PiD - Psychotherapie im Dialog 2018; 19(02): 122
DOI: 10.1055/a-0556-1416
Backflash
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Besorgte Bürger …

Further Information

Publication History

Publication Date:
04 June 2018 (online)

Zoom Image
(Quelle: olivereitel / Adobe Stock)

Letzten Sommer auf Island: Wir hatten uns entschieden, mit dem eigenen geländegängigen Auto – über Norddänemark und einen Abstecher auf den Faröer Inseln – Island zu erkunden. Mit großer Freude waren wir die erste Hochlandstrecke gefahren. Flussdurchfahrten und Geröllpassagen meisterten wir ohne Probleme und die Kamera hatte viel zu tun. Zwei Tage später entdeckte ich nach einer etwas kritischen Geländestrecke am rechten Vorderreifen eine Blase: an der Seite, neben der Lauffläche, deutlich sichtbar, aber ohne dass das Fahrverhalten des Wagens beeinflusst wurde. Mit der Sicherheit eines Ersatzrades an der Heckklappe sahen mein Mann und ich uns an und sprachen sofort aus, was wir irgendwann in der Sahara gehört hatten: Collage… also das Flicken eines Reifens mithilfe afrikanischen Improvisationstalents.

Wir beschlossen, den Reifen zu beobachten und weiterzufahren, und taten dies in den folgenden Tagen, ohne dass irgendetwas Nennenswertes passierte: Die Beule wurde ein wenig größer, aber nicht viel. Das Fahrverhalten war prima und Islands Straßen waren mit Durchschnittsgeschwindigkeiten von 60 bis 80 km/h aus unserer Sicht durchaus geeignet, weiter abzuwarten.

Was sich aus Sicht vor allem deutscher Mittouristen jedoch anders darstellte: Inzwischen hatten wir das menschenleere Hochland verlassen und waren im Südwesten des Landes angekommen. Hier war das Aufkommen vielfach deutscher Besucher erheblich höher, und dies sollten wir rasch merken. Nahezu keine Pause verging, ohne dass irgendjemand uns mitteilte, dass wir ein Problem mit unserem Reifen hätten. Oft, insbesondere nach dem Frühstück, fanden wir an unserer Windschutzscheibe Zettel mit zahlreichen Ausrufezeichen vor, die uns bedeuteten, den Hotelparkplatz auf keinen Fall „so“ zu verlassen.

Was zunächst noch nett wirkte, wurde zunehmend nervig, allerdings ohne dass dies unser Vorgehen änderte.

Schließlich hörten wir am vorletzten Tag unserer Reise auf einem Fotorundgang durch einen kleinen Hafen im Osten des Landes einen nicht überhörbaren Knall: Die Beule an unserem Reifen war ausgesprochen benutzerfreundlich auf einem Parkplatz geplatzt.

Wieder sahen mein Mann und ich uns an, grinsten und gingen zum Auto, um den Reifen zu wechseln. Stolz, dass wir das immer noch in 20 Minuten ohne Streitereien reliabel hinbekommen, stiegen wir wieder ein und setzten die Reise nun mit einem Andenken an der Heckklappe fort.

Dr. med. Bettina Wilms, Querfurt