Flugmedizin · Tropenmedizin · Reisemedizin - FTR 2007; 14(2): 106
DOI: 10.1055/s-2007-985785
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Zum Gedenken - Helmut Jusatz (1907-1991)

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Publication Date:
03 August 2007 (online)

 
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Am 2. März 2007 wäre Professor Helmut Jusatz 100 Jahre alt geworden. Mit dem Namen Jusatz verbindet die Medizin, insbesondere die Tropenhygiene und die Geografie, den Begriff "Geomedizin". Ausgehend von dem durchaus geopolitisch, miltärstrategisch und neo-kolonialistisch orientrierten "Seuchenatlas" von Zeiss zwischen 1940 und 1944, über das von Rodenwaldt und Jusatz zwischen 1952 und 1961 herausgegebene größte geomedizinische Kartenwerk, den dreibändigen "Weltseuchenatlas", entwickelte Jusatz in den 1960er- und 1970er-Jahren ein eigenes Konzept der "Geomedizin" hin zu einem Begriff, den wir seit dem Beginn des 21. Jahrhunderts als "Global Public Health" bezeichnen.

Ökologische Sichtweise der Bedingungen von Gesundheit und Krankheit

Als Vertreter der klassischen Hygiene und Leiter der geomedizinischen Forschungsstelle der Heidelberger Akademie der Wissenschaften wies Jusatz immer wieder auf die Bedeutung der "Bio- und Soziosphäre" für Verursachung und Persistenz von Krankheiten hin. Die ökologische Sichtweise der Bedingungen von Gesundheit und Krankheit in der Tradition des 18. und 19. Jahrhunderts war ihm ein besonderes Anliegen, wie dies Frank Barrett in seiner Darstellung der medizinischen Geografie ausgiebig würdigt (Barrett, FA. Disease & Geography: The History of An Idea. York, Ontario: York University, Atkinson College, 2000).

Dies spiegelt sich nicht nur in vielen seiner nahezu 300 Publikationen, sondern auch in den zahlreichen internationalen geomedizinischen Symposien auf Schloss Reisensburg und in der Herausgabe von sechs Bänden der Schriftenreihe "Medizinische Landeskunden" wider. Seine Ideen und das Konzept einer ökologischen Sichtweise der Medizin führte sein Nachfolger unter Mitberücksichtigung des "Gesundheitssystems" in Richtung "Gesundheitssystemforschung" und "Internationales Gesundheitswesen" weiter, die das Institut weit über die Grenzen Deutschlands hinaus bekannt machten.

Grundidee der hippokratischen "Salubrität des Ortes" lebt weiter

Dessen Nachfolger wiederum, Prof. Rainer Sauerborn, griff nun die Grundidee der hippokratischen "Salubrität des Ortes" in seinen Bemühungen um eine "Umwelthygiene" wieder auf, die sowohl die globalen sozio-ökonomischen, wie auch die Klimaveränderungen und ihre Einwirkung auf Gesundheit und Krankheit zum Forschungsgegenstand haben. So lebt diese über 50-jährige Tradition des Uniklinikums Heidelberg mit hoch aktueller gesundheitswissenschaftlicher und gesundheitspolitischer Relevanz weiter.

Am 2. März 1907 in Gotha geboren, studierte Jusatz Medizin in Innsbruck, Marburg, Berlin, Prag und Jena, wo er 1932 promovierte. Auf Assistentenjahre am Hygiene-Institut in Marburg folgte eine Tätigkeit als wissenschaftliches Mitglied der Preußischen Landesanstalt für Wasser-, Boden- und Lufthygiene in Berlin. 1940 habilitierte Jusatz sich für das Fach Hygiene und Mikrobiologie. Nach Rückkehr aus Kriegsgefangenschaft und amts- und werksärztlicher Tätigkeit erfolgte 1952 die Umhabilitation nach Heidelberg, wo er die Fächer Tropenhygiene, Öffentliches Gesundheitswesen, Sozial- und Arbeitsmedizin lehrte.

Zahlreiche akademische und öffentliche Ehrungen im In- und Ausland

1962 erfolgte die Ernennung zum Direktor der neu geschaffenen Abteilung für Tropenhygiene und Öffentliches Gesundheitswesen. Im Laufe seinen akademischen Lebens erfuhr Jusatz viele akademische und öffentliche Ehrungen und Auszeichnungen im In- und Ausland.

Als Leiter der Gesundheitskommission der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen war es sein Anliegen, "Internationales Gesundheitswesen" und die gesundheitlichen Belange der Entwicklungsländer der im Allgemeinen wenig interessierten Fachöffentlichkeit nahe zu bringen. 1976 wurde Professor Jusatz emeritiert, er wirkte weiter in der geomedizinischen Forschungsstelle der Heidelberger Akademie der Wissenschaften bis zu seinem Tod am 27. April 1991.

Prof. em. Hans Jochen Diesfeld

 
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