physiopraxis 2020; 18(05): 4-5
DOI: 10.1055/a-1137-0787
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© Georg Thieme Verlag Stuttgart – New York

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Themenscout Marisa Hoffmann
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Publication Date:
15 May 2020 (online)

Alltag in Corona-Zeiten – Kleine Fluchten

„Sie sind mein Fels in der Brandung“ – so lautete die Begrüßung von Frau Schmidt. Derart emotional kannte ich meine langjährige Patientin nicht. Ich fragte, wie ich das zu verstehen hätte. „Erstens habe ich starke Schmerzen, bei denen ich dringend Ihre Hilfe benötige. Zweitens sehe ich ja niemanden in diesen Tagen. Wissen Sie, wie schön es ist, da mal wieder Kontakt zu jemandem zu haben?!“

Da ich in Zeiten der Corona-Kontaktsperre noch mit verhältnismäßig vielen Patienten arbeite, war mir zuvor gar nicht bewusst, wie schwerwiegend die auferlegte Einsamkeit für viele ist.

Dasselbe Szenario wiederholte sich noch mehrmals in dieser Woche. „Ich bin ja so froh, dass ich zu Ihnen kommen darf.“ Diesen Satz werde ich mir für die Zukunft merken. Heute begegnete ich dann einer Kollegin bei einer Wanderung. Über die Weinreben hinweg tauschten wir uns über die angespannte Situation in den Praxen aus. Auch sie beobachtete in der letzten Woche, dass die Patienten nach Terminen in den Praxen lechzten.

Physiotherapie ist wohl dieser Tage eine willkommene, legitime „kleine Flucht“ aus der Kontaktsperre. Da sage mal noch einer, wir seien nicht „systemrelevant“.