Einführung
Einführung
Die Frage, welche Ärzte das bildgebende Verfahren der MRT-Diagnostik als fachkonforme
Leistung erbringen dürfen, ist in der Vergangenheit häufiger der Gegenstand von gerichtlichen
Auseinandersetzungen gewesen. Der Streit um die Abrechnungsfähigkeit von kernspintomografischen
Leistungen durch ärztliche Fachgruppen wie Orthopäden und Kardiologen in der GKV ist
durch den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 16.07.2004 für den Bereich des
Vertragsarztrechts dahingehend beendet worden, dass nur Radiologen diese Berechtigung
haben (vgl. die Ausführungen in Fortschr Röntgenstr 2005; 177: 906-912).
Durch die Entscheidung des BVerfG war jedoch die Frage nicht abschließend beurteilt
worden, ob dies auch für privatärztliche Abrechnungen gilt. Darüber hinaus hatte das
BVerfG in seiner Entscheidung offengelassen, inwieweit diese Rechtslage zukünftig
durch die Einführung der "Zusatz-Weiterbildung fachgebundene Magnetresonanztomographie"
in der neuen Muster-Weiterbildungsordnung (MWO-Ä) verändert wird. Ein Urteil des Oberlandesgerichts
Celle vom 22.10.2007 (Az.: 1 U 77/07) beschäftigt sich nun mit der Abrechnungsfähigkeit
der MRT im privatärztlichen Bereich durch Orthopäden. Gegenstand des Verfahrens war
die Klage eines privaten Krankenversicherungsunternehmens gegen einen Facharzt für
Orthopädie aus übergegangenem Recht ihrer Versicherungsnehmer, auf Rückzahlung des
ärztlichen Honorars nach der GOÄ, für die Durchführung von MRT-Leistungen.
Gebietszugehörigkeit der MRT nach der Weiterbildungsordnung
Gebietszugehörigkeit der MRT nach der Weiterbildungsordnung
Die Gebietsgrenzen ärztlicher Fachgebiete werden gemäß der landesrechtlichen Regelungen
der Heilberufs- und Kammergesetze durch die Weiterbildungsordnungen der jeweiligen
Landesärztekammern festgelegt. Diese beruhen ihrerseits wiederum auf der von der Bundesärztekammer
erarbeiteten (Muster-)Weiterbildungsordnung (MWO-Ä). Diese MWO-Ä hat für die Landesärztekammern
allerdings nur empfehlenden Charakter. Für jeden Arzt/Ärztin ist daher nur die Weiterbildungsordnung
der Landesärztekammer rechtsverbindlich, deren Mitglied er/sie ist. Nachdem der 106.
Deutsche Ärztetag im Jahr 2003 die neue MWO-Ä beschlossen hatte, wurde diese mittlerweile
(innerhalb der Jahre 2004 - Bayern bis 2006 - Baden-Württemberg) von allen Landesärztekammern,
allerdings mit unterschiedlichen Abweichungen in einzelnen Bereichen, umgesetzt. Die
nachfolgenden Ausführungen beziehen sich immer nur auf die MWO-Ä. Im konkreten Einzelfall
ist jedoch ausschließlich die von der jeweiligen Landesärztekammer erlassene Weiterbildungsordnung
verbindlich.
Die bisherigen gerichtlichen Entscheidungen hatten sich zumeist noch mit der Rechtslage
der "alten" Weiterbildungsordnung zu beschäftigen. Zu den Inhalten und Zielen der
Weiterbildung in der Orthopädie gehörte danach die selbständige Durchführung der Magnetresonanztomografie
nicht. Vorgesehen waren für Orthopäden in der alten MWO-Ä eingehende Kenntnisse, Erfahrungen
und Fertigkeiten nur für die Indikationsstellung zu und Befundbewertung von Magnetresonanztomografie.
