Aktuelle Dermatologie 2008; 34(1/02): 41-44
DOI: 10.1055/s-2007-995560
Tagungsbericht

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Tagung der Arbeitsgemeinschaft für Berufs- und Umweltdermatologie

11. - 13. Oktober 2007, BerlinConference of Occupational and Environmental DermatologyS.  Soost1 , C.  Rasche1 , H.  Lee1 , M.  Worm1
  • 1Allergie-Centrum Charité, Klinik für Dermatologie und Allergologie, Campus Charité Mitte, Universitätsmedizin Berlin
Weitere Informationen

Prof. Dr. med. Margitta Worm

Allergie-Centrum Charité
Klinik für Dermatologie und Allergologie
Campus Charité Mitte
Universitätsmedizin

Charitéplatz 1

10117 Berlin

eMail: margitta.worm@charite.de

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
10. März 2008 (online)

Inhaltsübersicht

Die 9. Tagung der Arbeitsgemeinschaft für Berufs- und Umweltdermatologie (ABD) in Zusammenarbeit mit der Deutschen Kontaktallergiegruppe (DKG) fand vom 11. bis 13. Oktober 2007 im Virchow-Langenbeck-Haus an der Charité in Berlin statt. Traditionell startete die ABD-Tagung mit den Betriebsbesichtigungen ([Abb. 1]). Hierzu konnten das Unternehmen Vattenfall, die Universitätsmensa und die Zigarettenfabrik Philip Morris gewonnen werden. Am Nachmittag startete das Berufsdermatologische Forum ([Abb. 2]) unter der Leitung von S. M. John (Osnabrück) und T. L. Diepgen (Heidelberg). Im Zentrum standen die Vorstellung des überarbeiteten Bamberger Merkblatts zur BK5101 sowie Themenbeiträge „Stumme Sensibilisierungen” und „Aktuelles zur Begutachtung der BK5102”. Dies wurde sowohl aus ärztlicher als auch aus Sicht der Unfallversicherungsträger vorgestellt und diskutiert. Im zweiten Teil der Sitzung wurden zahlreiche Projekte zur deutschlandweiten Präventationskampagne Haut von einzelnen Berufsgenossenschaften vorgestellt.

Der offizielle Beginn der Tagung am Freitag, dem 12. Oktober 2007 durch den Vorsitzenden der ABD Herrn Prof. Elsner aus Jena mit dem Themenschwerpunkt Aufnahme und Stoffwechsel von Noxen bildeten den Auftakt der Tagung. Herr Prof. Drechsler berichtete über Mechanismen von Stoffwechselvorgängen durch Noxen und die Bedeutung komplexer enzymatischer Vorgänge. Aufbauend stellte Herr Prof. H. Merk (Aachen) aktuelle Erkenntnisse zur perkutanen Resorption vor. Insbesondere die neuesten Befunde zur Störung der Hautbarriere infolge einer defekten Filagrinbildung haben die Erkenntnisse zur Funktion und Aufrechterhaltung der Hautbarriere kürzlich erweitert. Die Bedeutung für die Berufsdermatologie wird in den nächsten Jahren hier sicherlich ein neues Forschungsfeld eröffnen. In diesem Zusammenhang stellte Frau Prof. M. Fartasch (Bochum) die kürzlich von der ABD erarbeitete neue Hautmittelleitlinie vor ([Abb. 3]). Dort wird Stellung genommen zu den bekannten Sicherheitsbewertungen in der Kosmetologie generell sowie unerwünschten Sensibilisierungen durch Inhaltsstoffe. Die folgenden Beiträge der Vormittagssession befassten sich mit den Kontaktallergien. Herr Thomas Rustemeijer aus Amsterdam ([Abb. 4]) stellte aktuelle Befunde zu den Haarfarbstoffen vor und Herr Johannes Geier vom IVDK (Göttingen) stellte die allergologische Bedeutung der 26 deklarationspflichtigen Duftstoffe dar. Aktuelle Daten des IVDK zeigen, dass Reaktionen gegenüber Duftstoffen wie Baummoos, Farnesol oder auch Isoeugenol und Zimtaldehyd sehr häufig auftreten, während Reaktionen beispielsweise gegenüber Benzylalkohol, Benzylbenzoat oder auch Limonen selten oder gar nicht auftraten.

