Der Klinikarzt 2008; 37(1): 49
DOI: 10.1055/s-2008-1044417
Blickpunkt

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Rezidiv-, Erst- und Induktionstherapie - Multiples Myelom: Hohe Ansprechqualität und verlängertes Überleben

Further Information

Publication History

Publication Date:
18 February 2008 (online)

 
Table of Contents

Ein großes Potenzial bescheinigen Experten der Chemotherapie mit Bortezomib beim multiplen Myelom - angefangen bei einer hohen Ansprechqualität im Rahmen der Rezidivtherapie, die mit einem lang anhaltenden klinischen Nutzen einhergeht [6], [8].

#

Rezidive frühzeitig und ausreichend lange therapieren

"Im Rahmen der Phase-III-Studie APEX[1] erzielte die Bortezomibtherapie bei ein- bis dreimal vorbehandelten Patienten mit 43 % kompletten und partiellen Remissionen höhere Ansprechraten als Dexametason mit 18 %", berichtete PD Guido Kobbe, Düsseldorf. "16 % der mit Bortezomib behandelten Patienten erreichten sogar eine komplette oder nahezu komplette Remission."

Dass es genau diese Patienten sind, die besonders lange von der Behandlung mit Bortezomib profitieren, dokumentierte Kobbe an einer Folgeauswertung der Studie mit einer Nachbeobachtungszeit von 22 Monaten. Zeigten die Patienten eine komplette Remission, war das behandlungsfreie Intervall deutlich länger als bei solchen mit nur partieller Remission (17,5 versus 6,7 Monate). Die Zeit bis zur Progression verlängerte sich um fast vier auf 12,2 Monate.

Demnach sollte die Bortezomibtherapie ausreichend lange erfolgen, meinte Kobbe, um den maximalen Behandlungserfolg zu gewährleisten. Dafür spricht auch ein weiteres Studienergebnis [7]: Denn obwohl die Patienten im Median schon nach 1,4 Monaten auf die Therapie ansprachen, erfolgte die maximale Reduktion des M-Proteins - ein von den Myelomzellen gebildetes Immunglobulin ohne Antikörperfunktion - bei 20 % der Responder erst im achten Therapiezyklus oder später.

Aber auch ein frühzeitiger Beginn der Behandlung mit Bortezomib scheint wichtig zu sein: Patienten, die nur eine Vortherapie erhalten hatten, sprachen sogar zu 51% auf Bortezomib an [7].

#

Überlebensvorteile in der Mono- und der Kombinationstherapie

Interessanterweise war in der APEX-Studie zum ersten Mal für eine Monotherapie ein Überlebensvorteil gegenüber hoch dosiertem Dexamethason zu sehen (29,8 versus 23,7 Monate; p = 0,0272; 8). "Dabei ist hervorzuheben, dass 62 % der Patienten des Dexamethasonarms bei Progress auch Bortezomib erhalten hatten, jedoch im ursprünglichen Arm erfasst blieben", berichtete Kobbe.

Ein verlängertes progressionsfreies und Gesamtüberleben ist jedoch auch bei dem Einsatz von Bortezomib in der Kombination mit anderen Substanzen möglich. So erhöhte sich zum Beispiel das mediane progressionsfreie Überleben unter einer Kombinationstherapie aus Bortezomib und pegyliertem liposomalen Doxorubicin (off-label) im Vergleich zur Bortezomibtherapie von 6,5 auf 9,3 Monate. Die Remissionsraten (komplett und partiell) betrugen in dieser Studie unter der Kombinationstherapie 52 %, während 44 % der Patienten eine Remission erreichten, die nur Bortezomib erhielten [1].

#

Bortezomibstudien außerhalb der derzeit zugelassenen Indikationen

Ersttherapie nicht transplationsgeeigneter Patienten über 65 Jahre

Zusammen mit dem bisherigen Goldstandard Malphalan/Prednison erzielte Bortezomib in einer Phase-I/II-Studie eine Remissionsrate von 89 %. Bei den übrigen 11 % der Patienten kam es immerhin zu einem Stillstand der Erkrankung [4]. Die Zeit bis zur Progression betrug 27,2 Monate, wie jetzt eine neue Auswertung der Daten mit einer Nachbeobachtungszeit von im Median 26 Monaten dokumentiert. Das Gesamtüberleben zu diesem Zeitpunkt betrug 85 % und liegt damit deutlich höher als im historischen Vergleich unter der alleinigen Therapie mit Melphalan und Prednison [5].

