Diabetes aktuell 2008; 6(3): 96
DOI: 10.1055/s-2008-1081453
Magazin

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart ˙ New York

HEART2D - Was bringt es, den postprandialen Blutzucker zu senken?

Further Information

Publication History

Publication Date:
07 July 2008 (online)

 
Table of Contents
    Zoom Image

    Bei den Late Breaking Clinical Trials im Rahmen des 68th Sessions der American Diabetes Association wurde eine Studie vorgestellt, deren Name (HEART2D = hard to do) quasi ein Synonym für den Studienverlauf war. Verglichen wurden zwei Regime bei Patienten mit Typ-2-Diabetes nach einem akuten Herzinfarkt. Im Hinblick auf weitere kardiovaskuläre Ereignisse zeigte sich kein Vorteil bei den Patienten, bei denen die Therapie auf die Kontrolle der postprandialen Blutzuckerwerte fokussiert war.

    In der randomisierten, kontrollierten, multinationalen Studie wurde eine prandiale Insulinstrategie mit einer basalen Insulinstrategie verglichen. Primärer Endpunkt war das Auftreten eines zweiten kardiovaskulären Ereignisses (Herztod, nicht tödlicher Infarkt oder Schlaganfall, sowie Hospitalisierung wegen kardiovaskulärer Symptome oder der Notwendigkeit einer Bypass-Operation) bei Patienten, die bis spätestens 21 Tage nach einem Infarkt in HEART2D aufgenommen worden waren.

    Die Patienten in der prandialen Gruppe (n = 557) erhielten Insulin Lispro vor jeder Mahlzeit mit dem Ziel, den postprandialen Blutzucker zwei Stunden danach auf weniger als 135 mg/dl (7,5 mmol) gesenkt zu halten. Die Patienten der basalen Gruppe (n = 558) erhielten zweimal täglich NPH-Insulin oder einmal täglich Insulin glargin mit dem Ziel, den Nüchtenblutzucker auf unter 121 md/dl (7,7 mmol) einzustellen.

    "Es ging uns in der Studie nicht darum, den Unterschied zwischen zwei verschiedenen Behandlungsstrategien auf-zuzeigen, sondern um den Unterschied zwischen den beiden Glukoseprofilen", erklärte Itamar Raz, Chef der Diabetesabteilung am Hassadah University Hospital in Ein-Karem (Israel). Die Studie verlor sehr viele Patienten - 220 in der prandialen und 212 in der basalen Gruppe. Dies könnte nach Raz eines der Probleme bei der Bewertung der Ergebnisse sein - "wir reden nicht von sehr vielen Patienten, nur rund 1 100, und lediglich weniger als 800 davon verblieben bis zum Schluss in der Studie. Einige wurden von den behandelnden Ärzten herausgenommen oder mussten wegen sehr geringer Compliance eliminert werden".

    Behandlungsziel in jeder Gruppe war ein HbA1c-Wert von unter 7 %, ungefähr 50 % der Patienten in jeder Gruppe erreichten diesen Wert auch. Verglichen mit der basalen Gruppe benötigten die Teilnehmer in der prandialen Gruppe dafür jedoch mehr Insulin und verzeichneten auch eine signifikant höhere Gewichtszunahme. Die durchschnittlichen postprandialen Zwei-Stunden-Glukosespitzen zeigten in der prandialen Gruppe signifikant geringere Ausschläge als in der basalen (p = 0.0001). Die Anzahl kardiovaskulärer Ereignisse war im Verlauf der Studie jedoch in beiden Gruppen vergleichbar: 181 in der prandialen, 174 in der basalen Gruppe (HR 0.98). Der mittlere HbA1c-Wert war in beiden Gruppen gleich (7,6 %, p = 0.48).

    Da hinsichtlich der Zielparameters kardiovaskuläre Ereignisse keine Unterschiede in den beiden Gruppen sichtbar wurden, noch nicht einmal ansatzweise ein Trend zugunsten eines der beiden Regime, brach man die Studie ab. Auch im weiteren Verlauf wären keine signifikanten Unterschiede mehr zu erwarten gewesen, erklärte Raz. Dennoch könne eine weitere Auswertung der Daten wertvolle Erkenntnisse bringen, so der Experte weiter. Es wäre z. B. von Interesse zu prüfen, ob eine Hypoglykämie selbst Auswirkungen auf die Anzahl kardiovaskulärer Ereignisse hatte, auch Erkenntnisse über den Zusammenhang von Diabetesdauer und dem Auftreten der kardiovaskulären Ereignisse wären wichtig - und "wir sollten diese Auswertungen noch machen", meinte Raz.

    "Es handelt sich bei HEART2D um eine komplizierte Studie", sagte Anne Peters, Leiterin der Late Breaking Session beim ADA. "Eindrucksvoll dabei sind die Unterschiede der postprandialen Blutzuckerwerte in den beiden Gruppen, jedoch haben uns einige Studien gezeigt (ACCORD, ADVANCE und die VA Study), dass es nicht die Blutzuckersenkung ist, die maßgeblich kurzfristig das kardiovaskuläre Risiko von Patienten mit fortgeschrittener Krankheit beeinflusst. Um hier das kardiovaskuläre Risiko zu beeinflussen brauchen wir andere herzwirksame Medikamente".

    gb

    Quelle: 68th Sessions der American Diabetes Association (ADA): Late Breaking Clinical Studies am 9. Juni 2008 in San Francisco

     
    Zoom Image