Mykobakterien verfügen über eine komplexe und für die meisten Moleküle schwer überwindbare
Zellwand aus langkettigen, fest gebundenen Fettsäuren, den Mykolsäuren. Ihr verdanken
die säurefesten Stäbchen ihre besondere Unempfindlichkeit gegenüber äußeren Einflüssen
und antibakteriellen Substanzen. Bislang war man davon ausgegangen, dass die Mykolsäuren
entweder eine geschlossene Schicht bilden oder die innere einer definierten Doppelschicht
stellen, die besonders dick und asymmetrisch gestaltet ist.
Außenhülle erstmals dreidimensional abgebildet
Außenhülle erstmals dreidimensional abgebildet
Dr. Harald Engelhardt und seine Gruppe am Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried
konnten nun erstmals mithilfe der Kryo-Elektronenentomografie an Mycobacterium smegmatis
und Mycobacterium bovis BCG (einem engen Verwandten des Tuberkuloseerregers) direkt
nachweisen, dass die äußere Zellwandschicht der Mykobakterien aus einer klar strukturieren,
symmetrischen und relativ dünnen Lipid-Doppelmembran besteht - eine Struktur, die
allerdings mit den bisherigen Annahmen kaum in Einklang zu bringen ist. Damit können
die Wissenschaftler die Einbettung der Porenproteine in die äußere Membran von Mycobacterium
smegmatis erstmals befriedigend erklären. Bislang hatte die molekulare Struktur der
Proteine nicht zu den bekannten Zellwandmodellen gepasst.
Engelhard stimmt mit den bisherigen Vorstellungen insoweit überein, dass die Mykolsäuren
die äußere Membran in der Zellwand verankern. "Doch die Membran ist wohl nicht so
gebaut, wie man annahm. Die Mykol- und übrigen Fettsäuren müssen in der Lipidmembran
anders angeordnet sein als gedacht."
Jetzt müssen Transportmechanismen aufgeklärt werden
Jetzt müssen Transportmechanismen aufgeklärt werden
Die Martinsrieder Strukturforscher halten jetzt eine genauere Untersuchung der äußeren
Membran von Mykobakterien für notwendig. Die jetzigen Ergebnisse sind dafür eine wesentliche
Voraussetzung. Nun können gezielt Studien zum Stofftransport durch die äußere Membran
durchgeführt werden, die auch für die Entwicklung von Chemotherapeutika von Bedeutung
sein werden. "Schließlich müssen die Medikamente möglichst gut durch die mykobakterielle
Zellwand an ihren Wirkungsort gelangen, und dafür ist ein besseres Verständnis der
Zellhülle hilfreich", so Engelhardt.
Quelle: Pressemeldung "Tuberkulose-Erreger ist doppelt verpackt", herausgegeben vom
Max-Planck-Institut für Biochemie, Martinsried