physiopraxis 2020; 18(10): 4-5
DOI: 10.1055/a-1226-9499
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© Georg Thieme Verlag Stuttgart – New York

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Publication Date:
22 October 2020 (online)

Neurophysiologieunterricht mit Morpheus

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„Wie definiert man Wirklichkeit? Was du fühlst, riechst, schmeckst und siehst, sind nichts weiter als elektrische Signale, interpretiert von deinem Verstand.“ Auch wenn das Zitat von einem Film aus 1999 stammt – die Geschichte dazu ist zeitlos. Es geht um den ersten Teil der Matrix-Trilogie. Der Film vermittelt unter anderem Grundlegendes zur Physiologie der menschlichen Wahrnehmung. Die Welt, wie wir sie wahrnehmen, ist ein Konstrukt, das unser Gehirn aus der Vielzahl der eingehenden Informationen und aus unseren Bewertungen dieser Informationen erstellt. Das Gehirn vollbringt dabei eine gigantische Leistung, die im Verborgenen abläuft.

So ist uns zum Beispiel normalerweise nicht klar, dass wir ein sogenanntes Körperschema haben. Es ist die interne Repräsentation unseres Körpers und damit die Grundlage der Bewegungskontrolle. Wir halten unser (implizites) Wissen darüber, dass wir einen Körper haben und wie wir ihn bewegen können, für das Normalste der Welt. Dass das Körperschema sowie unser Bild von der Umwelt lediglich Konstruktionen unseres Gehirns sind, das können wir bei Menschen sehen, die eine Störung des Körperschemas haben wie ein Neglect oder eine Pusher-Symptomatik. Beides entsteht bei bestimmten Formen der Hirnläsion. Ein Mensch mit Neclekt vernachlässigt die betroffene Körperseite oder die Umwelt auf der betroffenen Seite. Ein Mensch mit Pusher-Symptomatik hat eine veränderte Wahrnehmung seiner subjektiven Vertikalen, das heißt, er kann nicht mehr einschätzen, ob er senkrecht im Raum sitzt oder steht. Beides ist für uns Gesunde nur schwer nachvollziehbar, weil dieses Verhalten so weit von unserer Alltagserfahrung entfernt ist.

Und doch bestätigen diese Erscheinungen Morpheus‘ Lektion, dass unsere Wahrnehmung der Wirklichkeit letztlich auf der Interpretation (Verarbeitung) elektrischer Impulse beruht. Und diese mentale Konstruktion ist, wie die erwähnten Phänomene zeigen, störungsanfällig.

Also: (Auch) für das Verständnis der Neurophysiologie ist der erste Matrix-Film eine Inspiration.

Themenscout Martin Huber

Filmtitel: Matrix

Erstveröffentlichung: 1999

Thema: Neurophysiologie

Erhältlich über: DVD-Verleih, -Verkauf und Streamingdienste