Ernährung & Medizin 2018; 33(02): 49
DOI: 10.1055/a-0549-9171
Editorial
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Liebe Leserinnen, liebe Leser, …

Hans-Joachim F. Zunft
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Publication Date:
14 June 2018 (online)

„Der Mode entkommt man nicht. Denn auch wenn Mode aus der Mode kommt, ist das schon wieder Mode“, sagt Karl Lagerfeld. Damit meint er zwar zunächst die Art, wie wir uns kleiden, beschreibt aber allgemein unseren Hang nach beständigem Wechsel – in unseren Ansichten, Meinungen, Bewertungen. Freilich auch in den Vorlieben, die unseren Lebensstil diktieren: in dem, was wir gewöhnlich tun und treiben und was wir alltäglich verzehren. Schwammen wir noch gestern auf der Low-Fat-Welle, so geben wir uns heute dem Low-Carb-Trend hin. Morgen verlockt uns vielleicht ein exotisches Superfood – halt nein, dieser Hype ist bereits im Sinkflug; denn der Umsatz war 2017 um etwa 9 % geringer als im Vorjahr. Deutlich länger schon halten das Misstrauen gegenüber der industriellen Lebensmittelfertigung und der Zuspruch für Bioprodukte an, manchmal mit fanatischen Zügen, worüber sich sogar die Comedy-Szene lustig macht.

Möglich ist all dies nur auf der Basis einer überreichlichen Versorgung mit Lebensmitteln. Deren Folgen offenbaren sich im allbekannten Prävalenzanstieg an zahlreichen nichtübertragbaren chronischen Erkrankungen. Diese besorgniserregende Entwicklung aufzuhalten, bemüht sich die Ernährungswissenschaft seit Langem. Differierende Konzepte haben einander abgewechselt; denn selbst die vermeintlich so objektive Wissenschaft ist nicht frei von Modewellen. Gern werden neue Erkenntnisse vorschnell zu allgemeinen Wahrheiten erklärt, erweisen sich aber im Fortgang der Forschung als nur teilweise gültig. Zudem ist die Interpretation experimentell gewonnener Daten stets auch subjektiv. Dies hat schon Max Planck treffend charakterisiert: „Eine neue wissenschaftliche Wahrheit pflegt sich nicht in der Weise durchzusetzen, dass ihre Gegner überzeugt werden…, sondern…dadurch, dass ihre Gegner allmählich aussterben…“. In der Verbrauchersicht stellt sich der ernährungswissenschaftliche Disput als ein Pendeln zwischen „alternativen Botschaften“ dar. Dies wiederum befördert Modeströmungen mit temporärer Dominanz zweifelhafter Kostempfehlungen.

Das vorliegende Heft wirft einen Blick auf ausgewählte aktuelle Trends. Gabriele Leitner listet kritisch die Besonderheiten einiger als „Superfood“ gehandelter Lebensmittel auf. Jürgen König hinterfragt, wie begründet die verbreitete Verbraucherfurcht vor einer vermeintlichen Flut an Zusatzstoffen in unserer Nahrung ist. Detailliert betrachten Petra Rust und Stefan Kabisch die Probleme reduzierter Kohlenhydratzufuhr von jeweils verschiedenen Ausgangspunkten her. Alle Beiträge sind sich einig in ihrem Fazit: Am ehesten nützen wir unserer Gesundheit mit einer ausgewogenen Kost.

Prof. Dr. Hans-Joachim F. Zunft