Dialyse aktuell 2019; 23(10): 442
DOI: 10.1055/a-0986-6055
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© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Das akute Nierenversagen

Thorsten Feldkamp
1   Kiel
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Publication Date:
18 December 2019 (online)

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Die Inzidenz des akuten Nierenversagens (ANV) in Deutschland ist sehr hoch, so weist jeder fünfte Patient im Krankenhaus die Kriterien eines ANVs auf. Dem Intensivmediziner begegnet das ANV noch häufiger, da bis zu 70 % der Patienten auf der Intensivstation ein ANV entwickeln. Leider ist das ANV für den Intensivpatienten mit einer sehr ungünstigen Prognose assoziiert, welche neben der akuten Erhöhung der Sterblichkeit auch nachteilige Folgen für den normalstationären und ambulanten Verlauf nach sich zieht. Zwar ist die Diagnose ANV sehr einfach gestellt, doch ist die frühe Detektion einer Nierenschädigung, die Ursachenforschung und die daraus folgende individuelle Therapiefindung weiterhin eine große Herausforderung im klinischen Alltag auf der Intensivstation.

Prof. Dr. Andreas Kribben, Essen, und Kollegen berichten über die Epidemiologie und Diagnostik des ANV. Sie beleuchten den Einsatz der traditionellen und neueren Marker der Nierenfunktion und Nierenschädigung im Kontext der Intensivmedizin. Insbesondere der Wert dieser Marker zur Prognoseeinschätzung in den intensivmedizinische „Scores“ wird dabei herausgestellt. Ein weiterer wichtiger Aspekt in ihrer Darstellung ist die Differenzialdiagnose des ANVs, die für den Patienten direkt entscheidend nicht nur für die renale Schädigung, sondern auch für die Gesamtprognose ist.

Prof. Dr. Peter J. Heering und PD Dr. Michael Schmitz, Solingen, analysieren in ihrem Beitrag die Optionen der Hämodialysetherapie beim ANV. Trotz einiger Studiendaten, die einen früheren Beginn einer Dialysetherapie für bestimmte Risikogruppen favorisieren, steht die definitive Klärung der Frage nach dem optimalen Dialysebeginn beim ANV weiterhin aus. Die Stabilisierung des Flüssigkeits-, Elektrolyt-, Säure-Basen- und metabolischen Status sind bei der Indikationsstellung zu berücksichtigen. Bei der Auswahl zwischen intermittierender, verlängert intermittierender und kontinuierlicher Nierenersatztherapie sollten das jeweilige primäre Therapieziel sowie die vorrangigen Behandlungsrisiken identifiziert und auf dieser Basis das beste Verfahren gewählt werden. Bei kontinuierlichen Dialyseverfahren ist eine Behandlungsdosis von 20–25 ml/kg KG pro h nicht zu unterschreiten, wobei die Ausfallzeiten von ca. 20 % bei der Dosisberechnung zu beachten sind.

Prof. Dr. Michael Koch, Velbert, und Kollegen beleuchten die Möglichkeiten der Peritonealdialyse zur Therapie des ANVs – eine Therapieform, die ebenfalls auch in der Intensivmedizin eine komplementäre Alternative darstellen kann und zu Unrecht nur selten angewendet wird. Denn die Peritonealdialyse bietet einige methodische Vorteile wie den langsamen Flüssigkeitsentzug, Vermeidung von Gefäßzugängen und Antikoagulation, die diese in vielen Situation sehr wertvoll macht. In dem Beitrag stellen die Autoren dar, bei welchen Patienten und in welchen klinischen Situationen der Einsatz der Peritonealdialyse zur Therapie des ANV für den Patienten von großem Nutzen sein kann.

Ich hoffe, dass wir mit dieser Schwerpunktausgabe der „Dialyse aktuell“ den Lesern eine Hilfe für die Betreuung ihrer Patienten auf der Intensivstation bieten können. Bei den Autorenteams bedanke ich mich herzlich für die praxisnahe und differenzierte Darstellung dieses komplexen Gebiets.