Epidemien – einst und heute

Liebe Leserin, lieber Leser unserer Zeitschrift!

In diesen Wochen und Monaten erscheinen uns angesichts von nie dagewesenen Einschränkungen der Bewegungsfreiheit selbst die Verwandten in anderen Teilen Deutschlands unerreichbar weit entfernt. Wir sind nicht einmal sicher, ob in den Betrieben, die für Druck, Verpackung und Transport dieser Ausgabe verantwortlich sind, alles nach Plan laufen kann. Da kann man sich durchaus fragen, ob Reiseimpfempfehlungen das richtige Thema für unser Heft sind. Die Vorstellung von grenzenlosem Reisen ist schon fast eine Idee aus einer anderen Zeit – und doch liegen unbeschwerte Urlaubsreisen erst wenige Wochen zurück. Wir staunen, was ein Virus aus unserer Gesellschaft macht, wenn es infektiös, pathogen und neu ist, und wünschen uns nichts sehnlicher als einen Impfstoff, der uns schützen könnte.

Auch wenn wir noch nicht wissen, ob die Welt und das Reisen in dieser Welt dasselbe sein werden, wenn erst einmal alles vorbei ist, so können wir uns doch vorstellen, dass wir Barrieren für den Reimport des Coronavirus nach dessen teuer bezahlter Eingrenzung aufrichten. Vielleicht werden wir sogar, wenn es denn eine wirksame Impfprophylaxe gibt, nur Geimpfte ins Land lassen.

Damit aber geben wir dieselbe Antwort, die andere Zeiten auf infektiologische Bedrohungen ihrer Tage hin gegeben haben. Auf Bedrohungen, die in ihrem Ausmaß, zumindest lokal oder für einen Anteil der Bevölkerung, eine ähnliche Dramatik hatten wie die heutige. Seien es die längst vergangenen Pocken, seien es Gelfieberausbrüche mit dramatischen Folgen in Großstädten, sei es die Diphtherie als Würgeengel der Kinder noch vor gut 100 Jahren oder die drohende Kinderlähmung noch vor 70 Jahren – schon wiederholt waren Impfungen eine ersehnte Lösung für ein dramatisches Gesundheitsproblem in der Gesellschaft. Hinter vielen Impfstoffen steht also eine Geschichte, die der unserer Tage in manchen Aspekten nicht unähnlich ist.

Aus diesem Grunde – und weil es dann vielleicht doch dereinst ein Reisen nach dem Coronajahr geben wird, halte ich das Thema dieses Heftes am Ende nicht für unpassend: Die aktuellen Empfehlungen des von der DTG zusammengerufenen und von vielen Gesellschaften und Institutionen auch darüber hinaus getragenen Ständigen Ausschusses Reisemedizin zu veröffentlichen.

Bleiben Sie gesund in diesen fast unwirklichen Tagen!