Flugmedizin · Tropenmedizin · Reisemedizin - FTR 2018; 25(05): 225-227
DOI: 10.1055/a-0678-1122
Gesellschaft | DFR
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Deutsche Fachgesellschaft für Reisemedizin e. V.

Burkhard Rieke
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Publication Date:
30 October 2018 (online)

21. DFR-Jahrestagung 2018 in Freiburg

Zu ihrer 21. Jahrestagung versammelte sich die DFR-Community diesmal in Freiburg. Das Programm wurde von Frau Mazzola in Zusammenarbeit mit Prof. Schmolz vorbereitet. Herr Klinsing, Herr Wallacher und Herr Zabel waren in den Workshops engagiert, die für Studenten beziehungsweise zur eigenen Fallpräsentation vor dem Beginn der Hauptsitzung angeboten wurden ([Abb. 1]). Gerade letzteres erwies sich als ein interaktives, neues Element im Angebot.

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Abb. 1 Interaktiver Workshop für Ärzte vor der Hauptsitzung mit den Referenten Herr Klinsing (oben) und Herr Zabel (unten).
Quellen: DFR

Den Reigen der Vorträge eröffnete dann Frau Ley-Köllstadt, Marburg, zu kniffligen Impffragen ([Abb. 2]). Masernimpfung nach Masern-Tot-Impfstoff? Impfen in der Stillzeit – was geht und was nicht? Irreguläre HPV-Impfabstände und die Frage einer Meningokokkenimpfung nach vorheriger dT-Unverträglichkeit wurden angesprochen und gut begründete Lösungsvorschläge aufgezeigt.

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Abb. 2–7 Einige Vortragende und ihre Themen der 21. DFR-Jahrestagung: Frau Ley-Köllstadt zu kniffligen Impffragen, Prof. Schmolz zu den Zulassungsbedingungen für Gelbfieberimpfstellen, Frau Strobel zu zahnmedizinischer Soforthilfe unterwegs, Herr Gieseler zu Reisen mit chronischen Lungenkrankheiten, Prof. Manz zu interkulturellen Unterschieden sowie Herr Alberer, der zwei Vorträge, Migrantenversorgung und Reiserückkehrerdiagnostik, hielt.
Quelle: Herr Küter

Prof. Schmolz, Bietigheim-Bissingen, referierte anschließend zu den Zulassungsbedingungen für Gelbfieberimpfstellen im Bundesländervergleich ([Abb. 3]). Die Dichte an Impfstellen divergiert erheblich, die Anforderungen sind teils organisatorischer und logistischer Natur, teils auf die Qualifikation des Arztes/der Ärztin bezogen. Thüringen, Hamburg und Brandenburg etwa verlangen die ZWB Tropenmedizin, in Mecklenburg-Vorpommern wird auch die Flugmedizin als Voraussetzung anerkannt.

In einem besonders spannenden Vortrag erläuterte Prof. Muth, Ulm, die Physiologie des Apnoetauchens und die Tricks und Kniffe, die die Besten dieser Disziplin anwenden. Auch wenn die Tauchtiefe sich durch das Verhältnis von Totalkapazität zu Residualvolumen limitiert, kann man beide Parameter noch variieren. Das Hineinschlucken von zusätzlicher Luft in die bereits gefüllten Lungen gehört ebenso dazu wie die Verlagerung von Blut in den Thorax durch die Bauchmuskulatur. Kaltes Wasser in der Maske löst den Tauchreflex aus – und so sind 214 m Tiefe bereits erreicht worden.

Reisen mit Immundefizienz war der Titel des von Prof. Rieg, Freiburg, anschließend gehaltenen Beitrags. Für die Fälle von primärer und vor allem sekundärer Immundefizienz, etwa durch HIV-Infektion, Milzverlust, hämatologische Erkrankungen oder die Folgen einer Therapie, erläuterte er die Auswirkungen auf Infektionswahrscheinlichkeit und die Möglichkeiten, einen effektiven Impfschutz zu induzieren. Dazu gehört auch die vielfach ungelöste Frage einer Kontrolle dieses Effekts.

Prof. Jelinek, Berlin, unternahm danach den Versuch, in kurzer Zeit die wesentlichen Neuigkeiten rund um die Malaria und Reiseimpfungen zusammenzustellen. Bei der Malaria plädierte er für den Selbsttest und wies auf Tafenoquin als einzige medikamentöse Neuentwicklung hin. Bei Zika und Dengue gebe es bald einen (effektiven) Impfstoff, bei den Meningokokken einen pentavalenten. Die Masernsituation sei ein Versagen des öffentlichen Gesundheitswesens. Die neuen Tollwutimpfempfehlungen der WHO beruhten nur auf einer einzigen kleinen belgischen Studie.

Am Folgetag begann Frau Strobel von der Zahnklinik der Uni Freiburg mit einem bestens strukturierten und bebilderten Vortrag zu zahnmedizinischer Soforthilfe unterwegs [Abb. 4]). Nach klaren Kriterien erläuterte sie den Umgang mit einer Parodontitis, einem „Pizzagaumen“ und der Unterkiefersubluxation, riet zur Konservierung des komplett herausgeschlagenen Zahnes (Avulsion) in Nährlösung (Notfallset), H-Milch oder NaCl und gab einen Überblick über hilfreiche zahnmedizinische Notfallmedikamente.