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Abb. 1 Betriebsbesichtigungen im Vorfeld der ABD-Tagung.

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Abb. 2 Das Berufsdermatologische Forum im Vorfeld der ABD-Tagung unter der Leitung von T. L. Diepgen und S. M. John.

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Abb. 3 Vorstellung der neuen Hautmittel-Leitlinie von Frau Professor Fartasch.

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Abb. 4 Dr. Thomas Rustemeijer zum Thema Farbstoffe und Kontaktallergie.

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Sitzung Allergologie

Die Allergologie spielte selbstverständlich im Rahmen der 9. ABD Tagung 2007 in Berlin eine wichtige Rolle. Schwerpunkt in der ersten Sitzung „Allergologie I” waren berufsbedingte Typ-I-Sensibilisierungen und deren klinische Bedeutung. Zu Beginn wurde der immer bedeutsamer werdende Einsatz von rekombinant hergestellten Allergenen als standardisierte Komponenten sowohl in der Allergiediagnostik als auch in der Therapie von Frau PD Dr. V. Mahler aus Erlangen präsentiert. Ebenfalls von großem Interesse war der nachfolgende Beitrag von Frau PD Dr. M. Raulf-Heimsoth aus Bochum über die Bedeutung von kreuzreagierenden Kohlenhydratepitopen (CCD) für die In-vitro-Diagnostik. CCDs verbessern die Differenzierung zwischen einer asymptomatischen und klinisch relevanten Allergien. Eine neuartige In-vivo-Methode mittels Laser-Scan-Mikroskopie zum Nachweis von fluoreszenzmarkierten Pollenallergenen, die die Haut durchdringen, wurde von Herrn Professor Dr. J. Lademann aus Berlin präsentiert. Die vorgestellten Bilder zeigten hierbei eindrucksvoll, dass die Penetration der Allergene neben dem interzellulären Weg auch über die Haarfollikel vonstatten geht und dies beim Hautschutz zukünftig mit zu berücksichtigen ist.

Für reichlich Diskussion und rege Kommentare sorgten die bekannten Aspekte bezüglich des Stellenwerts und der Aussagekraft diagnostischer Verfahren bei Nahrungsmittelallergien sowie der Vergleich von verschiedenen Pricktest-Lösungen im Rahmen der Diagnostik der berufsbedingten Typ-I-Sensibilisierungen für die Berufsallergene Mehl und Latex.

Nach wie vor schwer zu beurteilen ist das „Multiple Chemical Sensitivity (MCS)”-Syndrom, vorgestellt von Herrn Dr. Dr. M. G. Haufs von der BGFA, Ruhr-Universität Bochum. Auch die Frage der Definition der „Anaphylaxie” wurde lebhaft und kontrovers diskutiert. Zum Ende der ersten Allergologie-Veranstaltung wurde das Programm mit zwei aktuellen Fallvorstellungen abgerundet, wo die Bedeutung von ubiquitär vorkommenden Typ-I-Sensibilisierungen in der Berufsdermatologie dargestellt wurde.

