M. Krisor; K. Wunderlich (Hrsg.), 248 Seiten, Band IX, Pabst Science Publishers, Lengerich,
2007, € 20,00
Das vorliegende Büchlein ist bereits der 9. Tagungsband zu den Herner Gemeindepsychiatrischen
Gesprächen, das ein Forum darstellen soll für alle an "praktischer Gestaltung, Weiterentwicklung
und Theoriebildung der Reform- und Gemeindepsychiatrie interessierte Menschen".
Es ist zu lesen, dass eine Stärke des "Gemeindepsychiatrischen Gespräches" sicher
in der Vielfalt und inhaltlichen Bandbreite der Themen zu suchen ist. Es fänden sich
so "Beiträge über Resilienz, Mindfulness oder die Therapie der Borderline-Störung".
Es ist sicher richtig und gut, dass nicht immer nur von der neusten Medikamentenentwicklung
die Rede ist, dass interessante Entwicklungen aufgegriffen werden bis hin zu philosophischen
und analytischen Gesichtspunkten. Aber geht dabei nicht gerade das verloren, was die
Gemeindepsychiatrie anstrebt, nämlich die Verbesserung der Lebenssituation, des Krankheitsverlaufes
chronisch Schizophrener?
Neue Entwicklungen kennenzulernen ist wichtig, aber sind Wortschöpfungen wie Resilienz,
Mindfulness denn sinnvoll? Geht es nicht etwas einfacher, verständlicher und praxisnäher?
Die Praxisnähe ist es ja gerade, was die Herner Gemeindepsychiatrischen Gespräche
interessant machten. Nehmen wir mal als Beispiel Resilienz (S. 32): Sie soll ein Prozess
sein, in welchem Handlungs- und Orientierungsschemata erworben werden, welche die
Person befähigen, Krisensituationen ohne länger dauernde und tiefgehende Beschädigungen
zu bewältigen. Sehr gut - aber ist das eigentlich neu?
Die der Lektüre dieses Artikels lässt offen, wie dem Schizophrenen geholfen werden
soll, Arbeit zu finden, zumindest nicht in seinem ursprünglichen Beruf, dem Kranken,
dem gekündigt wird, trotz Arbeitskräftemangel? Kommt man bei diesen Aufgaben als Arzt
oder Betreuer nicht auch ohne gewagte Konstruktionen und neue Begriffe aus? Der Verlust
der Praxisnähe ist kein Fortschritt, sondern eher ein Rückschritt, wenn dadurch von
den wahren und schlichten Aufgaben abgelenkt wird.
Gelobt werden müssen die Herausgeber auf einem anderen Feld. Denn das, was man gemeinhin
Öffentlichkeitsarbeit nennt, ist gekonnt vorhanden. Es sind zahlreiche Gruß- und Geleitworte
gehalten und geschrieben worden. Selbst die Ärzteschaft hat es sich nicht nehmen lassen,
Gruß- und Segenswünsche zu schicken. Alleine die ersten 30 Seiten zeugen von den nützlichen
Kontakten, welche die Herausgeber hergestellt haben, sicherlich zum Wohle ihrer Einrichtung
und auch der dort betreuten Kranken.
Prof. F. Reimer, Weinsberg