Herr Wallacher referierte anschließend über ein Thema, das ihm ein besonderes Anliegen ist. Als Palliativmediziner, also „Facharzt für Lebensqualität“, wie er sagte, ist er mit letzten Reisewünschen von Patienten konfrontiert, die in der Auseinandersetzung mit ihrem Leben und ihrem baldigen Tod besondere Orte aufsuchen möchten. Dazu brauchen sie Mutmacher, Leute, die die Möglichkeiten realistisch einschätzen und es dann auch wagen, einen Hospizbewohner etwa mit einem umgebauten RTW an die See zu fahren – oder auch nur einen Theaterbesuch zu ermöglichen.

In seinem Beitrag zu Fernreisen mit Lungenerkrankungen ging dann Herr Gieseler, Heidelberg, auf oft unterdiagnostizierte entzündliche und fibrotische Lungenerkrankungen ein ([Abb. 5]). In großer Höhe könnten diese gefährlich werden, wozu nicht nur eine Himalaja-Bergtour, sondern auch eine Landung auf einem der hochgelegenen Flughäfen der Welt reichten. Statt einer Testung in Klimakammern empfahl er, in unklaren Fällen den Aufenthalt auf dem Jungfraujoch in der Schweiz für einige Stunden. Auch auf die Beurteilungskriterien für die Flug- und Höhenreisetauglichkeit von Schlafapnoe, COPD und Asthma ging er ein. Prof. Hufnagel, Freiburg, behandelte die besondere Problematik von VFR-reisenden Kindern. Malaria, Typhus und Hepatitis A träten weit häufiger bei VFR-Kindern auf. Das liege auch an Zugangsbarrieren des Gesundheitssystems, den möglichen Kosten einer Beratung, der Unterschätzung der Gefahren des Ziellands, aus dem ja oft die Eltern stammten, und an mangelnder Compliance mit den gegebenen Verhaltenshinweisen, zum Teil auch aus einem anderen Krankheitsverständnis heraus.

Dies leitete schon fast den Folgevortrag von Prof. Manz, Esslingen, ein, der die interkulturellen Unterschiede im Krankheitsverständnis und die Konsequenzen eines anderen Gesellschaftsmodells aufzeigte ([Abb. 6]). Stark kontextorientierte Kulturen führten zu einem stark hilfesuchenden, eher passiven Verhalten als unsere „Hilf-dir-Selbst-Mentalität“. Auf den Rollenverlust durch fehlende Sprachkenntnisse und fehlende Ernährerfunktion ging er ein, ebenso auf die zentrale Bedeutung von Bildung bei der Inkulturation – beziehungsweise deren heute leichter fallender Verweigerung durch Verbleib in Parallelkulturen mit auch medialer Versorgung durch das Herkunftsland.

Herr Alberer, München, berichtete zur Versorgung von Migranten in einer großen Erstaufnahmeeinrichtung ([Abb. 7]). Vor allem die Tuberkulose, die Malaria und sexuell übertragene Infektionen seien in diesem Setting viel häufiger, zum Teil auch viel häufiger als in den jeweiligen Herkunftsländern. Daneben sei auf das PTBS, auf impfpräventable Erkrankungen und auf tropenmedizinische Entitäten wie die Schistosomiasis oder die Leishmaniose zu achten.

Prof. Beierkuhnlein, Bayreuth, stellte dann die Möglichkeiten der Vektorausbreitung in Europa vor, die sich aus verschiedenen rechnerischen Modellierungen des Klimawandels ergäben. Noch in unseren Lebenstagen könne Aedes albopictus sich weit über Deutschland ausbreiten und wenn die Parameter für die extrinsische Inkubationszeit zuträfen, auch zu Infektionen mit Chikungunya und Dengue führen. Auch beim Usutu-Virus, einem vogelpathogenen Keim, sei dieses bereits zu beobachten, der „nur“ über Culex pipiens übertragen werde.

Anschließend gab Herr Alberer, München, einen Überblick über die in der Rückkehrerdiagnostik wesentlichen differenzierenden Schritte für Durchfalls-, fieberhafte und Hauterkrankungen. Wichtig ist eine Klärung der Exposition nach Geografie und Tätigkeitsspektrum, eine exakte Untersuchung und die richtige Wahl der Labortests, um die Hypothese zu bestätigen oder auszuräumen.

Anschließend fand die Verleihung des Erich-Kröger- und Klaus-Jörg-Volkmer-Preises für Nachwuchswissenschaftler auf dem Gebiet der Reisemedizin statt ([Abb. 8], [9]). Preisträgerin in diesem Jahr ist Frau Lisa Timmermann aus Köln, die in einer umfangreichen Studie in Nepal Kenntnisse, Techniken und Erfolg der Trinkwasserdesinfektion überprüfte und anschließend die Methode der UVC-Desinfektion näher studierte. Sie gab einen Überblick über die Ergebnisse ihrer Arbeit. Auf die Frage nach ihrer Vorzugsmethode plädierte sie für chlorfreisetzende Substanzen, wenn eine Vorfiltration unnötig und die Einwirkzeit kein Problem sei.

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Abb. 8 Herr Rieke übergibt den Erich-Kröger- und Klaus-Jörg-Volkmer-Preis der DFR für Nachwuchswissenschaftler auf dem Gebiet der Reisemedizin an Preisträgerin Lisa Timmermann.
Quelle: DFR
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Abb. 9 Preisträgerin Lisa Timmermann präsentiert die Ergebniss ihrer Arbeit zum Thema „Trinkwasserdesinfektion auf Reisen“.
Quelle: DFR

Nach Preisübergabe und einem herzlichen Dank an alle Mitwirkenden schloss Herr Rieke die Veranstaltung und lud die Teilnehmer zur 22. Jahrestagung der DFR, voraussichtlich für den 20. und 21.09.2019, nach Aachen ein.

Burkhard Rieke

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