ZWR - Das Deutsche Zahnärzteblatt 2007; 116(10): 445
DOI: 10.1055/s-2007-993052
Editorial

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Prothetik - ein Auslaufmodell?

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Publication Date:
22 October 2007 (online)

In den letzten Jahren wird diese Frage immer wieder mal hinter der vorgehaltenen Hand gestellt. Gemeint ist selbstverständlich nicht die anspruchsvolle Implantatprothetik. Es geht vielmehr um die schlichte Totalprothese oder den Modellguss mit der ästhetisch ansprechenden Klammerkonstruktion. Mein Vater pflegte diese „Sauerkohlfänger” zu nennen. Die Deutsche Mund-Gesundheitsstudie IV scheint den Verdacht des Auslaufmodells zu bestätigen. Sie zeigt, dass Zahnverluste bei den Erwachsenen und Senioren seit 1997 deutlich zurück gegangen sind: Durchschnittlich fehlen einem Erwachsenen heute 2,7 Zähne. In der Erhebung von 1997 betrug der Wert noch 4,2. Bei der Seniorengruppe fehlen im Durchschnitt 14,2 Zähne gegenüber 17,6 in 1997. Die totale Zahnlosigkeit ist bei Senioren im gleichen Zeitraum von 24,8 auf 22,6 % zurückgegangen. Die Zahl noch vorhandener Zähne hat sich damit bei den Erwachsenen und Senioren erstmals deutlich erhöht - mit der Folge, dass fehlende Zähne zunehmend „festsitzend” ersetzt werden können.

Soweit die Studie, also die Theorie. In der Praxis sieht die Situation gelegentlich doch anders aus. Ich denke, viele Kollegen können bestätigen, dass die klammergetragene Modellgussprothese in keiner Weise eine Versorgung aus Großvaters Mottenkiste ist. Manchmal geht es eben nicht anders, aus welchen Gründen auch immer. Auch die totale Prothese könnte eine ungeahnte Renaissance erleben, aber darüber möchte ich lieber nicht spekulieren. Also: Die Prothetik ist mit Sicherheit kein Auslaufmodell. Daher wurde sie als Schwerpunkt für dieses Heft gewählt, und zwar in ihrer ganzen Bandbreite: festsitzend, herausnehmbar, implantatgetragen.

Apropos Auslaufmodell: Die Leserschaftsanalyse LA-DENT 2007 ist gerade veröffentlicht worden (siehe Rundschau). Es handelt sich um eine Gemeinschaftsstudie von Marktbeteiligten aus der Dentalindustrie, Verlagen und Agenturen. Sie befragt regelmäßig niedergelassene Zahnärztinnen und Zahnärzte über ihr Lese- und Informationsverhalten im Hinblick auf dentale Fachinformation. Die Studie zeigt unter anderem, dass die Fachzeitschrift, von vielen Digitalfreaks bereits totgesagt, immer noch das Medium Nr. 1 ist, um sich über Aktuelles aus Wissenschaft und Praxis zu informieren. Also: von wegen Auslaufmodell! Die Redaktionen der Fachzeitschriften sind natürlich jedes Jahr gespannt, wie das Ergebnis für ihr Fachblatt ausfällt. Nun, die ZWR hat ihren Platz neben den auflagenstärksten Mitbewerbern wieder behaupten können - das erfreut doch ungemein. Ebenso wie die Auswertung zur Leser-Blatt Bindung: Fast 80 % würden die ZWR vermissen, wenn sie diese über eine längere Zeit nicht bekommen würden. Wenn das keine Motivation ist!

Ich danke Ihnen für Ihr auch dieses Jahr wieder gegebene Vertrauen und Interesse.

Dr. med. dent. Cornelia Gins

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