neuroreha 2018; 10(03): 112
DOI: 10.1055/a-0659-4811
Gelesen und kommentiert
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Kleinkinder mit Zerebralparese: funktionelles Krafttraining

Jan Mehrholz
Further Information

Publication History

Publication Date:
14 September 2018 (online)

Zusammenfassung der Studie

Ziele

Ziel der Studie war es, die Wirkung von funktionellem Hochgeschwindigkeitswiderstandstraining (Krafttraining) zur Verbesserung der Muskelkraft und Gehfähigkeit von Kindern mit Zerebralparese (CP) zu evaluieren.


#

Methodik

Design A-B-Design.

Ein- und Ausschlusskriterien Einschlusskriterien: ambulante Kinder im Alter von 4–10 Jahren mit spastischer Zerebralparese und einem GMFCS (Gross Motor Function Classification System) Level I und II. Eltern und/oder Kinder hatten ein Behandlungsziel in Zusammenhang mit der Gehfähigkeit (wie z. B. länger oder schneller laufen können). Die Kinder mussten in der Lage sein, Anweisungen verstehen und befolgen zu können. Ausgeschlossen wurden Kinder, die noch nicht gehen konnten, die an der unteren Extremität mit Botulinumtoxin A behandelt wurden und/oder dort in den letzten sechs Monaten Gipsverbände getragen hatten sowie nach einer selektiven Rhizotomie-Behandlung innerhalb eines Jahres vor dem funktionellen Krafttraining.

Interventionen Individuelle und stationäre Rehabilitation für alle Kinder über einen Zeitraum von 14 Wochen, Interventionen und Therapien blieben unverändert. Danach für alle Kinder über 14 Wochen eine Trainingsphase mit funktionellem Hochgeschwindigkeitswiderstandstraining (Krafttraining) zur Verbesserung der Muskelkraft und Gehfähigkeit (3 Sitzungen pro Woche über jeweils 60 min). Das Training basierte auf Empfehlungen zur Verbesserung der Muskelkraft bei Kindern mit bzw. ohne Zerebralparese. Spezielles Krafttraining, um die Plantarbeugemuskulatur mit funktionellen Übungen zu kräftigen. Phasen: Aufwärmen (10 min), 3–4 verschiedene Kraftübungen (35 min), Spiel zum Abschluss (15 min). Die Trainingseinheiten fanden in Kleingruppen (3–6 Kinder), unter Supervision eines Therapeuten pro Kind (3–6 Therapeuten) statt. Die Kinder trugen ihre normalen Sportschuhe ohne Orthesen. Aufwärmphase mit Gehen, Laufübung und dynamischer Wadenmuskeldehnung. Geschichten zur Motivation, verschiedene Kraftübungen für alle Kinder, Schlüsselelemente der Hochgeschwindigkeitsübung: funktionelle Belastung mehrerer Gelenke unter besonderer Berücksichtigung der Abdruckphase, hohe Bewegungsgeschwindigkeit und progressive Belastungssteigerung. Durchführung mit 50–70 % der maximalen Bewegungsgeschwindigkeit und Maximalanstrengung (Pause von 30–50 s zwischen den einzelnen Übungen bei 6–8 Wiederholungen). Kontinuierliche Steigerung des Trainingsumfangs durch die Belastungsgeschwindigkeit und die Wiederholungszahl.

Messungen Primäre abhängige Variable war die Gangkapazität gemessen mit dem Muscle Power Sprint Test (MPST, eine Art Sprinttest für Kinder über 15 m). Sekundäre Zielvariablen waren die Gehgeschwindigkeit bzw. die Gehstrecke im 1-m-Gehtest, die Gangausdauer im 10-m-Shuttle-Run-Test (SRT). Außerdem: globale motorische Funktionen mit dem Gross Motor Function Measure (GMFM-66), isometrische Messung der Muskelkraft (Plantarflexoren, Kniestrecker, Hüftabduktion).


#

Ergebnisse

Insgesamt nahmen 22 Kinder mit hemiparetischer Zerebralparese im mittleren Alter von sieben Jahren an der Studie teil. Es wurden keine Nebenwirkungen in der Therapie beobachtet. Im Ergebnis verbesserten sich die Kinder in allen erhobenen Parametern deutlich mehr in der Phase des Hochgeschwindigkeitstrainings im Vergleich zu den Wochen mit konventioneller Therapie. Die Verbesserungen zur Gangkapazität betrugen 13–83 %. Vor allem die schwerer beeinträchtigte Seite der Kinder profitierte vom Training. Nicht alle der erzielten Fortschritte blieben erhalten.


#

Schlussfolgerung

Funktionelles Krafttraining könnte die Gehfähigkeit und die Kraft bei Kindern mit zerebraler Lähmung verbessern.


#