Chronisch vegetierende Pyodermie Azúa mit monoklonaler Gammopathie unklarer Signifikanz
Chronisch vegetierende Pyodermie Azúa mit monoklonaler Gammopathie unklarer Signifikanz
G. Hansel, U. Schadeberg
Eine 46-jährige Patientin stellt sich mit einem seit Febuar 2007 bestehenden und progredienten
Ulcus an der Dorsalseite des rechten Unterschenkels vor. In einem auswärtigen Krankenhaus
war die Wunde nach diagnostischer Sicherung als Pyoderma gangraenosum gewertet worden.
Eine Lokalbehandlung mit Steroiden und Desinfizenz sowie Kompressionsbandagierung
hatten zu einer deutlichen Besserung des Lokalbefundes geführt. Später war die Wunde
abgeheilt. Einige Wochen darauf war ein neues Ulcus direkt über der Ferse entstanden.
Hautbefund: An der Dorsalseite des rechten Unterschenkels fand sich unmittelbar im Bereich der
Achillessehne ein lividrotes bis bräunliches papillomatös schwammiges Areal mit Ulzerationen,
Fistulationen und entzündlichem Randsaum. Auf Druck entleerte sich stellenweise Pus
aus den Fisteln. Proximal davon bestand ein flaches, partiell abgeheiltes fistelnd
erodiertes Areal ([Abb. 1 ]).
Abb. 1 Chronisch vegetierende Pyodermie Azúa.
Laborbefunde: CRP 26,4 mg/l, α2 -Globulin 12,5 %, γ-Globulin 20,8 %, IgG 16,2 g/l, ASAT 0,82 μkat/l, ALAT 1,22 μkat/l,
LDH 4,80 μkat/l, Albumine 53,1 %. In Serum und Urin wurde monoklonales IgG Typ Kappa
nachgewiesen.
Mikrobiologische Untersuchung Wundabstrich: Hautnormalflora; Gewebestückchen: kulturell steril; Tb-Kultur vom Gewebestückchen
negativ.
Mykologische Untersuchung Wundabstrich: mikroskopisch keine Pilzelemente, Kultur steril; Gewebestückchen: Kultur negativ.
Histologie Haut: Mäßige bis schwere granulierende, abszedierende und phlegmonöse Dermatitis mit pseudoepitheliomatöser
Epidermishyperplasie.
Knochenmarkpunktion: Normalbefund.
Bildgebende Diagnostik: Steatosis hepatis, geringgradige Splenomegalie sowie Cholezystolithiasis.
Therapie und Verlauf: Unter konsequenter Feuchtbehandlung der Wunden mit Octenidinhydrochlorid-(Octenisept®)Lösung
und Therapie mit 0,7 mg Prednisolon/kg KG kam es zu einer deutlichen Befundbesserung.
Die Kortisondosis wurde im weiteren Verlauf langsam auf eine Erhaltungsdosis von 5
mg täglich reduziert. Wegen eines Rezidivs erfolgte die Wiederaufnahme bei fistelndem
Wundareal am Malleolus medialis rechts. Erneut besserte sich der Befund unter Lokalbehandlung
mit Octenidinhydrochlorid-Lösung. Es erfolgte eine systemische Therapie mit Rifampicin
300 mg 2 × tgl. für 8 Wochen. Darunter stellte sich eine Defektheilung mit postinflammatorischer
Hyperpigmentierung ein.
Kommentar: Chronisch vegetierende Pyodermien sind abszedierende Entzündungen unklarer Ätiologie.
Es werden 3 Formen unterschieden: der ulzeröse, der verruköse und der papillomatöse
Typ. Letzterer wurde 1894 erstmals als chronisch vegetierende Pyodermie von Azúa beschrieben.
Oft, jedoch nicht immer, lassen sich in den Wunden Staphyloccocus aureus, Streptokokken
oder Enterokokken nachweisen, deren Rolle in der Pathogenese der Erkrankung jedoch
umstritten ist. Das Auftreten dieser Pyodermien wird bei Patienten mit Immunsuppression
aber auch bei primärer oder sekundärer Immundefizienz beobachtet. Häufig gehen dem
Auftreten der Wunden banale Hautinfektionen oder Traumen voraus. Klinisch sehen wir
auf lividroten Infiltraten Pustulationen, kleinere und größere Nekrosen und Ulzerationen,
Unterminierungen, Fisteln und Gänge sowie verruziforme und papillomatöse Vegetationen
[1]. Im histologischen Befund imponieren eine pseudoepitheliomatöse Hyperplasie und
dermale, phlegmonöse Abszesse. Je nach mikrobiologischem Untersuchungsbefund sollte
eine gezielte antibiotische Therapie mit Kortikosteroiden oder/und anderen Immunsuppressiva
kombiniert werden. Eine alleinige Antibiose führt in der Regel nicht zur Abheilung.
Für die lokale Behandlung haben sich desinfizierende Lösungen (feuchte Umschläge)
bewährt. Eine chirurgische Abtragung der Vegetationen ist möglich, jedoch nicht immer
erfolgreich. Der Einsatz von TNF-alpha-Hemmern kann im Einzelfall erwogen werden [2].
Differenzialdiagnostisch ist an tiefe Mykosen, Aktinomykose, Nokardiosen zu denken
[3]. Die klare Abgrenzung zum Pyoderma gangraenosum ist schwierig und im Einzelfall
nicht immer möglich.
Literatur
1 Armbruster M, Schimmer M, Sander CA. Chronisch vegetierende Pyodermie Typ Azúa bei Plasmozytom Typ IgA/kappa. J Dtsch Derm
Ges 2007; 5: 89
2 Carrera C, Mascaró JM Jr, Moreno-Romero JA, Iranzo P, Palou J, Zamora E, Herrero C.
Pyoderma vegetans associated with severe psoriatic arthritis: good response to etanercept.
