Zeitschrift für Palliativmedizin 2007; 8(2): 46
DOI: 10.1055/s-2007-990738
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Medizinische Ethik: Dürfen Ärzte Maßnahmen aus moralischen Gründen ablehnen?

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Publication Date:
24 September 2007 (online)

 

In letzter Zeit entspinnt sich zunehmend eine Debatte darüber, ob Ärzte ihren Patienten legale medizinische Maßnahmen, gegen die sie religiöse oder moralische Bedenken haben, vorenthalten dürfen. F. A. Curlin et al. untersuchten nun, wie Mediziner über ihre moralischen Rechte und Verpflichtungen bei solchen Konflikten denken. N Engl J Med 2007; 356: 593-600

Für ihre Studie verschickten die Autoren an 2000 zufällig ausgewählte US-amerikanische Ärzte im Alter bis maximal 65 Jahren einen 12-seitigen Fragebogen. Ziel war es herauszufinden, wie sich Ärzte verhalten, wenn sie moralische oder religiöse Bedenken gegen vom Patienten gewünschte legale medizinische Maßnahmen haben. Kernpunkt bildeten die Fragen, ob es ethisch vertretbar ist, wenn der Arzt im Falle eines moralischen Konflikts dem Patienten seine Einwände darlegt, ob er verpflichtet ist, dem Patienten Informationen zu allen möglichen Optionen einschließlich der gewünschten Maßnahme zu geben, und ob er den Patienten zur erhofften Behandlung an einen Kollegen überweisen muss. Vorwiegend ging es hierbei um die terminale Sedierung Sterbender, Abtreibungen nach Versagen der Kontrazeption und den Wunsch Minderjähriger, Verhütungsmittel ohne Einverständnis der Eltern verschrieben zu bekommen.

1 820 der ausgewählten Ärzte konnten die Autoren kontaktieren. Von diesen beantworteten 1 144 (63%) den Fragebogen. Die meisten von ihnen waren der Ansicht, dass es ethisch vertretbar sei, dem Patienten ihre Einwände darzulegen (63%). Auch meinte der Großteil, dass ein Arzt verpflichtet sei, über alle Optionen zu informieren (86%) und dass er im Falle moralischer Bedenken an einen Kollegen verweisen muss, der diese Einwände nicht teilt (71%). Den letzten beiden Punkten stimmten männliche Ärzte seltener zu, außerdem religiöse Ärzte und solche, die selbst Bedenken gegenüber moralisch umstrittenen medizinischen Maßnahmen hatten (multivariate Odds Ratio 0,3- 0,5).

Quelle: PhotoDisc

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