Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2021; 56(04): 297-302
DOI: 10.1055/a-1215-4054
Im Fokus

Cannabis als Medizin: Sonderregelungen sicher anwenden

Cannabis as Medicine: Safe Use of Special Regulations
Peter Cremer-Schaeffer

Zusammenfassung

Seit März 2017 können Cannabisblüten und -extrakte verschrieben werden, die nicht als Arzneimittel zugelassen sind. Sie werden vor allem zur Behandlung von Schmerzen eingesetzt. Bei Patienten mit chronischen Schmerzen, die auf etablierte Therapieverfahren nicht mehr ansprechen, können cannabisbasierte Arzneimittel eine Option für einen Behandlungsversuch sein. Dieser Beitrag zeigt, wie die rechtlichen Regelungen zur Verschreibung solcher Arzneimittel sicher angewendet werden können.

Abstract

In 2017, the legislator created a special regulation for medical cannabis in Germany. Medical cannabis can also be prescribed without marketing authorization at the expense of the statutory health insurance, if other forms of therapy are not sufficiently effective. Before starting therapy with a cannabis medicine outside of approved indications, an application for reimbursement must be submitted to the health insurance company. Cannabis medicines are mainly prescribed for the treatment of chronic pain. There are some rules to be observed when prescribing cannabis medicines: The information according to Section 9 of the Narcotic Drugs Prescription Ordinance must be complete and clear. Data on the therapeutic success and the safe use of the cannabis medicines are collected in a five-year follow-up survey. According to first interim results of this survey, many side effects have an influence on the vigilance of patients. The risk of falling is increased, especially in older patients. In the medium term, the special regulation described above should become dispensable due to the approval of cannabis-based finished medicinal products.

Kernaussagen
  • Die Möglichkeit zur Verschreibung von Cannabisarzneimitteln gründet auf einer Sonderregelung. Eine solche Regelung ist dem Arzneimittelrecht grundsätzlich fremd. Mittelfristig muss die Versorgung mit zugelassenen Fertigarzneimitteln auf Cannabisbasis erreicht werden.

  • Cannabisarzneimittel sind am ehesten eine Therapiealternative bei chronischen Schmerzen und einer Spastik unterschiedlicher Ursache.

  • Nebenwirkungen sind relativ häufig, aber in der Regel milder Natur. Besonders die Beeinflussung der Vigilanz fällt auf und muss bei älteren Patienten bei der Therapieplanung bedacht werden, z. B. indem mit sehr geringen Dosen begonnen wird und die Dosissteigerung nur sehr langsam erfolgt.

  • Zur Verschreibung von Cannabisarzneimitteln gibt es keine Sonderregelungen. Sie werden wie alle Betäubungsmittel nach den Vorgaben des Betäubungsmittelgesetzes und der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung verschrieben.



Publication History

Article published online:
22 April 2021

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  • Literatur

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  • 2 Das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – (Artikel 1 des Gesetzes vom 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477, 2482), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 14. Oktober 2020 (BGBl. I S. 2115) geändert worden ist.
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  • 6 Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung vom 20. Januar 1998 (BGBl. I S. 74, 80), die zuletzt durch Artikel 2 der Verordnung vom 2. Juli 2018 (BGBl. I S. 1078) geändert worden ist.
  • 7 Tolmein O. Medizinische Versorgung mit Cannabis – Die Rechtslage klärt sich. Schmerz 2019; 33: 415-423 doi:10.1007/s00482-019-00399-z
  • 8 Verordnung über die Begleiterhebung nach § 31 Absatz 6 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (Cannabis-Begleiterhebungs-Verordnung-CanBV). Vom 23. März 2017 (BGBl. I S. 520).