Dialyse aktuell 2007; 11(7): 14
DOI: 10.1055/s-2007-993235
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Impfstoffentwicklung gegen Epstein-Barr-Virus - Immunsupprimierte Patienten vor Krebs schützen

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Publikationsdatum:
31. Oktober 2007 (online)

 
Inhaltsübersicht

Das Epstein-Barr-Virus (EBV) ist eines der wenigen bekannten Viren, die Krebs auslösen können. Insbesondere bei Menschen mit einem geschwächten Immunsystem kann das Virus an der Entstehung von Lymphknotenkrebs beteiligt sein. Bis heute existiert kein Impfstoff gegen das Epstein-Barr-Virus. Die Deutsche Krebshilfe fördert jetzt mit über 250 000 Euro ein Forschungsprojekt am GSF-Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit und am Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität in München mit dem Ziel, eine Impfstrategie zu entwickeln.

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Menschen nach Transplantation sind gefährdet

"Infektionen mit dem Epstein-Barr-Virus kommen weltweit relativ häufig vor. Gemessen an der großen Zahl der EBV-infizierten Menschen sind dadurch bedingte Tumoren jedoch sehr selten", erklärt PD Dr. Reinhard Zeidler, Projektleiter am Universitätsklinikum Großhadern. "Bei uns stellt das Virus vor allem für Menschen, deren Immunsystem nicht intakt oder dauerhaft geschwächt ist, ein besonderes Krebsrisiko dar." Dazu zählen neben AIDS-Patienten auch Menschen nach einer Organtransplantation, bei denen das Immunsystem unterdrückt werden muss, um Abstoßungsreaktionen zu verhindern.

"Die Komplexität und die biologischen Eigenheiten des Virus haben die Entwicklung eines Impfstoffs bislang verhindert", erklärt Zeidler. Zusammen mit Prof. Wolfgang Hammerschmidt, GSF-Forschungszentrum, arbeitet der Münchener Wissenschaftler jetzt an einer neuen Impfstrategie gegen das Epstein-Barr-Virus. Das Virus infiziert vor allem die Schleimhäute von Nase, Mund und Rachen sowie die B-Lymphozyten. Die infizierten Zellen können dabei durch verschiedene Mechanismen entarten: Das Virus verhindert den programmierten Zelltod und setzt zudem zelleigene Proteine außer Kraft, die ein kontrolliertes Zellwachstum überwachen.

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Vielversprechende Ergebnisse bei Mäusen

Im Mittelpunkt der neuen Impfmethode stehen sogenannte Exosomen: kleine, kugelige Gebilde, die von verschiedenen Zellarten im Körper freigesetzt werden und an der körpereigenen Immunreaktion beteiligt sind. Diesen Zusammenhang machen sich die Forscher zunutze: "Wir haben Exosomen gentechnologisch hergestellt, die Proteine des Virus enthalten. Werden diese von bestimmten Zellen des Abwehrsystems aufgenommen, sollen sie EBV-spezifische Immunreaktionen im Körper hervorrufen", erklärt Zeidler.

Die ersten Versuche seien sehr vielversprechend verlaufen: Bei infizierten Mäusen haben die Wissenschaftler bereits eine verstärkte Immunantwort gegen das Epstein-Barr-Virus ausgelöst. Nun wollen sie prüfen, inwiefern eine Impfung mit diesen Exosomen vor einer Infektion mit dem Epstein-Barr-Virus und somit vor einer möglichen Tumorentstehung schützt. "Die gentechnisch produzierten Exosomen könnten sich als sicherer, wirksamer und kontrolliert herstellbarer Impfstoff gegen EBV erweisen", so die Einschätzung Zeidlers.

Quelle: Pressemitteilung "Impfstoff-Entwicklung gegen Eppstein-Barr-Virus", herausgegeben von der Deutschen Krebshilfe, Bonn

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Das Epstein-Barr-Virus

Das Epstein-Barr-Virus (EBV) gehört zu den Herpesviren. Die bekannteren Vertreter dieser Gruppe verursachen beispielsweise Lippenherpes, Windpocken oder Gürtelrose. Die meisten Herpesviren haben mit der Krebsentstehung nichts zu tun. Das Epstein-Barr-Virus hingegen kann zu Lymphomen, Tumoren des Nasen-Rachenraums oder Magenkrebs führen. Dies gilt insbesondere für Menschen, deren Immunsystem nicht intakt ist. Krebserkrankungen aufgrund einer EBV-Infektion im Nasen- und Rachenraum treten fast ausschließlich in Ostasien auf. Das Burkitt-Lymphom, eine besondere Lymphomart, kommt vorwiegend in Zentral- und Ostafrika vor.