Z Orthop Unfall 2008; 146(1): 8
DOI: 10.1055/s-2008-1063038
Für Sie gelesen

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Proximale Humerusfraktur - Bewegung oder Ruhigstellung?

Further Information
#

OA Dr. Philip Gierer

Chirurgische Klinik und Poliklinik der Universität Rostock

Abteilung für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie

Schillingallee 35

18055 Rostock

Publication History

Publication Date:
27 March 2008 (online)

 
Table of Contents

Immediate Mobilization Compared with Conventional Immobilisation for the Impacted Nonoperatively Treated Proximal Humeral Fracture. J Bone Joint Surg Am. 2007;89:2582-90

#

Einleitung

Die proximale Humerusfraktur stellt eine der häufigsten, osteoporoseassoziierten Frakturen in der Bevölkerung dar. Nach Angaben aus der Literatur, können eine Vielzahl dieser Frakturen konservativ behandelt werden. Trotzdem findet man eine Fülle von Publikationen über die Ergebnisse neuer Implantate zur Stabilisierung proximaler Humerusfrakturen, aber nur wenig über die Ergebnisse der nicht-operativen Behandlung. Ziel dieser randomisierten Studie war es, zu untersuchen inwieweit sich eine unmittelbar nach der Fraktur beginnende Mobilisation der Schulter von einer verzögerten Mobilisation, nach 3 wöchiger Ruhigstellung und anschließender physiotherapeutischer Beübung im funktionellen Ergebnis unterscheidet.

#

Material und Methoden

Eingestauchte proximale Humerusfrakturen wurden nach notfallmäßiger Vorstellung in der Ambulanz innerhalb von 72 Stunden nach dem Unfall randomisiert und in zwei Gruppen aufgeteilt. Die eine Gruppe begann spätestens 72 Stunden nach dem Unfall mit der physiotherapeutischen Übungsbehandlung an 5 Tagen pro Woche für 2 Stunden pro Tag. In der zweiten Gruppe wurde der Arm für 3 Wochen in einem Schlingen-Verband ruhig gestellt und erst nach Ablauf von 3 Wochen mit physiotherapeutischer Übungsbehandlung nach dem gleichen Schema wie in der ersten Gruppe begonnen. Insgesamt erhielt jeder Patient 32 bzw. 33 physiotherapeutische Übungseinheiten. Alle Patienten wurden nach 6 Wochen und 3 und 6 Monaten zu einer Nachuntersuchung gesehen und die Schulterfunktion, gemessen am Constant-Score, durch verblindete Untersucher dokumentiert.

#

Ergebnisse

74 Patienten wurden in die Studie aufgenommen. Nach Randomisierung wurden jeweils 37 Patienten den oben genannten Gruppen zugeteilt. Das Durchschnittsalter der Patienten betrug in beiden Gruppen etwa 63 Jahre.

Nach 6 Wochen und 3 Monaten zeigten die Patienten der ersten Gruppe eine signifikant bessere Schulterfunktion gemessen am Constant-Score (71,0 vs 61,1 nach 3 Monaten). Des Weiteren fand man bei den frühfunktionell nachbehandelten Patienten eine signifikant bessere Beweglichkeit der Schulter nach 6 Wochen und 3 Monaten betreffend die Abduktion und Elevation. Dieser Unterschied war jedoch nach 6 Monaten nicht mehr signifikant. Ein Unterschied in der subjektiven Patientenzufriedenheit konnte nicht festgestellt werden. Nach 6 Monaten waren alle Frakturen geheilt ohne sekundäre Dislokation.

#

Kommentar

Die Autoren der vorgestellten Arbeit ziehen aus den Ergebnissen der Studie den Schluss, dass impaktierte Frakturen des Humeruskopfes, welche sich prinzipiell zu einer nicht-operativen Behandlung eignen, vom Unfalltag an unter Anleitung eines Physiotherapeuten frühfunktionell beübt werden können und sollen, ohne dass eine sekundäre Dislokation der Fraktur zu befürchten ist. Kritisch bleibt hier sicherlich anzumerken, dass eine derart zeitintensive Nachbehandlung wie in dieser Studie vorgestellt für den alltäglichen Praxisbetrieb aus Kosten- und Zeitgründen nicht umsetzbar erscheint. Trotzdem darf man aber auch in Zeiten der Entwicklung neuer Implantate zur Stabilisierung von proximalen Humerusfrakturen die Tatsache nicht aus den Augen verlieren, dass die konservative Frakturbehandlung am Humeruskopf weiterhin einen wesentlichen Stellenwert hat und vor allem unter einer konsequenten frühfunktionellen Behandlung damit auch gute Ergebnisse zu erzielen sind.

OA Dr. Philip Gierer

#

OA Dr. Philip Gierer

Chirurgische Klinik und Poliklinik der Universität Rostock

Abteilung für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie

Schillingallee 35

18055 Rostock

#

OA Dr. Philip Gierer

Chirurgische Klinik und Poliklinik der Universität Rostock

Abteilung für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie

Schillingallee 35

18055 Rostock