Dermatology 2007; 214: 77 - 81
3 Dissemond J, Körber A, Grabbe S. Differentialdiagnosen des Ulcus cruris. J Dtsch Derm Ges 2006; 4: 627 - 634
Dermatomyositis mit nur passagerer Myositis und sekundärer Amyloidose
Dermatomyositis mit nur passagerer Myositis und sekundärer Amyloidose
K. Hasenöhrl, G. Rahmig, C. Herrman, J. Schönlebe
Seit 16 Jahren leidet die 36-jährige Patientin unter rötlichen Flecken der Haut, welche
bisher als Morphea eingeordnet wurden. Zusätzlich klagt sie über Missempfindungen
und Schwäche der Muskulatur der Extremitäten. Eine Verschlechterung durch Sonne wird
verneint. Eine Raynaud-Symptomatik besteht nicht.
Hautbefund: Es fanden sich an den Streckseiten der Oberarme und an den Oberschenkeln braunrote,
konfluierende Erytheme, teilweise auch diskrete Infiltrate ([Abb. 2 ]). An den Fingerrücken der rechten Hand konnte man angedeutet Gottronsche Papeln
erkennen. Im Gesicht bestand ein diffuses Erythem, welches sich diskret auch auf die
Kopfhaut fortsetzte.
Abb. 2 Amyotrope Dermatomyositis.
Laborbefunde: Leukozyten 25/μl, ANA: positiv 1 : 320, Smooth-Muscle-AK positiv 1 : 320.
Histologie (Oberschenkel rechts): Nachweis kutaner, schwach Zytokeratin 5/6-positiver Amyloidablagerungen im Papillarkörper
entsprechend einer atypischen kutanen Amyloidose.
Bildgebende Diagnostik: unauffällig.
EKG: Normalbefund.
Therapie und Verlauf: Hydroxychloroquin (Quensyl®) 200 mg tgl. Darunter Abklingen der Muskelschwäche, jedoch
bislang keine Regression der Hautveränderungen.
Kommentar: Die Dermatomyositis ist mit einer Inzidenz von < 1 : 100 000 eine relativ seltene
Haut-Rheuma-Erkrankung. Eine Beteiligung von Virusinfektionen wird diskutiert. Die
Autoimmunpathogenese wird durch das Vorhandensein von spezifischen AK und der kutanen
Immunpathologie belegt [1, 2].
Obwohl die Kombination von Dermatitis und Myositis namensgebend und charakteristisch
für die Erkrankung ist, existiert auch eine amyopathische Verlaufsform ähnlich wie
bei unserer Patientin im weiteren Verlauf.
Bemerkenswert ist, dass sich bei dieser milderen Verlaufsform eine sekundäre Amyloidose
manifestiert hat. In der internationalen Literatur sind in den letzten Jahrzehnten
nur sporadisch derartige Konstellationen beschrieben worden [3]. Die Dunkelziffer
ist möglicherweise höher. Als Konsequenz empfehlen wir die Suche nach einer kutanen
Amyloidose auch dann, wenn es sich klinisch eindeutig um eine rein amyotrophe Dermatomyositis
handelt.
Aufgrund der alleinigen kutanen Beteiligung unserer Patientin ohne Myositis entschieden
wir uns für die Behandlung mit Hydroxychloroquin als Basistherapeutikum.
Literatur
1 Dourmishev LA, Wollina U, Hipler U-C, Peytcheva V. Myositis-specific and myositis-associated autoantibodies in dermatomyositis and polymyositis.
Clin Appl Immunol 2006; 5: 553 - 557
2 Dourmishev LA, Wollina U. Dermatomyositis: immunopathologic study of skin lesions. Acta Dermatovenereol APA
2006; 15: 45 - 51
3 Horiguchi Y, Mitani T, Danno K, Ozaki M, Fine JD, Leigh IM, Imamura S. Extensive variant of cutaneous amyloidosis: report of a case with electron-microscopic
and immunohistochemical studies of the basement membrane zone at sites of amyloid
production. Dermatology 1992; 185: 181 - 189.
Ulzerationen der Füße als Erstmanifestation eines Diabetes mellitus
Ulzerationen der Füße als Erstmanifestation eines Diabetes mellitus
D. Langner, U. Schadeberg
Seit Ende Dezember 2007 bemerkte der 53-jährige Patient Blasen an den Großzehenballen,
aus denen sich schmierig belegte, flache Ulzerationen mit einem sekundären Erysipel
der Unterschenkel entwickelten. Eine Psoriasis vulgaris war bekannt.
Hautbefund: Es zeigten sich an den Großzehenballen und der Plantarseite der Großzehen beidseits
flache, schmierig belegte Ulzerationen (re 7 × 6 cm, li 9 × 7 cm) mit randständigen
Blasenresten. Die Unterschenkel und die Füße beidseits waren diffus gerötet, geschwollen
und überwärmt. Nebenbefundlich waren an den unteren Extremitäten einzelne flache,
infiltrierte, nummuläre Psoriasisherde auffällig ([Abb. 3 ]).
Abb. 3 Diabetisches Fußsyndrom, initial unter dem Bild einer Blasenbildung.
Laborbefunde: CRP 145.4 mg/l, Leukozyten 13.07 Gpt/l, Thrombozyten 355 Gpt/l, LDH 4.69 μkat/l,
Glukose im Serum 26.0 mmol/l, HbA1c 13.0 %.
Mykologie Abstrich vom Zehenzwischenraum: Candida parapsilosis sehr viel, Trichosporon cutaneum sehr viel.
