Dialyse aktuell 2007; 11(6): 56-57
DOI: 10.1055/s-2007-986512
Markt und Forschung

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Externer Gefäßverschluss - Erfahrungen nach den ersten 20 000 Punktionen

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Publication Date:
17 September 2007 (online)

 
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Seit etwa eineinhalb Jahren beobachtet das nephrologische Zentrum Villingen-Schwenningen einen externen Gefäßverschluss in der Routineanwendung bei Hämodialysepatienten. Der sogenannte VitaClip wird auf die zu punktierende Shuntregion aufgeklebt. Punktiert wird üblicherweise durch die Silikonlinse in den Shunt (Abb. [1]).

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Abb. 1 Der VitaClip wird im Bereich der zu punktierenden Shuntregion aufgeklebt und durch die Silikonlinse in den Shunt punktiert

Nach Abschluss der Dialyse wird die Nadel gezogen, hierbei füllt sich ein kapillärer Spalt zwischen der fest auf der Haut verklebten Polyurethanfolie und der Silikonlinse mit Blut: Die Polyurethanfolie wölbt sich in Richtung Shunt konvex vor und es entsteht ein mechanischer Druck, der den Stichkanal komprimiert und somit zur Blutstillung führt (Abb. [2]). Der Füllungsgrad dieses Kompressionskissens korreliert mit dem individuellen Shuntinnendruck. In unserem Zentrum wurden zumeist Brescia-Ciminofisteln, seltener auch GoreTex®-Grafts nach ärztlicher Anordnung mit dem externen Gefäßverschluss versorgt.

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Abb. 2 Nach der Dialyse wird die Nadel unter Fixierung der Silikonlinse gezogen. Hierdurch füllt sich ein kapillarer Spalt zwischen der Polyurethanfolie und der Silikonlinse mit Blut

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Akzeptanz bei Patienten und Personal ist hoch

Der Einsatz des externen Gefäßverschlusses funktioniert ohne Probleme, solange die Anwendungsvoraussetzungen beachtet werden. Hautirritationen wurden nicht beobachtet, auch nicht bei dünner atrophischer Haut. Die Akzeptanz ist sowohl bei Patient als auch Personal sehr hoch.

Aufgrund der positiven Erfahrungen in der Routine des täglichen Einsatzes hat sich das Indikationsspektrum in unserem Zentrum inzwischen erweitert. Für Erstanwender sollten nach unserer Einschätzung jedoch weiterhin gewisse Einschränkungen gelten, die für geübte Dialysepflegekräfte einen intuitiven Einsatz ermöglichen. Aus Sicherheitsgründen sollte der externe Gefäßverschluss nur bei Patienten verwendet werden, die einen problemlos zu punktierenden, langjährig eingestochenen Shunt haben, der fest mit der Hautoberfläche verwachsen ist.

Nach subjektiver Beobachtung konnte im Verlauf der letzten eineinhalb Jahre keine Vergrößerung der Shuntaneurysmen festgestellt werden, trotz sicherlich häufigerer Punktionen im Scheitelbereich. Diese Beobachtung muss durch regelmäßige Messung des Shuntinnenlumens im weiteren Verlauf noch bestätigt werden.

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Positive Effekte haben sich in langfristiger Beobachtung bestätigt

Als Beispiel zwei Abbildungen einer Patientin mit sehr dünner atrophischer Haut über dem Shunt, deren Abdrückzeit vor dem Einsatz von VitaClip mehr als 45 Minuten betrug. Inzwischen kann die Patientin den Dialyseplatz nach weniger als fünf Minuten verlassen (Abb. [1]).

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Abb. 3 Selbst eine Patientin mit sehr dünner atrophischer Haut hatte keine Probleme mit der Hautverträglichkeit. Die Abdrückzeit konnte durch den Einsatz des VitaClips auf weniger als fünf Minuten reduziert werden

Bereits unter einer ersten Anwendungsbeobachtung nach rund 350 Punktionen waren positive Effekte beobachtet worden, etwa ein deutlicher Zeitgewinn, geringere Schmerzempfindung und ein Gefühl der Sicherheit sowohl während der Dialyse als auch danach. Diese angenehmen Auswirkungen haben sich nun auch im längerfristigen Verlauf in vollem Umfang bestätigt.

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Persönliche Erfahrungen mit dem VitaClip - "Ich konnte meine Dialysezeit erhöhen"

Friedel Henrich, geboren 1934, Hämodialysepatient seit 2001 berichtete von seinen persönlichen Erfahrungen mit der neuen Punktionsform:

Seit Mitte März 2006 bin ich in das Programm "Punktion mit VitaClip" einbezogen und das mit ausgezeichnetem Erfolg. Die Punktionen sind mit VitaClip gegenüber dem im vorherigen Zeitraum üblichen Vorgehen viel weniger schmerzhaft. Korrekturen der Punktionen im einen oder anderen Fall sind grundsätzlich möglich und sind auch bei mir schon vorgekommen.

