese Studie untersuchte die akuten psychischen Reaktionen auf die COVID-19-Pandemie bei Erwachsenen hinsichtlich Depressionen, Angstzuständen und Stress. Ziel war es, Faktoren zu identifizieren, die während der COVID-19-Pandemie auftraten und dazu führten, dass sich die psychische Gesundheit verschlechterte.

Methode: Von März bis April 2020 wurden über soziale Medien insgesamt 5071 Probanden für die Online-Umfrage (Qualtrics-Umfrageplattform) rekrutiert. Die Umfrage umfasste mehrere valide Selbstbericht-Screening-Instrumente, wie die „21-item Depression Anxiety Stress Scales“. Abgefragt wurden Ängste und Verhaltensweisen als Reaktion auf die COVID-19-Situation sowie die Schwere der psychischen Belastung (Depression, Angst und Stress), Angst um die Gesund und vor Kontamination, Alkoholkonsum und körperliche Aktivität. Die Stichprobe war überwiegend weiblich (86 %). Der Datensatz wurde mit beschreibenden Chi-Quadrat-Tests, unabhängigen T-Tests und linearen Regressionsanalysen untersucht.

Ergebnis: Die Mehrheit der Befragten gab an, dass sich ihre psychische Gesundheit seit dem COVID-19-Ausbruch verschlechtert hat und die Besorgnis bestand, sich anzustecken. Als psychische Belastungsfaktoren wurden häufig Unsicherheit, Einsamkeit und finanzielle Sorgen genannt. Es traten zudem häufiger als erwartet Depressionen, Angstzustände und Stress auf. Notwendige zusätzliche Vorsichtsmaßnahmen, zum Beispiel häufiges Händewaschen, Nutzung von Händedesinfektionsmittel und die Vermeidung von Menschengruppen, waren ebenfalls mit höheren Stress- und Angstzuständen verbunden.

Fazit: Diese Ergebnisse unterstreichen die schwerwiegenden akuten Auswirkungen von COVID-19 auf die psychische Gesundheit von Menschen mit bereits bestehender psychischer Vorerkrankungen. Es besteht ein Bedarf für proaktive und zugängliche digitale psychosoziale Dienste, um diesen Menschen qualifiziert und akut helfen zu können.



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Article published online:
23 November 2020

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