Mikrobiologie Abstrich vom Ulcus: Acinetobacter baumanii/calcoaceticus: mäßig viel, Enterobacter cloacae und Staphylococcus
aureus: viel, β-hämolysierende Streptokokken - Mengeneinschätzung nicht möglich, Hautnormalflora:
viel. Resistenz sensibel ggü. Ampicillin/ Sulbactam.
Bildgebende Diagnostik: Erhebliche Großzehengrundgelenksarthrose beidseits, rechts ausgeprägter als links
mit deutlicher Weichteilschwellung in diesem Bereich, sonst unauffällig.
ENG und EMG: Elektrophysiologisch deutlich schwere demyelinisierende Polyneuropathie.
Augenärztliches Konsil: Ophthalmologischer Normalbefund.
Therapie und Verlauf: Es wurde eine systemische Antibiose mit Ampicillin/Sulbactam (Unacid®) über 7 Tage
vorgenommen. Nach initialer lokaler Wundbehandlung mit Octenisept®-Feuchtumschlägen
wechselten wir im Verlauf auf Pasta argenti nitrici 1 % Standardrezeptor (SR) und
führten eine Kompressionsbandagierung durch. Auf Empfehlung des Neurologen erfolgte
aufgrund der Polyneuropathie eine intravenöse Therapie mit Thioctacid 600 über 14
d, welche bei Entlassung auf orale Gabe umgestellt wurde. Unter engmaschigen Blutzuckerkontrollen
erfolgte eine Insulineinstellung, sodass bei Entlassung eine normoglykämische Stoffwechsellage
bestand. Innerhalb von 3 Wochen heilten die Ulzerationen komplett ab.
Kommentar: Die ätiologisch entscheidenden Faktoren für die Entwicklung der diabetischen Fußulzera
sind die diabetische Polyneuropathie und die Makroangiopathie. Die klassische diabetische
sensomotorische Polyneuropathie beginnt bevorzugt distal an den unteren Extremitäten
und ist in der Regel symmetrisch ausgeprägt. Die motorische Innervationsstörung führt
zu einer Muskelatrophie und Verkürzung der Fußbinnenmuskulatur (intrinsische Muskulatur)
mit Ausbildung von Hammer- bzw. Krallenzehen.
Dermatologische Symptome können auf einen bisher unerkannten Diabetes mellitus hinweisen,
wie in unserem Fall [1]. Deshalb ist es unverständlich, dass im Disease Management
Programme Diabetes eine regelhafte dermatologische Beteiligung nicht vorgesehen ist.
Dies ist nachteilig für Patienten und untergräbt Möglichkeiten der Sekundärprophylaxe.
Literatur
1 Köstler E, Porst H, Wollina U. Cutaneous manifestations of metabolic diseases: uncommon presentations. Clin Dermatol
2005; 23: 457 - 464
Keratosis palmoplantaris transgrediens et progrediens (Greither)
Keratosis palmoplantaris transgrediens et progrediens (Greither)
C. Krönert, J. Heinze
Bei dem 5-jährigen Jungen bestehen seit dem Säuglingsalter progrediente ekzemartige
Hautveränderungen an beiden Händen. Zudem fällt eine deutliche palmoplantare Hyperhidrose
auf. In der Familie traten bisher keine vergleichbaren Hautveränderungen auf.
Hautbefund: An Handflächen und Fußsohlen finden sich rötlich-gelbliche Keratosen mit diskreter
Schuppung mit einem Übergreifen auf Handgelenk und Fingerstreckseiten, jedoch ohne
Befall von Ellenbogen, Knöchel oder Knie ([Abb. 4 ]). Im Erlanger Atopie-Score nach Diepgen werden 4 Punkte erreicht.
Abb. 4 Morbus Greither: Flächiges Palmarerythem mit geringgradiger Hautverdickung, transgrediente
Ausdehnung.
Laborbefunde: Mykologisches Nativpräparat und Kultur negativ.
Therapie: Lokalbehandlung mit keratolytischen (harnstoff- und salicylsäurehaltigen) und pflegenden
Externa, beispielsweise 5 - 10 %-ige Salicylvaseline und Ungt. acidi lactici 0,4 %
WILSR.
Kommentar: Die hereditären Palmoplantarkeratosen (PPK) stehen den differentialdiagnostisch zu
trennenden symptomatischen Formen (infektiös, toxisch, endokrinologisch) gegenüber.
Im vorliegenden Fall handelt es sich nach klinischem Befund und Anamnese am ehesten
um die 1952 erstmals von Greither beschriebene Keratosis extremitarum hereditaria
transgrediens et progrediens dominans [2]. Ursächlich liegt eine Mutation im Keratin
1 zugrunde [1]. Diese seltene PPK manifestiert sich vorwiegend im ersten Lebensjahrzehnt
mit dem symmetrischen Auftreten von papulösen bis flächenhaften, weißgrauen Keratosen
mit lividrotem Rand palmoplantar, die im Verlauf auf Hand- und Fußrücken, Fersen,
Knie und Ellenbogen übergreifen können. Typisch ist eine begleitende Hyperhidrose.
Die Progredienz sistiert meist in der 4. Dekade und es schließt sich eine Rückbildung
der Erkrankung an. Die Symptomausprägung innerhalb der Familie kann sehr variabel
sein [1, 3].
Die Therapie erfolgt symptomatisch keratolytisch mit Salicylsäure-, Urea- oder Vitamin-A-Säure-haltigen
Externa, durch mechanische Abtragung und bei ausgeprägten Formen ggf. mit oralen Retinoiden.
Allerdings sind die Therapieerfolge mit Retinoiden leider meist nicht überzeugend,
da die sich einstellende Vulnerabilität der Haut größere Probleme als die Hyperkeratosen
verursachen kann.
