Weichteilverletzungen (Haut-, Muskel-, Bandverletzungen) der unteren Extremität
sind vor allem durch mechanische Krafteinwirkung verursacht. Die ausschließliche
Beurteilung einer Weichteilverletzung anhand der sichtbaren Hautschädigung wird
- abgesehen von Bagatellverletzungen - der Erfassung des tatsächlichen Weichteilschadens
kaum gerecht. Dieser wird vom Ausmaß der beim Trauma freigesetzten und auf den
Körper einwirkenden kinetischen Energie entscheidend determiniert. Darüber
hinaus werden Qualität und Prognose einer Weichteilverletzung von einer Reihe
weiterer Faktoren bestimmt:
Kontaktfläche des traumatisierenden Objektes,
direkte oder indirekte Krafteinwirkung,
Richtung der einwirkenden Kraft,
Kontaminationsgrad von Wunden,
betroffene Körperregion,
Allgemeinzustand des Patienten.
Hinter einer Schürfung kann sich sowohl eine harmlose Läsion der oberen Hautschichten
oder eine Läsion von Bandstrukturen, die folgenlos ausheilt, als auch ein schwerer
geschlossener Weichteilschaden verbergen, wie z. B. beim subkutanen Décollement,
das im Extremfall die ganze Zirkumferenz einer Extremität erfassen kann. Besonders
wichtig ist die Beurteilung des Schadensausmaßes bei Frakturen, da bei Weichteilschädigung
das korrekte Management der Weichteilkomponente die Prognose bestimmt und die
Bruchheilung bei infektfreiem und gut vaskularisiertem Weichteilmantel in der
Regel unproblematisch verläuft. Im Mittelpunkt der operativen Behandlung steht
nach initialer Weichteilkonditionierung (primäre Weichteildeckung, Ruhigstellung)
der definitive Wundverschluss (Spalt-, Vollhauttransplantation, Weichteildistraktion,
lokale Lappenplastik, Fernlappenplastik) bzw. die Stabilisierung der verletzten
Bandstrukturen (Sehnennaht, Sehnentransposition, Periostlappenplastik). Ziel ist
die Wiederherstellung der Kontinuität des Weichteilmantels bzw. die Stabilisierung
der betroffenen Gelenke. Dabei wird im Rahmen eines Gesamtbehandlungskonzeptes
das Wiedererlangen der Funktion der Extremität durch Frühmobilisation, physikalisch-medizinische
Maßnahmen, aber auch ggf. durch erforderliche weitere Korrektureingriffe betrieben,
um den Patienten möglichst zeitgleich mit dem Abschluss der Heilung beruflich
und sozial wiedereinzugliedern.
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Univ.-Prof. Dr. med. Thomas Mittlmeier
Dr. med. Robert Rotter
Chirurgische Klinik und Poliklinik der Universität Rostock
Abteilung für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie
Schillingallee 35
18055 Rostock
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