Induktionstherapie vor einer Stammzelltransplantation bei neu diagnostizierten Patienten

Positive Resultate für die Applikation von Bortezomib zusammen mit Dexamethason gibt es auch für die Induktionstherapie vor einer Stammzelltransplantation bei neu diagnostizierten Patienten. Denn hier war die Bortezomib-Dexamethason-Therapie der Behandlung mit Vincristin, Adriamycin und Dexamethason überlegen (VAC; [2]): Die bortezomibhaltige Kombinationstherapie konnte die Raten der kompletten und partiellen Remissionen mehr als verdoppeln (9 versus 20 %), die Gesamtansprechrate wiederum stieg von 67 auf 82%.

Aber auch die alternierende Gabe von Bortezomib und Dexametason kann als Induktionstherapie bei einer Stammzelltransplantation bei jüngeren Patienten nützlich sein [9]. Damit konnte eine Ansprechrate von 64% erreicht werden, wobei 12% der Patienten eine komplette Remission und 10% eine sehr gute partielle Remission erreichten. Die Therapie wurde gut vertragen und es war möglich, bei allen Patienten genügend Stammzellen zu gewinnen.

#

Positiver Einfluss auf den Knochenstoffwechsel

Bei all diesen vielversprechenden Ergebnissen habe die Therapie mit Bortezomib einen weiteren Vorteil gegenüber anderen Substanzen, konstatierte Prof. Orhan Sezer, Berlin. Denn der Wirkstoff beeinflusst nicht nur die Myelomzellen selbst, sondern auch den krankhaft veränderten Knochenstoffwechsel [3], [10]. "Bortezomib hemmt zum einen die gesteigerte Oseoklastenaktivierung beim multiplen Myelom und stimuliert zusätzlich die Ostoblastenfunktion", so Sezer. "Bislang ist Bortezomib die einzige Substanz, für die diese Aktivität nachgewiesen werden konnte."

Quelle: Pressemeldung "Aktuelle Entwicklungen in der Myelomtherapie mit Velcade® (Bortezomib: Hohe Ansprechqualität und verlängertes Überleben", herausgegeben von der Ortho Biotech Division of Janssen-Cilag GmbH, Neuss

#

Literatur

  • 01 Harousseau JL . et al . ASCO. 2008;  abstract #8002
  • 02 Harousseau JL . et al . Blood (ASH Annual Meeting Abstracts). 2006;  108: abstract #56
  • 03 Heider U . et al . Eur J Haematol. 2006;  77 (3) 233-238
  • 04 Mateos M . et al . Blood. 2006;  108 (7) 2165-2172
  • 05 Mateos M . et al . EHA. 2008;  abstract #0404
  • 06 Niesvizky R . et al . Blood (ASH Annual Meeting Abstracts). 2006;  108: abstract #3529
  • 07 Richardson P . et al . EHA. 2006;  abstract #0224
  • 08 Richardson PG . et al . Blood. 2008;  110 (10) 2557-2560
  • 09 Rosinol L . et al . ASCO. 2008;  abstract #8024
  • 10 von Metzler. et al . Leukemia. 2008;  21 (9) 2025-2034

1 Assessment of Proteasome inhibition for EXtending remissions

#

Literatur

  • 01 Harousseau JL . et al . ASCO. 2008;  abstract #8002
  • 02 Harousseau JL . et al . Blood (ASH Annual Meeting Abstracts). 2006;  108: abstract #56
  • 03 Heider U . et al . Eur J Haematol. 2006;  77 (3) 233-238
  • 04 Mateos M . et al . Blood. 2006;  108 (7) 2165-2172
  • 05 Mateos M . et al . EHA. 2008;  abstract #0404
  • 06 Niesvizky R . et al . Blood (ASH Annual Meeting Abstracts). 2006;  108: abstract #3529
  • 07 Richardson P . et al . EHA. 2006;  abstract #0224
  • 08 Richardson PG . et al . Blood. 2008;  110 (10) 2557-2560
  • 09 Rosinol L . et al . ASCO. 2008;  abstract #8024
  • 10 von Metzler. et al . Leukemia. 2008;  21 (9) 2025-2034

1 Assessment of Proteasome inhibition for EXtending remissions