Der Klinikarzt 2008; 37(1): 46
DOI: 10.1055/s-2008-1044414
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"Das bringt uns voran" - Erste nichtinvasive PCA fördert die Prozessoptimierung in der postoperativen Schmerztherapie

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18 February 2008 (online)

 
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"Wir haben riesige Probleme in der Schmerztherapie", kritisierte Prof. Leopold Eberhart, Marburg. "Uns stehen zwar hochpotente Analgetika zur Verfügung, aber die Arbeitsprozesse im Krankenhaus lassen sich häufig gar nicht so gut organisieren, dass der Patient zur richtigen Zeit die richtige Menge an Schmerzmitteln bekommt", konstatierte Eberhart.

Dabei liegt die Schuld nicht allein bei den betreuenden Ärzten und Pflegekräften - beispielsweise bei fehlenden oder unklaren Anweisungen zur postoperativen Analgesie, einer fehlenden Schmerzdokumentation oder den Hemmnissen durch rechtliche bzw. lokal getroffene Regelungen. "Viele Patienten melden sich nicht, weil sie sehen, dass Ärzte und Pfleger am Limit arbeiten", erklärte Eberhart. Und für viele gehöre der Schmerz einfach zu dem Eingriff dazu.

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Lösung liegt in der patientenkontrollierten Analgesie

Eberhart plädierte daher für eine patientenkontrollierte Analgesie (PCA) bei möglichst vielen geeigneten Patienten, denn nur damit ließen sich analgetische Lücken sicher schließen. Konventionelle PCA-Systeme hätten aber ihre kleinen Tücken: Schon ihr Aufbau dauere seine Zeit, dazu kämen Reinigung, Wartung und Schulungsmaßnahmen, und auch Zeit sei Geld. Zudem werde das System von Hand programmiert, was die Gefahr von Bedienungsfehlern berge. "Fast alle Komplikationen im Rahmen einer intravenösen patientenkontrollierten Analgesie beruhen auf solchen Programmierfehlern", konstatierte Eberhart.

Auch eine schnelle Mobilisation der Patienten ist mit den oft relativ kompakten und unhandlichen PCA-Pumpsystemen mit "Strippen, Schläuchen und dem Infusionsständer" eher schwierig, meinte Eberhart. Daher eignen sich solche Systeme auch nur bedingt zum Einsatz im Rahmen eines Fast-track-Konzepts, bei dem eine schnelle postoperative Mobilisierung der Patienten noch mehr Gewicht hat als bei konventionellen Eingriffen.

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Analgesie auf Knopfdruck - ohne Nadeln und Schläuche

Eine Alternative bietet jetzt die erste nichtinvasive PCA mit Ionsys®. Dabei erfolgt die Applikation des Analgetikums mittels einer "Iontrophorese": Über ein nicht wahrnehmbares schwach elektrisches Feld gelangt Fentanyl aktiv durch die Haut in den Blutkreislauf. Größter Vorteil dieses Systems, das nicht größer ist als eine Scheckkarte, ist seine unkomplizierte Anwendung. Pro Stunde kann der Patient maximal sechs Bedarfsdosen Fentanyl à 40 µg abrufen, Dosierungs- und Programmierfehler sind so praktisch ausgeschaltet.

Dabei ist das nichtinvasive PCA-System ebenso effektiv und verträglich wie die intravenöse Variante mit Morphin. Dies dokumentieren klinische Studien mit insgesamt über 2500 Patienten mit mittelstarken bis ausgeprägten postoperativen Schmerzen nach größeren Eingriffen, wie zum Beispiel ein Hüftgelenksersatz oder Hysterektomien [2], [5].

Am besten eignet sich das iontophoretische System nach Meinung Eberharts für junge, mobile Patienten - "ausgewählte Patienten, die besonders von einer hohen Mobilität profitieren" - und für den Spitzenbedarf. "Müssen die Patienten jedoch sowieso im Bett liegen, würde ich eher ein konventionelles System einsetzten."

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Pflegepersonal und Patienten geben gute Noten

Insgesamt bindet das iontrophoretische System deutlich weniger personelle Ressourcen als andere analgetische Konzepte und ermöglicht eine signifikante Zeitersparnis für das Pflegepersonal [3], [4], damit brachte Tilo Koch, Anästhesiepfleger aus Marburg, die Erfahrungen aus der Pflege auf den Punkt. Dementsprechend positiv fiel auch das Votum des Pflegepersonals aus, das das System gerne häufiger einsetzen würde.

Beste Noten vergeben auch die behandelten Patienten. Mit Ionsys® erfuhren signifikant mehr Patienten eine "ausgezeichnete" Schmerzkontrolle als mit einer konventionellen PCA, und etwa gleich viele Patienten beurteilten die Schmerzkontrolle mit beiden Methoden als "gut" oder "ausreichend" [2], [5].

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Prozesskosten sind vergleichbar, Arbeitsbelastung sinkt

Dass sich mit einem solchen, vergleichsweise einfachen System zur Schmerzkontrolle tatsächlich die Arbeitsprozesse im Krankenhaus optimieren lassen, belegen inzwischen zwei "Prozessoptimierungsstudien" - eine davon stammt aus Marburg [1].

"Natürlich sind die Materialkosten für das iontophoretische System vergleichsweise hoch", meinte Eberhart. Aber: Über die beobachtete durchschnittliche Behandlungsdauer von 1,5 Tagen sind die Kosten beider Systeme vergleichbar, konterte Stefan Nardi-Hiebl, Erlangen, mit den Ergebnissen der Prozessoptimierungsstudien. Zum einen resultiert dies aus deutlich geringeren Personalbindungskosten, zum anderen durch die deutliche Reduktion der notwendigen, einzelnen Prozessschritte. Darüber hinaus haben sich in Marburg die Liegezeiten der Patienten reduzieren lassen - "für mich ein 'Abfallprodukt' der postoperativen Qualitätsoptimierung", so Eberhart.

sts

Quelle: Pressegespräch "Neue Technologie in der post-operativen Schmerztherapie - Ionsys® fördert Prozessoptimierung im Krankenhaus" im Rahmen der MEDICA 2007, veranstaltet von der Janssen-Cilag GmbH, Neuss

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Literatur

  • 01 Eberhart L . et al . Deutscher Anästhesiekongress. 2008;  Poster PO 2.5.10
  • 02 Grond S . et al . Br J Anaest. 2008;  98 (6) 806-815
  • 03 Hartrick CT . et al . Reg Anesth Pain Med. 2006;  31 (6) 546-554
  • 04 Minkowitz HS . et al . Pain Med. 2008;  8 (8) 657-658
  • 05 Viscusi ER . et al . Poster präsentiert auf dem ESA Madrid.  2006; 
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Literatur

  • 01 Eberhart L . et al . Deutscher Anästhesiekongress. 2008;  Poster PO 2.5.10
  • 02 Grond S . et al . Br J Anaest. 2008;  98 (6) 806-815
  • 03 Hartrick CT . et al . Reg Anesth Pain Med. 2006;  31 (6) 546-554
  • 04 Minkowitz HS . et al . Pain Med. 2008;  8 (8) 657-658
  • 05 Viscusi ER . et al . Poster präsentiert auf dem ESA Madrid.  2006;