Literatur
1 Gach JE, Munro CS, Lane EB, Wilson NJ, Moss C. Two families with Greither’s syndrome caused by a keratin 1 mutation. J Am Acad Dermatol
2005; 53: 225 - 230
2 Greither A. Keratosis extremitarum hereditaria transgrediens et progrediens mit dominatem Erbgang.
Hautarzt 1952; 3: 198 - 203
3 Wollina U, Knopf B, Schaaschmidt H, Frille I. Familiäre Koexistenz von Erythrokeratodermia variabilis und Keratosis palmoplantaris
transgrediens et progrediens. Hautarzt 1989; 40: 169 - 172
Polyzyklische Erytheme bei Mycosis fungoides unter Bexarotentherapie
Polyzyklische Erytheme bei Mycosis fungoides unter Bexarotentherapie
A. Koch, D. von Jagow
Seit dem Frühjahr 2001 besteht bei der 76-jährigen Patientin eine Mycosis fungoides
(Mf) im Patchstadium. In den folgenden drei Jahren konnte durch Photochemotherapie
(Bade- & Creme-PUVA) und topische Glukokortikoide ein stabiler Befund erhalten werden.
Im Jahr 2005 entwickelten sich zusehends stärker infiltrative Plaques. Wir begannen
eine systemische Behandlung mit Bexaroten (Targretin®), die jedoch von der Patientin
nicht fortgeführt wurde. Daraufhin setzten wir bei Progress der Erkrankung Methotrexat
in Dosen von 10 - 25 mg pro Woche ein. In den folgenden Monaten waren neben der Entwicklung
von kutanen Tumoren auch ein Organbefall durch das Lymphom verdächtigt worden. So
erfolgte im Juli 2006 eine partielle Parotidektomie links. Histologisch wurden Infiltrate
der bekannten Mf vermutet. Intermittierend wurden einige Tumoren mittels Weichstrahlröntgentherapie
erfolgreich behandelt. Bei Verschlechterung des Lokalbefundes und in Absprache mit
der Patientin entschlossen wir uns im Mai 2007 erneut zur Einstellung auf Bexaroten,
wobei nach gutem Ansprechen eine Dosisreduktion auf 2 - 3 Kapseln pro Tag durchgeführt
werden konnte. Nach einer psychischen Stresssituation im Oktober 2007 entwickelten
sich ausgedehnte erythematöse, teils gyrierte Herde am gesamten Integument bei begleitender
Minderung des Allgemeinzustandes.
Hautbefund: Es fanden sich oberflächlich erodierte Plaques auf dem Rücken und an der rechten
Flanke sowie weniger stark infiltrative Plaques und Maculae am übrigen Integument
mit rötlichen urtikariellen gyrierten Herden bis 20 cm Größe ([Abb. 5 a ]). Teilweise zeigten sich die Hautveränderungen nässend. Tumoröse Efflereszenzen
konnten nicht nachgewiesen werden. Zervikal links fielen narbige Residuen mit Erythemen
und atrophen Arealen auf.
Abb. 5 a Polyzyklische Erytheme unter Bexaroten-Therapie. b Histologie zu Abb. 5 a : Unspezifisches perivaskuläres Infiltrat. HE, × 10.
Laborbefunde: Löslicher Interleukin-2-Rezeptor 5074 U/ml, Hypalbuminämie 45,9 %.
Histologie (aus polyzyklischem Erythem am Abdomen): Mitteldichtes oberflächlich perivaskulär lokalisiertes, betont lymphomonozytoides-histiozytäres
Infiltrat mit Beimengungen von Mastzellen und zahlreichen eosinophilen Granulozyten.
Ausgewogenes Verhältnis von CD4- zu CD8-positiven Lymphozyten. Am ehesten reaktiv
entzündliche Veränderungen, keine Lymphominfiltrate ([Abb. 5 b ]).
Bildgebende Diagnostik: Harnstauungsniere links, Leberhämangiom. Inguinal multiple vergrößerte Lymphknoten
bis 19 mm, Struktur weitestgehend erhalten. Axillär kein Nachweis auffälliger Lymphknoten.
Therapie und Verlauf: Unter lokaler Therapie mit Betamethason-V-Creme 0,1 % NRF und begleitender UVB 311-nm-Bestrahlung
kam es innerhalb weniger Tage zur Rückbildung der generalisierten Hauterscheinungen.
Zurück blieben lediglich die typischen Effloreszenzen der bekannten Mycosis fungoides.
Kommentar: Das Rexinoid Targretin® (Bexaroten) ist ein wirksames Therapeutikum bei Mf. Als klassische
Nebenwirkungen sind eine Hypertriglyceridämie, Hypothyreose und Abgeschlagenheit zu
verzeichnen [3]. Die Stoffwechselveränderungen werden mit Fenofibrat und L-Thyroxin
behandelt [1].
Eine seltenere Nebenwirkung stellt das akut einsetzende Erythem dar [2, 3]. Wie in
unserem Fall entwickeln sich rasch aufschießende Erytheme und Infiltrate, die histologisch
kein spezifisches Substrat aufweisen. Möglicherweise ist diese Nebenwirkung mit einem
guten Ansprechen der Tumore auf Bexaroten assoziiert [2]. Die Therapie mit Bexaroten
kann fortgeführt werden.