In der Session „Allergologie II” standen Typ IV-Sensibilisierungen im Zentrum der Vorträge ([Abb. 5]). Zunächst wurde von Frau Dr. E. Weisshaar (Heidelberg) eine aktualisierte Übersicht zur Relevanz der beruflich erworbenen Typ-IV-Sensibilisierungen präsentiert, gefolgt von aktuellen Daten zur Epikutantestung mit Berufsstoffen vom Arbeitsplatz, präsentiert von Herrn PD Dr. J. Geier aus Göttingen. Diesbezüglich wurde darauf hingewiesen, dass eine Reihe von Berufsstoffen aufgrund ihrer irritativen Eigenschaften oder der Gefahr einer aktiven Sensibilisierung nicht getestet werden dürfen. Die anschließende Vorstellung der IVDK-Datenanalyse zum Maler- und Lackiererberuf von Herrn Dr. U. Hillen aus Essen ([Abb. 6]) zeigte, dass Patienten mit einer berufsbedingten Dermatose im Epikutantest am häufigsten auf Bestandteile von Epoxidharzsystemen positiv reagierten. Für lebhafte Debatten sorgte im Weiteren die Vorstellung einer multizentrischen Studie, die eine Diskrepanz zwischen subjektiv empfundener Duftstoffmix-Unverträglichkeit und tatsächlich positiv getesteter Epikutantestung aufwies. Ein nachfolgend präsentierter klinischer Fall zeigt, dass auch bei Verdacht auf eine berufsbedingte Dermatose an Artefakte gedacht werden sollte. Die Präsentation einer weiteren neuen in-vivo Diagnostik mittels reflektanz-konfokaler Mikroskopie beim Kontaktekzem stieß ebenfalls auf großes Interesse. Zum Abschluss der Nachmittagssession wurde der Einsatz neuer Therapien wie Biologics in der Berufsdermatologie diskutiert, wobei der therapeutische Nutzen mit Verbleib im Beruf den nicht unerheblichen Therapiekosten (12 Wochen = 11 000 Euro) gegenübergestellt wurde. Nach der Nachmittagssession schloss sich die ABD-Mitgliederversammlung geleitet von Prof. Dr. P. Elsner, Prof. Dr. S. M. John und Prof. Dr. T. L. Diepgen an ([Abb. 7]).

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Abb. 5 Session Allergologie.

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Abb. 6 Dr. Uwe Hillen zu Begutachtungsempfehlungen.

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Abb. 7 ABD-Mitgliederversammlung.

Am Samstagmorgen stellte Jan-Pieter Coenraads vom Medizinischen Zentrum der Universität Groningen/Niederlande als Keynote Lecture eine Meta-Analyse zur Therapie des Handekzems vor und ging dabei auf die Ergebnisse von 103 Studien, wovon 55 kontrollierte Untersuchungen waren, ein. Topische Steroide und die UV-Phototherapie sind als Standardtherapiekategorien einzuordnen, während zu Retinoiden und topischen Calcineurin-Inhibitoren weitere Studien den Vorteil zu den Standardtherapien zeigen müssen.

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Sitzung Hauttumoren

Am Samstag wurden in der Hauptsitzung Hauttumoren, die Entstehung, Epidemiologie, Diagnostik, Therapie und rechtliche Implikationen für die Berufsdermatologie thematisiert.

Herr Prof. Dr. T. Schwarz (Kiel) berichtete über Mechanismen der Photokarzinogenese und ging dabei auf den Einfluss vermehrter UV-Strahlung auf das Immunsystem ein. Durch UV-Strahlung kommt es zu einer Unterdrückung des Immunsystems und damit zu einer Beeinträchtigung der Tumorabwehr. Das Tumorsuppressorgen p53 spielt hierbei eine besondere Bedeutung. Durch dessen Inaktivierung in Folge von Mutationen wird die Elimination DNA-geschädigter Zellen durch apoptotischen Zelltod verhindert.

Durch den anschließenden Vortrag von Dipl. Ing. P. Knuschke (Dresden), der personendosimetrische Messungen der UV-Alltagsexposition im Jahresverlauf differenziert nach Arbeits- und Freizeittagen vorstellte, wurde das Thema UV-Exposition und Hautkrebsrisiko erweitert.

Zum Thema aktinische Keratosen wurden interessante Arbeiten und neueste Erkenntnisse von Herr Dr. C. Ullrich vom Haut-Tumor-Centrum der Charité Berlin vorgestellt, und die Implikationen für die Berufsdermatologie, z. B. bezüglich Primärprophylaxe und Früherkennung, erläutert.

