ZWR - Das Deutsche Zahnärzteblatt 2008; 117(3): 67
DOI: 10.1055/s-2008-1075877
Editorial

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Kariesprophylaxe mit Fluorid

U. Schiffner
Further Information

Publication History

Publication Date:
16 April 2008 (online)

Liebe Kolleginnen und Kollegen,diejenigen unter Ihnen, die sich der Kinderzahnheilkunde verschrieben haben, werden im Praxisalltag besonders oft mit der Frage irritierter Eltern konfrontiert sein, welche Art der Kariesprophylaxe mithilfe von Fluorid denn nun die optimale sei. Hintergrund sind die teilweise konträren Empfehlungen einerseits der Kinderzahnheilkunde, die sich für die konsequente Anwendung von fluoridierten Kinderzahnpasten ausspricht bzw. andererseits eines Teils der Pädiater, der weiterhin die Gabe von Fluoridtabletten fordert und sogar für die Zahnpflege ohne jegliche Zahnpaste in den ersten Lebensjahren plädiert. Dieser Widerspruch ist ein erhebliches Ärgernis, zuallererst mit Sicherheit für die Eltern daneben aber auch für unseren Berufsstand. Müssen jetzt die zahnmedizinischen Statements, nicht zuletzt nach Veröffentlichung „neuer” Empfehlungen zur Milchzahnkaries-Prophylaxe mit Fluoriden durch den Kinderärzte-Verband DGKJ erneut revidiert werden?

Um es auf den Punkt zu bringen: Nein. Unsere Empfehlungen sind durch die aktuelle wissenschaftliche Literatur abgesichert. Fluorid wirkt nur durch Kontakt zu den bereits in der Mundhöhle stehenden Zähnen. Die aus der Zusammenfassung der weltweit verfügbaren Literatur entstandene Leitlinie zur Fluoridanwendung (www.zzq-koeln.de) belegt fundiert und evidenzbasiert die Strategie, Milchzahnkariesprophylaxe mittels fluoridhaltiger Kinderzahnpasten ab Durchbruch des ersten Milchzahnes zu betreiben.

Das nützt jedoch mitunter wenig, wenn verunsicherte Eltern um Rat suchen. Angesichts der im Einzelfall doch weit auseinander liegenden Empfehlungen zahnärztlicher oder kinderärztlicher Ratgeber dürfte der Hinweis auf die Literaturlage begrenzte Überzeugungskraft haben. Zudem gilt die Gabe von Fluoridtabletten auch nach den DGZMK-Empfehlungen als eine Möglichkeit der Kariesprophylaxe bei Kindern mit erhöhtem Kariesrisiko.

Welcher Ausweg bietet sich für die Beratung der Eltern an? Berücksichtigen Sie, dass Eltern, Zahnärzteschaft und Pädiater das gleiche Ziel haben, nämlich die Zahngesundheit der Kinder zu erhalten. Informieren Sie, dass Fluoridtabletten kariespräventiv wirken, dass aber das Risiko von Schmelzfluorosen nach Gabe von Fluoridtabletten deutlich steigt. Weisen Sie darauf hin, dass in einem Haushalt nur entweder Fluoridtabletten oder fluoridhaltiges Kochsalz benutzt werden sollen. Erläutern Sie den Eltern schließlich, dass Fluoridtabletten dann gut wirken, wenn sie regelmäßig genommen und vor allem gelutscht und nicht geschluckt werden. Spätestens bei diesem Hinweis beginnen viele Eltern kleiner Kinder, die Fluoridtablettengabe kritisch zu hinterfragen.

Prof. Dr. U. Schiffner

Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinderzahnheilkunde

Hamburg

    >