Dialyse aktuell 2007; 11(5): 38-39
DOI: 10.1055/s-2007-985799
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Was gehört dazu? - Vitamine bei dialysepflichtiger Niereninsuffizienz

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Publication Date:
06 August 2007 (online)

 
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Die Vitaminversorgung von Dialysepatienten spielt bei den Visiten oftmals eine Nebenrolle, findet quasi im gedanklichen Nachgang statt. Das hat unterschiedliche Gründe: Zum einen nehmen nach Eingliederung in das chronische Dialyseprogramm Symptome, Diagnostik und Therapie von Begleit-, Folge- und typischen Alterskrankheiten sowie pflegerische und sozialmedizinische Probleme den größten Teil des zeitlich ohnehin begrenzten Patienten-Arzt-Gesprächs bei den Visiten am Dialyseplatz ein. Zum anderen sind Vitaminmangelerscheinungen bei chronischen Dialysepatienten oft mehrdeutig und decken sich nicht selten mit denen der Urämie.

Die Risiken für eine Unterversorgung mit wasserlöslichen Vitaminen sind aber bei Dialysepatienten besonders groß. Ursachen sind:

  • reduzierte Zufuhr wegen

    • Ernährungsvorschriften

    • besonderen Kochanweisungen

    • Phasen von Appetitlosigkeit

  • Malabsorption im Gastrointestinaltrakt bei

    • altersbedingten degenerativen Magenschleimhautveränderungen (atrophe Gastritis)

    • urämischer Gastritis, Enteritis

    • Sub- oder Anazidität

    • Störungen der Eiweißverdauung

  • Interaktionen mit Medikamenten

    • Komplexbildung durch Phosphatbinder

    • Einnahme von Magensäurebindern

  • Verlust der wasserlöslichen Vitamine durch den Dialysevorgang

  • erhöhter spezifischer Bedarf bei urämiebedingtem Stress (durch Rauchen, Äthylismus eventuell verstärkt).

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Sonderrolle des Vitamin B12?

Die Risiken für eine Unterversorgung mit wasserlöslichen Vitaminen sind aber bei Dialysepatienten besonders groß. Ursachen sind:

Sowohl im Prädialyse- als auch im Dialysestadium weisen Patienten häufig unter den Normwerten liegende Vitaminkonzentrationen auf. Das betrifft insbesondere das Vitamin C und die Vitamine des B-Komplexes, also die wasserlösliche Gruppe. Vitamin B12 als proteingebundenes, wasserlösliches Vitamin scheint hingegen eine gewisse Sonderrolle einzunehmen. Man sieht es im Allgemeinen nicht als substitutionsbedürftig an. In diesem Zusammenhang gibt es einiges zu bedenken. Das Durchschnittsalter der Dialysepatienten liegt bei 65 Jahren. Darin liegt auch für den Vitaminstoffwechsel ein besonderes Problem.

  • Altersspezifische Veränderungen in den einzelnen Darmabschnitten beeinflussen per se, also auch bei Menschen, die nicht an einer chronischen Niereninsuffizienz leiden, die Versorgungslage einzelner Nährstoffe in den höheren Lebensjahren. Die häufigste Veränderung in diesem Zusammenhang ist die im Alter zunehmend auftretende degenerative Magenschleimhautveränderung (atrophe Gastritis), charakterisiert durch eine verminderte Säureproduktion. Sie findet sich bei etwa einem Drittel der älteren Menschen. Klinische Symptome fehlen zumeist oder man ordnet sie den sogenannten "Alterserscheinungen" zu.

  • Wegen der Einnahme von Acetylsalicylsäure zur Thrombozytenaggregationshemmung bei koronarer Herzkrankheit (KHK) erhalten viele Dialysepatienten gleichzeitig zum Magenschutz dauerhaft Magensäureblocker ("-prazole").

  • Die Verdauung von Eiweiß ist im Alter meist beeinträchtigt. Vitamin B12 findet sich in der Nahrung aber praktisch immer an Nahrungseiweiß gebunden. Infolge der veränderten Verhältnisse gelangen daher auf Dauer nur geringe Mengen Vitamin B12 in den Organismus älterer Menschen.

  • Die im Alter oftmals andersartige Bakterienbesiedlung des Darmes bindet unter Umständen einen großen Anteil des freigesetzten Vitamin B12, sodass dieses nicht mehr für die Absorption zur Verfügung steht. Dies ist eine der wichtigsten Ursachen für die allmähliche Abnahme der Konzentration dieses Vitamins im Blut Älterer.

  • Zudem wandeln Bakterien Vitamin B12 in sogenannte Vitamin-B12-Analoga um, die nun keine Vitamin-B12-Aktivität mehr aufweisen.

Diese Veränderungen laufen bereits im Rahmen des sogenannten "normalen" Alterungsprozesses ab, das heißt in Abwesenheit von Erkrankungen. Urämie und vor allem das Fortbestehen des urämischen Zustandes über lange Zeit verschärfen also in jedem Falle das Problem.

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Die Rolle von Vitamin E als nicht wasserlösliches Vitamin

Vitamin E ist seit den Zwanzigerjahren des vorigen Jahrhunderts als Nahrungsbestandteil bekannt, gilt jedoch erst seit 1968 als essenzieller Nährstoff. Es ist an vielen Prozessen im Körper beteiligt, doch bis heute sind nicht alle Funktionen geklärt.

Die wichtigste Aufgabe von Vitamin E ist, vor Oxidation zu schützen. Aus der Umwelt und der Nahrung sowie im Laufe des Stoffwechsels entstehen sogenannte freie Radikale. Sind diese im Übermaß vorhanden, können sie schädliche Prozesse im Körper auslösen, Alterungsprozesse beschleunigen und zur Entstehung von Krankheiten beitragen.