Die Magnetresonanztomografie war vielmehr besonders aufgeführt bei dem Weiterbildungsinhalt
des Methodenfaches der Diagnostischen Radiologie. Das Bundesverfassungsgericht hat
hierzu in seiner Entscheidung vom 16.07.2004 ausgeführt, dass hieraus eine spezielle
und ausschließliche Zuordnung dieses diagnostischen Verfahrens zum Fachgebiet der
Radiologie folge. Daneben waren noch Fachärzte für Nuklearmedizin zur Abrechnung von
MRT-Leistungen befugt, soweit die Untersuchungsmethode in den Weiterbildungsordnungen
Teil der Facharztausbildung war. Die Regelung war nach Ansicht des BVerfG verfassungsrechtlich
nicht zu beanstanden. Die in der Weiterbildungsordnung genannten Inhalte und Ziele
der Weiterbildung und die dort genannten Bereiche, in denen eingehende Kenntnisse,
Erfahrungen und Fertigkeiten erworben werden müssen, konkretisieren die allgemeinen
Gebietsdefinitionen und geben die speziellen Anforderungen an die Weiterbildung vor.
Das Bundesverfassungsgericht hat damit ohne weiteres nachvollziehbar und überzeugend
entschieden, dass das Fachgebiet der Orthopädie nach der Definition der MWO-Ä die
selbständige Durchführung der Magnetresonanztomografie nicht umfasst.
Vor dem Hintergrund dieser Entscheidung hat das OLG Celle in seiner Entscheidung vom
28.04.2008 nochmals zutreffend festgestellt, dass MRT-Untersuchungen eines Facharztes
für Orthopädie im Jahr 2004, fachfremde Leistungen waren. Als Begründung für die fehlende
Kompetenz anderer Fachgruppen als der Radiologie zieht das Gericht die Kernspintomographievereinbarung
heran, die in § 4 Abs. 1 zum Nachweis für die fachliche Befähigung zur Ausführung
und Abrechnung von kernspintomografischen Untersuchungen die selbständige Indikationsstellung,
Durchführung und Befundung einer bestimmten Anzahl kernspintomografischer Untersuchungen
unter Anleitung erfordere. Interessanter Weise zieht das OLG Celle die ausschließlich
für den GKV-Bereich geltenden Vereinbarungen nach § 135 Abs. 1 SGB V als Qualitätssicherungsmaßstab
in der privatärztlichen Tätigkeit heran:
"Auch wenn § 4 der Kernspintomographie-Vereinbarung unmittelbar nur für die Tätigkeit
des Arztes im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung gilt und auch die Entscheidung
des Bundesverfassungsgerichts als solche diesbezügliche Leistungen an gesetzlich Versicherte
behandelte, handelt es sich doch um Feststellungen allgemeiner Natur zur fachlichen
Qualifikation von Ärzten, die auch für die privatärztliche Abrechnung gelten müssen.
Der Klägerin ist insoweit zuzustimmen, dass nicht erkennbar ist, warum Privatpatienten
im Hinblick auf die Qualifikation des Arztes und somit auch die Qualität der ärztlichen
Behandlung geringere Maßstäbe angelegt werden sollten, als bei gesetzlich versicherten
Patienten. Sachliche Gründe für eine derartige Differenzierung gibt es nicht."
Sollte sich diese Ansicht durchsetzen, dürften zukünftig die Entscheidungen der Vertragspartner
in der gesetzlichen Krankenversicherung im Bereich der Qualitätssicherung auch in
der privaten Krankenversicherung präjudiziellen Charakter haben. Dies gilt insbesondere
dort, wo es an gesetzlich geregelten Qualitätssicherungsvorgaben im Bereich des Versicherungsvertragsgesetzes
(VVG) und den Allgemeinen Versicherungsbedingungen fehlt.
