Non-Compliance ist insofern ein schwerwiegendes Problem in der Langzeittherapie, als
dessen Bedeutung für Transplantatverluste immer weiter zunimmt, während die Zahl der
Verluste, die auf andere Ursachen zurückzuführen sind, rückläufig ist [2]. Schon die versäumte Einnahme einiger weniger Dosen der immunsuppressiven Medikation
kann das Risiko einer akuten Transplantatabstoßung erhöhen und ist damit eine Gefahr
für das Überleben des Transplantats.
Dem Thema Compliance wird heute daher zunehmend Aufmerksamkeit geschenkt. Es ist davon
auszugehen, dass eine Verbesserung der Compliance maßgeblich zu einer Verbesserung
der Langzeitergebnisse beitragen kann. Einer der wichtigsten Ansatzpunkte ist die
Vereinfachung der Therapie, wie sie beispielsweise mit der einmal täglichen Gabe der
neuen Formulierung von Tacrolimus mit verlängerter Wirkstofffreisetzung (Advagraf®)
möglich ist.
Einfache Immunsuppression erhöht Chance für gute Compliance
Einfache Immunsuppression erhöht Chance für gute Compliance
Probleme, die Patienten bei der Einnahme ihrer Immunsuppressiva im Alltag zu schaffen
machen, sind vor allem
So ergab eine aktuelle Schweizer Studie, in der die Compliance bei Nierentransplantierten
mittels eines elektronischen Monitoring-Systems überwacht wurde, dass bei einer erforderlichen
Zweimalgabe der Medikation 12% der Patienten non-compliant waren. Im Extremfall wurde
nur an jedem vierten Tag die korrekte Anzahl der Tabletten eingenommen, oder nur etwa
jede fünfte Einnahme erfolgte zum richtigen Zeitpunkt [3].
Die beste Voraussetzung für eine gute Compliance sei eine einfache Therapie, so das
Ergebnis einer Analyse verschiedener Studien [5]. Ein erster entscheidender Ansatz zur Verbesserung der Compliance ist daher die
Reduktion der Einnahmefrequenz. Welchen positiven Effekt diese Maßnahme haben kann,
zeigen die Ergebnisse einer prospektiven Studie. Danach lässt sich mit einer täglichen
Einmalgabe die Chance für eine gute Compliance gegenüber einer Zweimalgabe mehr als
verdoppeln [8].
Einmal tägliche Einnahme: Einfache morgendliche Routine
Einmal tägliche Einnahme: Einfache morgendliche Routine
Die neue Tacrolimus-Formulierung mit verlängerter Wirkstofffreisetzung wurde entwickelt,
um die Immunsuppression zu vereinfachen. Sie gewährleistet nach der morgendlichen
Einnahme der Gesamttagesdosis eine therapeutisch wirksame Tacrolimus-Exposition über
24 Stunden und somit eine vergleichbare Wirksamkeit wie die klassische Tacrolimus-Formulierung
(Prograf®), bei der die Tagesdosis in zwei Einzelgaben in zwölfstündigem Abstand eingenommen
wird [1], [6], [7], [9].
Der Vorteil der neuen Formulierung für die Patienten besteht darin, dass die gesamte
Tagesdosis als Einmalgabe am Morgen eingenommen wird. Die morgendliche Einnahme gewährleistet
dabei zum einen eine bessere Resorption und lässt sich zudem besser in die tägliche
Routine integrieren. Schließlich müssen die Transplantierten nicht an eine regelmäßige
und pünktliche Einnahme zu irgendeinem späteren Zeitpunkt im Tagesverlauf denken.
Nach der Einnahme am Morgen ist das Transplantat aufgrund der kontinuierlichen Wirkstoffexposition
für 24 Stunden geschützt. So bietet die neue Tacrolimus-Formulierung insbesondere
denjenigen Patienten, für die ein strenger Einnahmeplan bei einer zweimal täglichen
Gabe des Immunsuppressivums oft nicht einzuhalten ist bzw. eine Einschränkung in ihren
Aktivitäten bedeutet, einen Gewinn an Freiheit und Lebensqualität.
Einstellung und Monitoring bei beiden Formulierungen gleich
Einstellung und Monitoring bei beiden Formulierungen gleich
Hinsichtlich Dosiseinstellung und Monitoring unterscheiden sich die beiden Tacrolimus-Formulierungen
nicht. Es wird das für die klassische Tacrolimus-Formulierung etablierte therapeutische
Monitoring-Konzept verwendet, bei dem Talblutspiegel zur Dosiseinstellung und Therapiekontrolle
herangezogen werden. Die angestrebten Zielblutspiegel sind für beide Formulierungen
gleich. Somit ist kein Umdenken erforderlich.
Die Initialdosis orientiert sich ebenfalls am Körpergewicht unter Berücksichtigung
der immunsuppressiven Begleitmedikation und der Möglichkeit der gegenseitigen Beeinflussung
der Wirkstärken. Während der ersten zwei Wochen nach Transplantation werden die Blutspiegel
häufig kontrolliert. Dosisanpassungen werden auf Basis der Talblutspiegel maximal
zwei- bis dreimal pro Woche vorgenommen, bis sich der Spiegel im Zielbereich stabilisiert
hat (Tab. [1]).