Zu dem Themenschwerpunkt Risikofaktoren und Häufigkeit von „hellem” Hautkrebs referierte Herr Prof. Dr. T. L. Diepgen aus Heidelberg. Im Zentrum seiner Ausführungen stand die Frage, ob und wann eine durch berufliche UV-Belastung induzierte Hautkrebserkrankung als Berufserkrankung anerkannt werden sollte. Durch den abschließenden Vortrag von Prof. Dr. S. Letzel (Mainz), der Maßnahmen zur Verhaltens- und Verhältnisprävention vorstellte, wurden Aspekte zur Primärprävention von Hauttumoren aus Sicht der Arbeitsmedizin dargestellt. Hierzu zählen insbesondere Bereiche wie Arbeitshygiene mit Minimierung der Exposition und die Arbeitsorganisation mit Minimierung der Einwirkzeit.

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Sitzung Begutachtungen und Workshop ECT-Training

In der Parallelveranstaltung „Begutachtungen” wurden interessante Fallbeispiele aus der Begutachtung vorgestellt und diskutiert.

Eine Fallvorstellung befasste sich mit einem posttraumatischen Pyoderma gangraenosum bei einem Schweißer und der Evaluation des beruflichen Zusammenhanges. Ein weiterer Fall diskutierte die Festlegung einer ungewöhnlich hohen MdE von 50 % bei einer Bibliothekarin mit Kolophoniumallergie. Insbesondere die Bedeutung einer hohen MdE für die anschließende berufliche Einsatzfähigkeit, die Untersuchung der beruflichen Relevanz für den jeweiligen Einzelfall und die Art der Provokation waren Gegenstand der Diskussion.

Interessant war die Darstellung eines Falles zu HPV7-induzierten Warzen der Hände bei einem Fleischer. Hier wird die Anzeige nach BK3102 zwar empfohlen, ist jedoch aufgrund der ubiquitären Verbreitung in der Bevölkerung nicht unkritisch.

Im Vortrag von Frau E. Rogosky von der DGUV wurden spezifische Aspekte der Aktualisierung des Bamberger Merkblattes vorgestellt und in Bezug auf die aktuelle Rechtssprechung analysiert. Schwerpunkt waren die Empfehlungen zur Begutachtung von Hautkrebserkrankungen in Bezug auf die Anerkennung einer Berufserkrankung bzw. als Arbeitsunfallfolge.

Auf großes Interesse stieß der Workshop zum ECT-Training durchgeführt von Herrn PD Dr. J. Geier vom IVDK, Göttingen. Hier wurde anhand von zahlreichen Fallbeispielen die ECT-Ablesung mit dem Ablesetraining der DKG diskutiert.

Als praktische Übung wurden Besonderheiten wie z. B. die irritative Potenz ausgewählter Substanzen wie beispielsweise Octylgallat oder die Bedeutung der Spätablesung erörtert.

Zum Abschluss der Tagung wurde der Posterpreis an Frau Marion Zuther, vertreten durch Frau Prof. Dr. Britta Wulfhorst ([Abb. 8]) von der Universität Osnabrück Fachbereich Humanwissenschaften durch den Vorsitzenden der ABD Herrn Prof. Peter Elsner verliehen.

Die nächste ABD-Tagung findet 2009 in Osnabrück statt und sollte schon von berufsdermatologisch tätigen Kolleginnen und Kollegen vorgemerkt werden.

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Abb. 8 Der Posterpreis der ABD 2007 geht nach Osnabrück.

Prof. Dr. med. Margitta Worm

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Campus Charité Mitte
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10117 Berlin

eMail: margitta.worm@charite.de

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Abb. 1 Betriebsbesichtigungen im Vorfeld der ABD-Tagung.

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Abb. 2 Das Berufsdermatologische Forum im Vorfeld der ABD-Tagung unter der Leitung von T. L. Diepgen und S. M. John.

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Abb. 3 Vorstellung der neuen Hautmittel-Leitlinie von Frau Professor Fartasch.

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Abb. 4 Dr. Thomas Rustemeijer zum Thema Farbstoffe und Kontaktallergie.

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Abb. 5 Session Allergologie.

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Abb. 6 Dr. Uwe Hillen zu Begutachtungsempfehlungen.

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Abb. 7 ABD-Mitgliederversammlung.

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Abb. 8 Der Posterpreis der ABD 2007 geht nach Osnabrück.