Rechtsfolgen der "Zusatz-Weiterbildung fachgebundene Magnetresonanztomographie"
Rechtsfolgen der "Zusatz-Weiterbildung fachgebundene Magnetresonanztomographie"
Nach der Novellierung der MWO-Ä können MRT-Leistungen nunmehr auch in anderen Fachgebieten
der unmittelbaren Patientenversorgung, also auch der Orthopädie, fachkonform erbracht
werden. Der entsprechende Facharzt eines solchen Gebiets muss dafür die Zusatz-Weiterbildung
"Magnetresonanztomographie - fachgebunden -" erworben haben.
Die Zusatz-Weiterbildungen sind in Abschnitt C der novellierten MWO-Ä geregelt. Nach
ihrer Definition umfasst die Zusatz-Weiterbildung "Magnetresonanztomographie - fachgebunden
-" in Ergänzung zu einer Facharztkompetenz die Durchführung und Befundung gebietsbezogener
Bildgebungsverfahren mittels Magnetresonanztomografie. Die Inhalte der Zusatz-Weiterbildung
fachgebundene Magnetresonanztomographie sind bereits integraler Bestandteil der Weiterbildung
zum Facharzt für Radiologie. Die Zusatz-Weiterbildung setzt den Erwerb von Kenntnissen,
Erfahrungen und Fertigkeiten in
-
der Durchführung und Befundung gebietsbezogener Untersuchungen mittels Magnetresonanztomografie
-
der Indikation und Differentialindikation mit anderen diagnostischen radiologischen
Verfahren
-
der Anwendung von Arznei- und Kontrastmittel bei MRT-Untersuchungen
-
den physikalischen Grundlagen der Magnetresonanzverfahen und Biophysik einschließlich
den Grundlagen der Patientenüberwachung incl. der Sicherheitsmaßnahmen für Patienten
und Personal bei Anwendung von Magnetresonanzverfahren und
-
der Gerätekunde
voraus. Die Zusatz-Weiterbildung berechtigt die betreffenden ärztlichen Fachgruppen
jedoch ausschließlich zu einer MRT-Diagnostik innerhalb ihrer eigenen Fachgebietsgrenzen.
§ 2 Abs. 4 S. 4 der Musterweiterbildungsordnung (MWO-Ä) bestimmt insoweit, dass die
Gebietsgrenzen fachärztlicher Tätigkeiten durch die Zusatzweiterbildungen nicht erweitert
werden. Das bedeutet, dass z. B. Orthopäden nach dem Erwerb der Zusatz-Weiterbildung
ausschließlich zur Durchführung von MRT-Untersuchungen des muskuloskelettalen Bereichs
und Kardiologen zur Durchführung von MRT-Untersuchungen am Herzen berechtigt sind.
Dagegen haben ausschließlich Radiologen weiterhin die universale Berechtigung zur
Durchführung von MRT-Untersuchungen aller Körperregionen.
Fachkonformität durch Zusatz-Weiterbildung?
Fachkonformität durch Zusatz-Weiterbildung?
Für die Durchführung von MRT-Untersuchungen benötigt der nichtradiologische Facharzt
die Zusatzweiterbildung "Magnetresonanztomographie - fachgebunden -". Nur wer diese
Zusatzweiterbildung nachweisen kann, darf nach der aktuellen MWO-Ä, MRT-Leistungen
erbringen, ohne gegen das Verbot gebietsfremder Tätigkeit zu verstoßen. Das OLG Celle
vertritt insoweit die Rechtsauffassung, dass "auch nach der neuen Weiterbildungsordnung
die Durchführung von MRT-Untersuchungen nur unter der Voraussetzung dem Fachgebiet
des Orthopäden als zugehörig zu betrachten sind, wenn zuvor eine entsprechende Weiterbildung
des Arztes in diesem Bereich stattgefunden hat" (so auch LG Mannheim, Urt. vom 17.11.2006;
Az.: 1 S 227/05).
