Dialyse aktuell 2007; 11(7): 48
DOI: 10.1055/s-2007-993239
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Multiples Myelom und Hypovolämie - Vielversprechende Therapieoptionen für zwei unterschiedliche Probleme

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Publication Date:
31 October 2007 (online)

 
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Das multiple Myelom macht 2% aller Krebstodesfälle aus, teilte Prof. Paul Cockwell, Birmingham (Großbritannien) mit. Die bei weitem schlechteste Prognose hat bisher das multiple Myelom mit Nierenbeteiligung, beispielsweise als AL-Amyloidose, als LCDD (Leichtketten-Ablagerung, "light chain deposition disease") oder als klassische Cast-Nephropathie (Myelomniere): Bisher liegt das mediane Überleben nach Beginn der Dialysepflicht bei dreieinhalb Monaten, so Cockwell. Zum Diagnosezeitpunkt hat fast die Hälfte der Patienten eine eingeschränkte Nierenfunktion, bei 9% ist eine sofortige Dialyse notwendig bzw. hier führt das akute Nierenversagen zur Diagnose des Myeloms. Bislang erholte sich in nur 10 % der Fälle eine Myelomniere nach akutem, dialysepflichtigem Versagen wieder.

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Plasmapherese bei multiplem Myelom erfolglos

In den letzten 20 Jahren wurde daher immer wieder versucht, die Leichtkettenproteine mittels Plasmapherese aus dem Serum zu entfernen. Doch das kumulative Überleben ist bei Myelompatienten mit akutem Nierenversagen mit und ohne Plasmapherese identisch [1]. Die Gründe für diese Ineffektivität liegen darin, dass die Plasmapherese mit ihrer kurzen Behandlungsdauer nur intravasale Leichtketten entfernen kann, ein Kompartimentausgleich mit den extrazellulären Konzentrationen wird nie erreicht.

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Signifikante Nierenerholung möglich

Cockwell stellte eine Studie zur Effektivität der freien Leichtketten-Dialyse bei Myelomnierenpatienten vor. In dieser noch laufenden Studie wurden bislang 18 Patienten mit einer neuen Generation eines "High-Cut-off"-Dialysefilters behandelt, dem HCO 1100 (Gambro Hospal GmbH). Es handelt sich um einen Filter, der aufgrund einer relativ hohen Ausschlussgrenze (Cut-off der Membran) Moleküle mit einem Molekulargewicht bis 45 kDa, zu denen auch Leichtkettenproteine gehören, sehr effektiv entfernt.

Wie die Studie zeigte, sinkt der Leichtkettenserumspiegel nach sechsstündiger Dialyse signifikant und nimmt bei jeder Behandlung weiter ab. Die Nierenfunktion erholte sich meist bereits innerhalb von vier Wochen nach Dialysebeginn. Dabei zeigten Patienten mit einer im Mittel auf 20% abgesenkten Leichtkettenkonzentration eine Erholung ihrer Nierenfunktion, während eine bleibende Dialysepflichtigkeit immer mit persistierenden, hohen Spiegeln korrelierte. Insgesamt erholte sich bei 72% der Patienten die Nierenfunktion so gut, dass eine vollständige Dialysefreiheit erreicht wurde - im Vergleich zu früheren Raten von 10% ein Therapiedurchbruch.

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Häufiger Zwischenfall während der Dialyse - Hypovolämie

Dr. Andreas Schleser, Unna, sprach über die Hypovolämie, die Hauptursache für Zwischenfälle während der Dialysebehandlung. Besonders häufig sind Patienten betroffen, deren Gefäße keine intakte kardiovaskuläre Autoregulation mehr aufweisen (z. B. Diabetiker). Dabei treten intradialytische Problemen wie Kopfschmerzen, Erbrechen, Krämpfe und Kollaps auf.

Normalerweise kommt es auf den intravasalen Flüssigkeitsentzug hin rasch zur kompensatorischen Herzfrequenzzunahme, Vasokonstriktion (Anstieg des peripheren Widerstandes), Zunahme des Schlagvolumens und Konstanthaltung des Blutdrucks. Parallel dazu erfolgt das sogenannte Refilling, der Nachstrom von freier Flüssigkeit vom Interstitium in die Gefäße. Das Refilling hängt vom Grad der Überwässerung ab, aber auch von der Plasmaosmolarität (z. B. Natrium) und der Proteinkonzentration. Je höher der Natriumgehalt intravasal, desto schneller die PRR ("plasma refilling rate"), weshalb auch gern Kochsalzinjektionen verabreicht werden.

Andere Standardreaktionen in dieser Situation sind die Drosselung der Ultrafiltrationsrate (UFR) zu Ungunsten der Dialysedauer oder die genaue Bestimmung des Trockengewichts, was nach klinischen Kriterien aber problematisch bleibt. Physiologischer ist allerdings eine Reaktion noch bevor Hypovolämiesymptome überhaupt auftreten.

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Eingreifen, bevor Symptome auftreten

Genau dies geschieht mittels Biofeedback-System (Hemocontrol®). Ein Blutvolumensensor überwacht online den intravasalen Zustand des Patienten: In einem einfachen Blutschlauchsystem wird in einer speziellen Kammer Infrarotlicht durch das Blut "geschickt" und die Absorption bzw. der durchgelassene Anteil gemessen. Dabei handelt es sich um eine rein optische Hämoglobinmessung, Streueffekte und Artefakte durch unterschiedliche Sauerstoffsättigung kommen durch die spezielle Wellenlänge (810 nm) nicht vor. Je mehr der Wasseranteil des Blutes abnimmt, desto größer ist die Hämokonzentration. Das durchgelassene Licht (I) korreliert also direkt mit dem Blutvolumen (BV). Die Messungen im Minutentakt geben über das aktuelle Refilling Auskunft: BV = UFR - PRR.

Das Gerät reagiert unmittelbar auf Veränderungen und passt dann die Ultrafiltrationsrate und die Leitfähigkeit (Natrium) an. Um das Biofeedback-System optimal zu nutzen, muss es zuvor auf den Patienten eingestellt werden. In sechs bis zehn Standardbehandlungen werden daher Gewichtsabnahme, End-Leitfähigkeit sowie End-Blutvolumen notiert und die Mittelwerte berechnet. Nach Eingabe der individuellen Ausgangsdaten und der Zielparameter arbeitet das System selbstständig.

Das System verbessert das Wohlbefinden der Patienten und reduziert die Komplikationen und Medikamentengabe während der Dialyse erheblich. Das Handling diabetischer und multimorbider Patienten wird erleichtert, dabei jedoch die wichtigen Parameter (z. B. Kt/V) optimal kontrolliert.

Dr. Bettina Albers, Weimar

Quelle: Symposium "Innovative Therapieoptionen zur Verbesserung der Dialysequalität" im Rahmen des Nephrologiekongresses, veranstaltet von der Gambro Hospal GmbH, Planegg-Martinsried

Dieser Beitrag entstand mit freundlicher Unterstützung der Gambro Hospal GmbH, Planegg-Martinsried

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Literatur

  • 01 Clark WF . Stewart AK . Rock GA . et al . Ann Intern Med. 2005;  143 777-784
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Literatur

  • 01 Clark WF . Stewart AK . Rock GA . et al . Ann Intern Med. 2005;  143 777-784