PPH 2018; 24(03): 153
DOI: 10.1055/a-0581-0787
Rund um die Psychiatrie
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Für Sie gelesen: Hargis MB, McGillivray S, Castel AD. Memory for Textbook Covers: When and Why We Remember a Book by Its Cover. Applied Cognitive Psychology 2018; 32: 39–46

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Publication Date:
23 May 2018 (online)

Hintergrund: Das detaillierte Erinnerungsvermögen kann oft ungenau sein, wenn Menschen sich an alltägliche Gegenstände erinnern möchten. Dieses Phänomen tritt selbst dann ein, wenn die Gegenstände häufig gesehen werden. Aufmerksamkeit spielt eine wichtige Rolle bei dem, was später erinnert wird, da das häufige Sehen von Gegenständen nicht automatisch zu einer detaillierten Verankerung im Gedächtnis führt. Menschen erinnern sich oftmals auch nicht an Örtlichkeiten, zum Beispiel eines Feuerlöschers, den sie schon oft gesehen haben, obwohl die genaue Lage in der Zukunft wichtig werden könnte.

Die Forscher vermuten, dass die aufmerksame Wahrnehmung eine wichtige Rolle bei der bewussten und dauerhaften Informationsspeicherung im Langzeitgedächtnis spielt. Aktuelle Studien zur kognitiven Langzeitspeicherkapazität haben herausgefunden, dass Erinnerungslücken nicht auf eine Kapazitätsbeschränkung des menschlichen Gehirns zurückzuführen sind. Es scheint einen elementaren Unterschied in der bewussten Wahrnehmung im Gegensatz zu flüchtigen Momentaufnahmen zu geben. Das Abspeichern von aufmerksam wahrgenommenen Informationen im Gehirn hat demnach positive Auswirkungen auf die Erinnerungsstabilität im Langzeitgedächtnis.

Diese Studie untersucht die flüchtige und bewusste Wahrnehmung am Beispiel von Abbildungen auf der Frontseite von Lehrbüchern sowie von Namen der Autoren in Lehrbüchern.

Methode: In mehreren psychologischen Studiengängen wurden Studenten gebeten, sich an die Gestaltung des Lehrbuch-Covers und den Namen des Autors zu erinnern. Dies erfolgte in wöchentlichen Tests, bei denen hauptsächlich das Wissen über die Kurs- und Lehrbuchinhalte abgeprüft wurde. Die Studenten wurden vom Dozenten vor den Tests ermutigt, in der Vorlesung aufmerksam zu sein und ihr Lehrbuch zu lesen, um bei den wöchentlichen Tests gut abschneiden zu können.

Ergebnis: Es gab eine positive Korrelation zwischen der Erinnerung an das Design des Lehrbuch-Covers sowie der individuellen Kursleistung der Studenten. Das Erinnerungsgedächtnis der Probanden war für den Namen des Lehrbuchautors sogar signifikant höher als für das Lehrbuch-Cover, obwohl das Titelbild hervorstechender ist als der geschriebene Name des Autors. Studenten mit besseren Kursleistungen konnten sich häufiger an die Gestaltung der Frontseite und den Namen des Autors erinnern als Kommilitonen mit schlechteren Leistungen.

Fazit: Bücher werden oftmals nach ihrem Cover beurteilt. Dieser Effekt spielt jedoch für die Langzeiterinnerung an das Buch eher eine untergeordnete Rolle. Der Name des Autors bleibt eher im Gedächtnis als die grafische Gestaltung des Lehrbuch-Covers.

Jörg Kußmaul