Literatur
1 Assaf C, Bagot M, Dummer R, Duvic M, Gniadecki R, Knobler R, Ranki A, Schwandt P,
Whittacker S. Minimizing adverse side-effects of oral bexarotene in cutaneous T-cell lymphoma:
an expert opinion. Br J Dermatol 2006; 155: 261 - 266
2 Govindan R, Crowley J, Schwartzberg L, Kennedy P, Williams C, Ekstrand B, Sandler
A, Jaunakais D, Bolejack V, Ghalie R. Phase II trial of bexarotene capsules in patients with advanced non-small-cell lung
cancer after failure of two or more previous therapies. J Clin Oncol 2006; 24: 4848
- 4854
3 Lowe MN, Plosker GL. Bexarotene. Am J Clin Dermatol 2000; 1: 245 - 250
Lupus erythematodes tumidus
Lupus erythematodes tumidus
J. Runge, U. Gabsch
Eine 34-jährige Patientin stellte sich mit rezidivierenden juckenden, ekzematoiden
Hautveränderungen im Gesicht und am Dekolleté vor, weil sich die Abstände der Schübe
verkürzten. Der Patientin ist eine mögliche Provokation durch Sonne aufgefallen. Im
Jahr 2006 kamen streifige Hautveränderungen entlang der Axillen hinzu.
Hautbefund: Es fanden sich disseminiert an Wange, Kinn und Hals rötlich-livide, makulopapulöse,
girlandenartig aufgereihte Effloreszenzen ([Abb. 6 a ]). Einzelne, diskrete Papeln waren auch an Oberarmen und Rücken zu finden.
Abb. 6 a Klinisches Bild des Lupus tumidus. b Histologie zu Abb. 6 a : Muzinfärbung, × 20.
Laborbefunde: ANA positiv 1 : 80, Differenzierung negativ.
Histologie: Epidermis unauffällig mittelbreit mit orthokeratotischer Verhornung. Keine nennenswerten
hydropischen Basalzelldegenerationen. Epidermale Basalmembran zart. In allen Dermisetagen
ein teils perivaskulär, teils periadnexiell lokalisiertes, (fleckförmig) dichtes,
von Lymphozyten dominiertes entzündliches Infiltrat mit nur wenigen beigemischten
monozytoiden Zellen, Mastzellen und einzelnen neutrophilen Granulozyten. Recht ausgeprägte
Muzinablagerungen in der retikulären Dermis ([Abb. 6 b ]). Direkte Immunfluoreszenz: unspezifische Fibrinogenreaktion interstitiell intradermal.
Lichttreppe für UVA/UVB: Erhöhte UVB-Lichtempfindlichkeit.
Bildgebende Diagnostik: unauffällig.
Therapie und Verlauf: Therapie mit Hydroxychloroquin (Quensyl®) 200 mg/d intern, Betamethason-V-Creme 0,1
% NRF für den Körper und Prednicarbat (Dermatopcreme®) anfänglich für 2 Tage für das
Gesicht.
Kommentar: Der Lupus erythematodes tumidus (LET) wird als eine Sonderform des chronisch kutanen
Lupus erythematodes angesehen. Das Erkrankungsalter liegt zwischen dem 20. und 40.
Lebensjahr, Frauen sind häufiger betroffen als Männer [2, 3].
Er ist gekennzeichnet durch ein entzündliches Infiltrat in der Dermis und typischen
geröteten, urtikariaähnlichen, über dem Hautniveau liegenden Herden. Prädelektionsstellen
sind die lichtexponierten Areale wie Gesicht, Dekolleté und Arme [2 - 4]. Der LET
ist in 75 % durch UVA/UVB-Strahlung provozierbar, dies erklärt auch die verstärkte
Symptomatik in den Sommermonaten mit häufigen Rezidiven [1]. Therapeutisch ist eine
systemische Therapie mit Antimalariamitteln effektiv. Unterstützend kommen lokale
Kortikoide zur Anwendung [2, 3]. Alternativ stehen topische Calcineurininhibitoren
zur Verfügung [5]. Die Aufklärung des Patienten über den notwenigen Lichtschutz mit
UVA/UVB-Filter ist erforderlich.
Literatur
1 Kuhn A, Sonntag M, Richter-Hintz D, Oslislo C, Megahed M, Ruzicka T, Lehmann P. Phototesting in lupus erythematosus tumidus - review of 60 patients. Photochem Photobiol
2001; 73: 532 - 536
2 Kuhn A, Richter-Hintz D, Oslislo C, Ruzicka T, Megahed M, Lehmann P. Lupus erythematosus tumidus - a neglected subset of cutaneous lupus erythematosus:
report of 40 cases. Arch Dermatol 2000; 136: 1033 - 1041
3 Vieira V, Del Pozo J, Yebra-Pementel MT, Martínez W, Fonseca E. Lupus erythematosus tumidus: a series of 26 cases. Int J Dermatol 2006; 45: 512 -
517
4 Wollina U, Hansel G. The use of topical calcineurin inhibitors in lupus erythematosus: an overview. J
Eur Acad Dermatol Venereol 2008; 22: 1 - 6
1 Wollina U, Hein G. Lupus erythematoses - uncommon presentations. Clin Dermatol 2005; 23: 470 - 479
Foudroyant verlaufende pansklerotische Morphaea des Erwachsenenalters
Foudroyant verlaufende pansklerotische Morphaea des Erwachsenenalters
B. Heinig, U. Gabsch
Anamnese: Der 69-jährige Patient wurde wegen rezidivierender Tachykardien mit Vorhof-Flimmern
und nach Kardioversion mit Questimed-(Clexane®)Injektionen behandelt. Wenig später
zeigten sich erstmals sklerodermiforme Hautveränderungen. Es wurde die Umstellung
auf Phenprocoumon (Falithrom®) vorgenommen. Im Sommer 2007 wurde ein Rektumkarzinom
(Mukosakarzinom Wien 4.1) endoskopisch entfernt. Im November 2007 erfolgte die stationäre
Einweisung wegen zunehmender Hautsklerosierung mit thorakalem Engegefühl.