Antioxidanzien können die Anzahl der Radikale wirksam begrenzen. Speziell Vitamin E vermag im Rahmen des Fettstoffwechsels Membranfette, Fettproteine und Depotfette vor dem Abbau durch die Lipidperoxidation (Oxidation von Fetten, "Ranzigwerden") zu schützen. Zusammen mit anderen antioxidativen Nährstoffen (Vitamin C, Vitamin A, b-Carotin, Selen, Glutathion) entstehen sich gegenseitig unterstützende (synergistische) Wirkungen. Außerdem beteiligt sich Vitamin E auch am Eiweißstoffwechsel. Es schützt zudem die Zellmembranen, verringert die Zusammenballung von Blutplättchen, übernimmt Funktionen im neuromuskulären System und in der Immunabwehr.

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Kombinationspräparat verfeinert die Qualität der häufig vernachlässigten Vitamin- und Spurenelementversorgung von Dialysepatienten

  • alle Besonderheiten bei Dialysepatienten sind in einer Tablette berücksichtigt

    →dadurch erhöhte Einnahmetreue

    →Verordnung von Mehrfach-Kombinationen aus verschiedenen Vitamin- und Spurenelementpräparaten ist nicht nötig, die Gefahr, die eine oder andere Komponente zu vergessen, besteht nicht

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Erhöhter Bedarf bei Dialysepatienten

Wenn bereits viele ältere Menschen ohne manifeste Krankheiten keine optimale Versorgung mit verschiedenen Nährstoffen aufweisen, um wie viel mehr ist das bei alten Patienten im Prädialyse- und Dialysestadium der Fall?

Studien und Messungen ließen bisher in Deutschland für Vitamin B12 und Vitamin E keine Bedarfslücken bei Dialysepatienten erkennen. Die Mehrzahl erreicht die derzeit gültigen Werte an Vitamin B12 und Vitamin E. Diese Parameter sind jedoch nach Ansicht vieler Ernährungswissenschaftler und Mediziner für deren antioxidative und präventive Wirkungen zu gering angesetzt. Daher ist die zusätzliche Zufuhr von Vitamin E all denen zu empfehlen, die ein dauerhaftes Risiko für bestimmte Belastungen tragen. Dazu gehören auch Patienten mit Niereninsuffizienz!

Bei Mangel eines bestimmten Vitamins kann die alleinige Ergänzung desselben, selbst in höchsten Dosen, den Mangelzustand bei Urämie allein nicht beseitigen. Es bedarf weiterer "Mitspieler" in abgestimmter Weise, quasi wie in einer kompletten "Mannschaft". Therapeutischer Erfolg und Nutzen einer Substitution hängen davon ab, ob auch der Schwächste in der Lage ist, seine Aufgabe zu erfüllen. Daher ist die Bestimmung des Vitaminstatus für die einzelnen Vitamine (Ausnahme: Vitamin B12, Folsäure und Homozystein) praktisch nicht sinnvoll. Der analytische Aufwand übersteigt die Kosten der Therapie erheblich.

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Geeignete Multivitamin- und Spurenelementpräparate für Dialysepatienten

Aufgrund der besonderen alimentären und pathophysiologischen Rahmenbedingungen kann man davon ausgehen, dass Patienten mit terminaler Niereninsuffizienz in aller Regel eine erhöhte Vitaminzufuhr benötigen. Die lange Zeit gängigen parenteralen Multivitaminpräparate mit Vitamin-B-Komplex sind in der Dosierung und der erforderlichen Kombination jedoch nicht auf die Bedürfnisse der Dialysepatienten abgestimmt beziehungsweise haben "Vitaminlücken". Die fehlenden oder nicht genügend dosierten Komponenten, wie etwa Vitamin B12 und Vitamin E finden oft nicht genug Beachtung. Zudem erfordert die Korrektur der renalen Anämie ausreichende Mengen an Vitamin B6, Vitamin B12, Folsäure und Eisen.

Doch die Verschreibung einzelner Vitamine erhöht die Anzahl einzunehmender Präparate und macht damit die täglichen Einnahmevorschriften noch komplizierter. Die komplette Vitamin- und Spurenelementversorgung für Dialysepatienten sollte daher ohne die Gefahr der Überdosierung und Toxizität am besten mit einer Tablette täglich sichergestellt werden (6,0 µg Vitamin B12, 50 mg Vitamin E).

Das kombinierte Vitamin-Spurenelement-Präparat Carenal® steht als ergänzende bilanzierte Diät für Dialysepatienten zur Substitution des spezifisch erhöhten Bedarfs an wasserlöslichen Vitaminen einschließlich Vitamin B12 und Vitamin E zur Verfügung. Die Kosten eines regelmäßigen laborchemisch untersuchten Vitaminstatus bei jedem einzelnen Dialysepatienten und die daran ausgerichtete individuelle Substitution mit Mono-Präparaten übersteigen den Preis einer pauschalen Substitution mit Carenal® um ein Vielfaches. Einen Kostenvergleich bei unterschiedlicher Vorgehensweise und dem Einsatz verschiedener verfügbarer Präparate liefert die Tabelle [1].

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Tab. 1 Kosten zur Substitution von Vitaminen und Spurenelementen bei Dialysepatienten

Dr. Herbert Stradtmann, Bad Wildungen

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Tab. 1 Kosten zur Substitution von Vitaminen und Spurenelementen bei Dialysepatienten

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