Das bedeutet, dass der Zusatzweiterbildung "Magnetresonanztomographie - fachgebunden
-" auch in der privaten Krankenversicherung, vergleichbar der Kernspintomographievereinbarung
in der GKV, die Funktion einer Abrechnungsgenehmigung zukommt. Zur Begründung stützt
das OLG Celle sich auf die Vorschrift in § 1 Abs. 2 Satz 1 GOÄ, wonach ein Arzt Vergütungen
nur für Leistungen berechnen darf, die nach den Regeln der ärztlichen Kunst für eine
medizinisch notwendige ärztliche Versorgung erforderlich sind. § 1 Abs. 2 Satz 1 GOÄ
greift ein berufsrechtliches Leitbild für die ärztliche Tätigkeit auf und verknüpft
damit den Vergütungsanspruch des Arztes. Auch im Rahmen einer Privatbehandlung ist
dieser grundsätzlich, von begründeten Ausnahmefällen wie etwa Notfallbehandlungen
abgesehen, an die Grenzen seines medizinischen Fachgebietes gebunden. Nur dann können
seine Leistungen den Regeln der ärztlichen Kunst entsprechen. Erbringt der Arzt also
fachgebietsfremde Leistungen, ohne dass dies ausnahmsweise - etwa in Notfällen - gerechtfertigt
ist, hat er keinen Honoraranspruch gegen den Patienten (hierzu: Uleer/Miebach/Patt,
Abrechnung von Arzt- und Krankenhausleistungen, § 1 GOÄ, Rnrn. 10, 13).
Diese Rechtsauffassung wird auch durch die Regelung in § 4 Abs. 2 GOÄ gestützt. Nach
§ 4 Abs. 2 GOÄ kann der Arzt nur für selbstständige ärztliche Leistungen Gebühren
abrechnen, die er selbst erbracht hat oder die unter seiner Aufsicht nach fachlicher
Weisung erbracht wurden. Die notwendige "fachliche Weisung" setzt aber voraus, dass
der abrechnende Arzt selbst über die notwendige fachliche Qualifikation zur Erbringung
der delegierten bzw. veranlassten Leistungen verfügt (vgl. Brück, Hess, Klakow-Franck,
Warlo, Kommentar zur GOÄ, 2003, § 4 Rn. 10; Uleer, Miebach, Patt, Abrechnung von Arzt-
und Krankenhausleistungen, 2000, § 4 GOÄ, S. 36, 39; Vorstand der Bundesärztekammer,
DÄBl. 1996, B-455 f.; Cramer und Henkel, MedR 2004, S. 593, 596 m.w.N.).
Ergebnis
Ergebnis
Im Ergebnis ist also die Durchführung und Abrechnung von MRT-Untersuchungen außer
Fachärzten und Fachärztinnen für Radiologie (oder Diagnostische Radiologie bzw. Radiologische
Diagnostik) zukünftig gebietsbezogen nur denjenigen Fachärzten und Fachärztinnen gestattet,
die die Zusatz-Weiterbildung "Magnetresonanztomographie - fachgebunden -" von der
Ärztekammer zugesprochen bekommen haben. Ohne die Zusatzweiterbildung ist die Erbringung
von MRT daher für diese Fachgruppen weiterhin als fachgebietsfremd anzusehen, mit
der Folge, dass die Patienten die Bezahlung der Honorarrechnung verweigern und die
Privaten Krankenversicherer die Rückforderung bereits gezahlten Honorars vornehmen
können. Die Gebietsbezogenheit der jeweiligen MRT-Untersuchung ist im Zweifel anhand
der Weiterbildungsziele und Untersuchungs- und Behandlungsmethoden des jeweiligen
Fachgebiets gemäß Abschnitt B der MWO-Ä zu ermitteln.
Etwas anderes gilt für die ausschließliche Befundbewertung von MR-Aufnahmen. Diese
dürfte nach der hier vertretenen Rechtsauffassung gebietsbezogen jedem Facharzt, unabhängig
vom Nachweis der Zusatz-Weiterbildung Magnetresonanz-tomographie - fachgebunden -,
gestattet sein.
Dr. Peter Wigge, Fachanwalt für Medizinrecht und Sebastian Sczuka, Rechtsanwalt