Hautbefund: Bei Aufnahme bot nahezu das gesamte Integument eine derbe Sklerose mit livid-entzündlicher
Randzonenreaktion. Atemexkursionen waren wegen beginnender Einmauerung des Thorax
kaum sichtbar. Die Extremitäten erschienen eingeschnürt und dadurch teilweise bewegungseingeschränkt
([Abb. 7 ]).
Abb. 7 Pansklerotische Morphaea.
Laborbefunde: CRP 11,4 mg/l, Antistreptolysin 222,0 U/ml, Quickwert 51.5 %⇓ (unter Falithrom®),
Alpha-1-Globulin 3,5 %, Alpha-2-Globulin 12,4 %. Laborchemisch kein Nachweis spezifischer
Antikörper.
Histologie: Hautexzisate von Rumpf und Oberarm ergaben die Befundkombinationen einer sklerosierenden
Dermatitis, vereinbar mit einer Sklerodermie/Morphaea. Eine zusätzlich veranlasste
Borrelien-PCR aus dem Gewebe erbrachte keine Auffälligkeiten.
Bildgebende Diagnostik: Gering verzögerte Passage des Reisbreibolus durch den Ösophagus.
Bodyplethysmographie: Keine Ventilationsstörungen, Säure-Basen-Haushalt ausgeglichen, Normoxämie.
Diffusion Single-Breath: Keine Diffusionsstörungen, keine Verteilungsstörungen.
Echokardiographie: Normale Aorten-Vorhof-Relation ohne Hinweis auf Vorhofdilatation. Linker Ventrikel
beginnend konzentrisch hypertrophiert, nicht dilatiert. Kein Hinweis auf eine diastolische
Funktionsstörung. Rechter Ventrikel nicht hypertrophiert oder dilatiert. Normale Kinetik
des LV, EF ca. 60 %. Zarte Mitral-, Aorten-, Pulmonal- und Trikuspidalklappe mit MI
1(2), minimaler AI und PI sowie TI 1(2). Keine pulmonale Hypertonie (pRVsys um 29
mmHg), kein Perikarderguss.
Therapie und Verlauf: In Anbetracht des rasch progredienten Verlaufes kam neben einem Prednisolonkurzstoß
mit 50 mg tgl. MTX mit 25 mg pro Woche zum Einsatz. Als antifibrotische Therapie wurden
Penicillin-G-Infusionen (zweimal tgl. 5 Mio. IE) über 11 Tage appliziert. Die Hautpflege
erfolgte mit Ungt. acidi lact. 0,4 % W/L SR. Darüber hinaus erhielt der Patient zweimal
täglich intensive physiotherapeutische Anwendungen mit Atemtherapie, manueller Lymphdrainage,
klassischer und Bindegewebsmassage, Gelenkmobilisation einschließlich der Rippengelenke,
Dehnungslagerungen und Kinesitherapie im PNF-Muster (propriozeptive neuromuskuläre
Fazilitation). Unter dieser Komplextherapie besserte sich die Sklerose subjektiv und
objektiv deutlich. Hautfalten wurden wieder abhebbar. Die thorakale Atemexkursion
Exspiration/Inspiration betrug bei Entlassung 4 cm über den unteren Aperturen.
Kommentar: Die Sklerodermie ist eine autoimmune Erkrankung mit lederartiger Verhärtung und Sklerose
der Haut. Zwei Hauptformen werden unterschieden: die progressiv-systemische Sklerodermie
PSS sowie die zirkumskripte Sklerodermie (Morphaea) mit lokalisierten Plaqueformationen
ohne Beteiligung viszeraler Organe [2]. Die Morphaea (M) kann wie folgt klassifiziert
werden: Plaquemorphaea, generalisierte M, bullöse M, lineare M und tiefe M [1]. Spezifische
Autoantikörper wie bei systemischer Sklerose (Centromer oder SCL-70) lassen sich bei
der M in der Regel nicht nachweisen. Antinukleäre Antikörper sind möglich, jedoch
mit niedrigerem Titer als bei systemischer Sklerose [1, 4]. Borrelieninfektionen scheinen
für die Auslösung der M keine Rolle zu spielen [2].
Als seltene Variante der M involviert die Pansklerose alle Schichten der Haut und
beteiligt subkutanes Gewebe bis hin zu Muskel-, Sehnen- und Knochenstrukturen, woraus
nicht selten Gelenkkontrakturen mit schmerzhaften Bewegungseinschränkungen resultieren.
Während die PSS eher eine Erkrankung des mittleren Lebensalters ist, wird über - auch
schwer verlaufende - Formen der M bereits im Jugendalter berichtet [5].
Zur topischen Anwendung kommen Kortikosteroide und Calcineurinhemmer. Systemisch können
antifibrotisch Penicillin und immunsuppressiv Kortikosteroide, Methotrexat oder andere
Immunsuppressiva (z. B. Azathioprin, Cyclosporin A) erwogen werden. UVA/UVA1 und PUVA
sind im Einzelfall wirksam [5]. Obligat ist ab Diagnosestellung die Einbeziehung gezielter
physiotherapeutischer Maßnahmen mit antifibrotischer/antiödematöser, hyperämisierender,
mobilisierender/funktionserhaltender und analgetischer Zielstellung in das Therapiekonzept
[3]. Die Patienten sollten psychologisch geführt werden.