Nach drei Minuten kann ich die Dialyse verlassen

In der Zeit von Januar 2001 bis März 2006 gab es relativ häufig Fehlpunktionen. Auch nach Einführung des VitaClips traten hin und wieder Fehlpunktionen auf, jedoch in deutlich geringerem Umfang. Zu Beginn der Dialyse wird durch die Linse beim VitaClip hindurchpunktiert. Das sonst übliche Befestigen der Punktionsnadel mit Pflasterstreifen entfällt gänzlich.

Am Ende der fünfstündigen Dialyse werden beide Punktionsnadeln gezogen. Das für mich Bemerkenswerteste tritt danach ein - bereits nach zirka drei Minuten kann ich die Dialyse verlassen. Vorher habe ich etwa 30 Minuten lang die Punktionsstellen abdrücken müssen - soweit so gut.

Dialysezeit gleich Lebenszeit

Seit einigen Jahren wird in unserer Dialyse Villingen-Schwenningen die Veranstaltung "Fit für die Dialyse" durchgeführt. Die Veranstaltung ist gedacht für Patienten und deren Angehörige die seit kurzer Zeit Dialysepatienten sind. Sehr prägnant war für mich bei diesen Veranstaltungen zu erleben, wie groß das Angstpotenzial bei den Teilnehmern ist.

Es gilt, diese Angst sehr ernst zu nehmen und zu versuchen diese Ängste abzubauen.

Wenn dies ein wenig gelingt, ist die Teilnahme für mich ein Erfolg. Ein Grundsatz, den ich bei der Veranstaltung gelernt habe lautet: "Dialysezeit gleich Lebenszeit". Dieser Satz ist für mich eine prägende Lebensleitlinie geworden, der wichtigste Grundsatz meines jetzigen und zukünftigen Lebens.

Zeit für längere Dialyse

Ausgehend von diesem Grundsatz habe ich Anfang April 2006 Folgendes überlegt: Ich spare durch VitaClip an der gesamten Dialysezeit 30 Minuten, weil die Zeit für das Abdrücken der Punktionsstellen entfällt. Für mich ist es lebenswichtig, dass ich diese eingesparte Zeit als zusätzliche Dialysezeit nutzen kann. Deswegen habe ich Anfang April 2006 darum gebeten, meine Dialysezeit von viereinhalb Stunden auf fünf Stunden pro Dialyse zu erhöhen.

Die Reaktion am Anfang war: "Wir machen das gerne! Aber wollen sie das auch wirklich? Sie sind mit ihrem Begehren ein Sonderfall. Die meisten Patienten wollen so schnell wie möglich die Dialyse verlassen und nach Hause!" Die eine oder andere Pflegekraft meinte, auf längere Zeit gesehen, wird mir die längere Dialysezeit gesundheitlich gut tun.

Und heute kann ich bestätigen, meine Lebensqualität hat sich durch die längere Dialysezeit außerordentlich verbessert. Dies gilt noch nicht für die Dialysetage selbst, wohl aber für die dialysefreien Tage. Unter keinen Umständen möchte ich künftig auf die fünfstündige Dialysezeit verzichten.

Lebenszeit und Lebensqualität gewonnen

An den dialysefreien Tagen verfüge ich über erheblich mehr Kraft, über sehr viel bessere Denkfähigkeit, über größere Diskussionsfähigkeit und Diskussionsfreudigkeit. Zu Ostern 2007 beispielsweise hatten wir Besuch von drei unserer Enkelkinder. Sie meinten: "Opa, wenn du von der Dialyse nach Hause kommst, bist du zwar sehr schwach und krank, aber am nächsten Tag ist davon nichts mehr zu spüren und zu sehen. Wenn wir dann mit Oma und dir etwas unternehmen, merken wir nichts mehr von deiner Krankheit."

Für mich sind die durch die Nutzung von VitaClip verbesserten Dialysebedingungen unverzichtbar. Ich kann hierdurch immerhin 30 Minuten einsparen. Dadurch habe ich Lebenszeit und Lebensqualität hinzugewonnen. Ich bin sehr froh, dass die Ärzte und Pflegekräfte der Dialyse Villingen-Schwenningen in die Entwicklungs- und Erprobungsphase "Punktion mit VitaClip" eingestiegen sind und dass ich daran teilnehmen darf.

Dieser Beitrag entstand mit freundlicher Unterstützung der Serumwerk Bernburg Vertriebs GmbH, Bernburg/Saale

 
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Abb. 1 Der VitaClip wird im Bereich der zu punktierenden Shuntregion aufgeklebt und durch die Silikonlinse in den Shunt punktiert

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Abb. 2 Nach der Dialyse wird die Nadel unter Fixierung der Silikonlinse gezogen. Hierdurch füllt sich ein kapillarer Spalt zwischen der Polyurethanfolie und der Silikonlinse mit Blut

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Abb. 3 Selbst eine Patientin mit sehr dünner atrophischer Haut hatte keine Probleme mit der Hautverträglichkeit. Die Abdrückzeit konnte durch den Einsatz des VitaClips auf weniger als fünf Minuten reduziert werden