Tab. 1 Initiale Dosierung der neuen Tacrolimus-Formulierung und Zielblutspiegel bei
primärer Einstellung und Umstellung auf die einmal tägliche Gabe von Tacrolimus
Die AUC0-24 der Formulierung mit verlängerter Wirkstofffreisetzung kann am ersten Tag nach Transplantation
um 30 % niedriger sein als die der klassischen Formulierung bei gleicher Tagesdosis.
Nach vier Tagen ist die anhand der Bluttalspiegel bestimmte systemische Exposition
bei beiden Formulierungen vergleichbar [4].
Die Umstellung stabiler Patienten von der klassischen auf die neue Formulierung erfolgt
im Verhältnis 1:1 (mg:mg) bezogen auf die gesamte Tagesdosis. Die systemische Exposition
(AUC0-24) der neuen Tacrolimus-Formulierung liegt bei einer 1:1-Umstellung im Durchschnitt
10 % unter der klassischen Tacrolimus-Formulierung [1], [4]. Durch Bestimmen der Tacrolimus-Bluttalspiegel kurz vor sowie während der ersten
zwei Wochen nach Umstellung lässt sich feststellen, ob gegebenenfalls die Dosis angepasst
werden muss (Tab. [1]). Allerdings ist eine Dosisanpassung bei der Mehrheit der Patienten nicht notwendig.
Denn wie eine US-amerikanische Studie gezeigt hat, benötigten im Verlauf von zwei
Jahren nach der Umstellung bei den einzelnen Kontrolluntersuchungen jeweils durchschnittlich
70 % der Patienten keine Dosisanpassung [1].
Bei der Umstellung von Ciclosporin auf die neue Tacrolimus-Formulierung (stabile Patienten
und Abstoßungsbehandlung) sollte die erste Tacrolimus-Gabe erst 12-24 Stunden nach
der letzten Ciclosporingabe erfolgen. Solange hohe Ciclosporinspiegel vorliegen, darf
Tacrolimus nicht gegeben werden. Die initiale Dosierung erfolgt nach Körpergewicht.
Erforderliche Dosisanpassungen werden blutspiegeladaptiert vorgenommen (Tab. [1]; [4]).
Erste Erfahrungen im klinischen Alltag
Erste Erfahrungen im klinischen Alltag
Am Transplantationszentrum in Halle-Wittenberg wird Advagraf® seit seiner Zulassung
im Sommer 2007 routinemäßig eingesetzt. Den postoperativen stationären Verlauf bei
fünf Patienten, die im Juni und Juli 2007 nach ihrer ersten Nierentransplantation
auf die neue Tacrolimus-Formulierung eingestellt wurden, beschreibt Dr. Amir Hamza,
Leiter des Transplantationszentrums Halle-Wittenberg, in Fallberichten. Die Patienten
im Alter zwischen 28 und 52 Jahren erhielten die Tacrolimus-Formulierung mit verlängerter
Wirkstofffreisetzung initial in einer Tagesdosis von 0,10 mg/kg Körpergewicht. Die
Dosisanpassungen erfolgten dann bei allen Patienten blutspiegeladaptiert. Während
der ersten postoperativen Tage wurden die Blutspiegel täglich bestimmt. Bei Bedarf
wurde die Dosis schrittweise erhöht, bis sich stabile Blutspiegel im angestrebten
Zielbereich einstellten. Dies war nach maximal vier Anpassungen, spätestens am elften
postoperativen Tag der Fall (Tab. [2]).
Tab. 2 Primäre Immunsuppression mit der neuen Tacrolimus-Formulierung: Dosierung und
Dosisanpassungen bei fünf Patienten nach Erstnierentransplantation
Die neue Tacrolimus-Formulierung erwies sich als gut verträglich. Nebenwirkungen im
Zusammenhang mit der Immunsuppression waren eine leichte Diarrhöe und eine Harnwegsinfektion.
Bei beiden Patienten waren die unerwünschten Wirkungen mit einer entsprechenden Therapie
zu beherrschen. Die immunsuppressive Begleitmedikation bestand aus Mycophenolatmofetil
(MMF) und Steroiden. Zusätzlich erhielten alle Patienten während der ersten zehn Tage
Ganciclovir zur CMV-Prophylaxe (Zytomegalievirus-Prophylaxe).
Der stationäre Verlauf war in allen Fällen komplikationslos, und die Patienten wurden
14-22 Tage nach der Transplantation mit einer Triple-Immunsuppression, bestehend aus
Advagraf®, MMF (2 g/Tag) und Methylprednisolon (20 mg/Tag) bei stabilen Tacrolimus-Blutspiegeln
und stabiler Nierenfunktion entlassen.
Dr. Hedwig Weisser, München
Dieser Beitrag entstand mit freundlicher Unterstützung der Astellas Pharma GmbH, München
Fallberichte
Fallberichte
Die vollständigen Fallberichte von Dr. Amir Hamza, Halle, finden Sie im Internet unter
www.astellas-transplant.de -> Advagraf® -> für Ärzte -> Fallberichte Nierentransplantation.