Literatur
1 Bielsa I, Ariza A. Deep morphea. Semin Cutan Med Surg 2007; 26&: 90 - 95
2 Goodland JR, Davidson MM, Gordon P, Billigton R, Ho-Yen DO. Morphea and Borrelia burgdorferi: results from the Scottish Highlands in the context
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of the skin and squamous cell carcinoma. Int J Low Extrem Wounds 2007; 6: 291 - 298
Pemphigus vegetans (Hallopeau) der Kopfhaut unter dem klinischen Bild einer Tinea
capitis
Pemphigus vegetans (Hallopeau) der Kopfhaut unter dem klinischen Bild einer Tinea
capitis
A. Gemmeke, B. Eichinger
Seit ca. einem Jahr leidet der 47-jährige Patient an entzündlichen, nässenden, verkrusteten
Hautveränderungen der Kopfhaut mit büschelartigem Haarausfall. Eine ambulant durchgeführte
externe wie interne Kortisonbehandlung habe eine kurzfristige Besserung mit promptem
Rezidiv nach Therapieende erbracht.
Hautbefund: An der Kopfhaut fanden sich mehrere fast kreisrunde, bis 8 cm im Durchmesser große,
entzündlich-verkrustete Herde ([Abb. 8 a ]). Die Haare waren leicht epilierbar.
Abb. 8 a Pemphigus vegetans der Kopfhaut. b Akantholytische Spaltbildung. HE, × 20.
Laborbefunde: Pemphigus-Antikörper 1 : 640.
Histologie: Chronisch-fortdauernde oberflächlich perivaskuläre sowie interstitielle und periadnexielle
Dermatitis mit ausgeprägten Akantholysen ([Abb. 8 b ]). Histologisch kein Pilznachweis. In der direkten Immunfluoreszenz herdförmig granuläre
Immunreaktion für IgG und C3.
Mykologische Befunde: Epilierte Kopfhaare: mikroskopisch sehr viele Sprosszellen. Pilzkultur von Haaren
und Abstrich negativ.
Therapie und Verlauf: Aufgrund des klinischen Befundes und des mikroskopischen Nachweises
von Sprosszellen bei epilierten Kopfhaaren war zunächst an eine Trichophytie gedacht
worden, sodass initial eine kombinierte antimykotische Therapie mit Itrakonazol (Sempera®
100) und Ciclopirox-(Batrafen®) Creme eingeleitet wurde. Nach definitiver Diagnosestellung
interne Therapie mit initial 100 mg/d Prednisolon und 150 mg/d Azathioprin. Unter
dieser Behandlung konnte sowohl eine Remission der Hautveränderungen als auch neues
Haarwachstum beobachtet werden.
Kommentar: Der Pemphigus vegetans stellt eine seltene Variante des Pemphigus vulgaris dar. Sein
Anteil an der Gesamtheit der Pemphiguserkrankungen beträgt 1 - 2 %. Neben Erosionen
und Blasen entwickeln die Patienten chronisch-vegetierende, verrukös-granulomatöse
Plaques. Historisch werden der Typ Neumann, der zumeist einen ausgedehnten, therapierefraktären
Verlauf nimmt, und der Typ Hallopeau, eine lokalisierte Variante, unterschieden [1].
Bevorzugte Lokalisation sind die Intertrigines. Die Erkrankung kann sich aber auch
in seltenen Fällen am Kapillitium, der Rumpfhaut oder der Mundschleimhaut manifestieren
[3].
Histologisch sieht man eine suprabasale, akantholytische Spaltbildung mit epidermalen
bzw. oberflächlich dermalen Entzündungsinfiltraten. Die Immunfluoreszenz entspricht
i. W. der des Pemphigus vulgaris. Antikörper gegen Desmoglein und Periplakin sind
nachweisbar [2].
Je nach Lokalisation der Erkrankung sind differenzialdiagnostisch andere Erkrankungen
auszuschließen. Am Kapillitium muss auch an eine Trichophytie, eine vegetierende Pyodermie,
eine Acne inversa oder an eine Folliculitis decalvans gedacht werden.
Die Therapie des Pemphigus vegetans entspricht der des Pemphigus vulgaris. Kortikosteroide
als Monotherapie sind jedoch beim Pemphigus vegetans weniger erfolgreich als beim
Pemphigus vulgaris. Deshalb empfiehlt sich eine Kombinationsbehandlung, z. B. mit
Azathioprin [4, 5].
Literatur
1 Ahmed AR, Blose DA. Pemphigus vegetans. Neumann type and Hallopeau type. Int J Dermatol 1984; 23: 135
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Parodi A. Pemphigus vegetans Neumann type with anti-desmoglein anti-periplakin autoantibodies.
Eur J Dermatol 2007; 17: 530 - 533
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4 Jansen T, Messer G, Meurer M, Plewig G. Pemphigus vegetans. Hautarzt 2001; 52: 504 - 509
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photopheresis. J Eur Acad Dermatol Venereol 2007; 21: 843 - 844
Schnitzler-Syndrom
Schnitzler-Syndrom
H. Seifert, S. Großmann
Seit Oktober 2005 leidet die 77-jährige Patientin unter einer rezidivierend auftretenden
generalisierten Urtikaria mit mäßigem Juckreiz. Die Schübe wurden meist von Schüttelfrost
und Fieber begleitet. Zudem berichtete die Patientin über starke brennende Knochenschmerzen
der Schienbeine und Arthralgien in den Knie- und Ellenbogengelenken sowie einen Gewichtsverlust
von ca. 10 kg im letzten Ÿ Jahr und Appetitlosigkeit. Eine ambulant und stationär
eingeleitete Diagnostik erbrachte bislang keine Aufschlüsse. Eine Prednisolontherapie
führte nicht zur Besserung des Lokalbefundes.
Hautbefund: Es fanden sich generalisiert am gesamten Integument isoliert stehende runde makulopapulöse
Urticae mit täglich wechselner Lokalisation ([Abb. 9 ]). Das Gesicht, die Kopfhaut, die Handflächen und Fußsohlen blieben ausgespart. Schwellungen
im Sinne eines Quincke-Ödems wurden nicht beobachtet.
Abb. 9 Disseminierte Quaddeln bei Schnitzler-Syndrom.
Laborbefunde: BSG 88 mm/h, CRP 124 mg/l, Erythrozyten 4 Tpt/l, Hb 6,7 mmol/l, Leukozyten 18 Gpt/l,
Thrombozyten 700 Gpt/l, Eiweißelektrophorese: Albumin 50,4 %, α1-Globulin 4,7 %, α2-Globulin:
10,8 %, γ-Globulin: 19,2 %, monoklonale IgM-Gammopathie Typ kappa im Serum, nicht
jedoch im Urin nachweisbar.
Histologie: Epidermis überwiegend unauffällig, epidermale Basalmembran zart. Im Papillarkörper
und oberen Korium zahlreich nachweisbare Angiektasien und ein mitteldichtes, überwiegend
perivaskulär lokalisiertes, aber auch interstitielles Infiltrat aus Lymphozyten, zahlreichen
neutrophilen Granulozyten, einzelnen Eosinophilen sowie wenigen Mastzellen und monozytoiden
Zellen. Teilweise Ausbreitung der entzündlichen Infiltrate bis in die mittlere Dermis.
Keine fibrinoiden Gefäßwandnekrosen oder entzündliche Gefäßwandinfiltrate. Kein Nachweis
spezifischer Immunreaktionen für IgA, IgM, IgG, C3, C4, C1q.
Bildgebende Diagnostik: In der Beckenübersicht: osteopenisch wirkende Knochenstrukturen, kein knochendestruierender
Prozess. Gering bis mäßiggradig ausgeprägte Gonarthrose. In der Sonographie vergrößerte
Lymphknoten inguinal. Mehrphasenknochenszintigraphie und Knie-SPECT: Vermehrter Knochenstoffwechsel
vor allem in den Kniegelenken, aber auch im rechten Handgelenk-/Handwurzelbereich,
im linken Daumensattelgelenk und in den Ileo-Sacral-Gelenken, die jedoch nicht typisch
im Sinne von arthritischen Veränderungen sind.
Therapie und Verlauf: Antihistaminikatherapie mit Desloratadin (Aerius® 5 mg 1 - 1 - 1) und Ranitidin (Ranibeta®
300 œ - 0 - œ), Lokaltherapie mit Betamethason-V-Creme 0,1 % NRF. Eine Indikation
für Prednisolon bestand aufgrund des guten Ansprechens auf die o. g. Therapie zur
Zeit nicht. Gegen die Knochenschmerzen wurde Etoricoxib (Arcoxia® 90 mg/d) verordnet,
worunter sich die subjektiven Beschwerden deutlich gebessert hatten.
Kommentar: Das Schnitzler-Syndrom ist eine seltene Erkrankung mit der Kombination aus chronischer
Urtikaria, einer monoklonalen IgM-Gammopathie (Variante: IgG) und Arthralgien. Die
Urticae sind bevorzugt am Stamm und den Extremitäten unter Aussparung des Gesichts,
der Palmae und Plantae lokalisiert und im Verlauf von mildem Pruritus begleitet. Angioödeme
werden selten beobachtet. Das mittlere Erkrankungsalter liegt bei 52 Jahren mit leichter
Androtropie (M : F = 1,6 : 1) [1].
Rezidivierende Fieberschübe (90 % der Patienten) mit Temperaturen > 40 °C und Gewichtsverlust
werden regelmäßig beobachtet, ebenso Knochenschmerzen v. a. der Tibiae und der Ossa
ilia (45 %) und Arthralgien (80 %), die v. a. die großen Gelenken wie Knie-, Hüft-,
Hand- und Sprunggelenke betreffen. Zusätzlich können Lymphknotenschwellungen und eine
Hepatosplenomegalie auftreten. Laborchemisch sind Anämien, Leukozytosen, Thrombozytosen
und BSG-Erhöhungen typisch. Die Erkrankung verläuft chronisch. In ca. 15 % der Fälle
entwickelt sich im Verlauf eine lymphoproliferative Erkrankung [1]. Differenzialdiagnostisch
sollten lymphoproliferative Erkrankungen sowie ein adulter Mb. Still ausgeschlossen
werden. Das Schnitzler-Syndrom ist ein Risikofaktor einer AA-Amyloidose.
Die Therapie des Schnitzler-Syndroms ist schwierig. Hochdosierte Glukokortikoide können
eine vorübergehende Symptomreduktion erzielen. Antihistaminika sind in der Regel ebenso
unwirksam wie Hydrochloroquin, Chloroquin, Dapson, Azathioprin, Pefloxazinmesylat
oder Plasmapherese. Der IL-1-Rezeptorantagonist Anakinra führte in mehreren Fällen
zur kompletten Remission [2, 3]. Zur Behandlung der intermittierenden Fieberschübe,
der Knochenschmerzen und Arthralgien sind NSAIDs geeignet.
Literatur
1 de Koning HD, Bodar EJ, van der Meer JW, Simon A. Schnitzler Syndrome Study Group. Schnitzler syndrome: beyond the case reports: review
and follow-up of 94 patients with an emphasis on prognosis and treatment. Semin Arthritis
Rheum 2007; 37: 137 - 148
2 Ryan JG, de Koning HD, Beck LA, Booty MG, Kastner DL, Simon A. IL-1 blockade in Schnitzler syndrome: ex vivo findings correlate with clinical remission.
J Allergy Clin Immunol 2008; 121: 260 - 262
3 Treudler R, Kauer F, Simon JC. Striking effect of the IL-1 receptor antagonist anakinra in chronic urticarial rash
with polyclonal increase in IgA and IgG. Acta Derm Venereol 2007; 87: 280 - 281