Dialyse aktuell 2007; 11(3): 8
DOI: 10.1055/s-2007-985521
Fachgesellschaften

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Patient oder Kunde - Menschlichkeit oder Wirtschaftlichkeit?

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Publication Date:
01 August 2007 (online)

 
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Kranke vertrauen sich Ärzten und Pflegekräften in der Erwartung an, dass diese in ihrem Interesse tätig werden und ihnen helfen. Der Begriff "Patient" macht den Kranken als Leidenden kenntlich. Durch die Bezeichnung "Kunde" wird er auf seine Funktion reduziert. Die fachliche Qualität der Behandlung Kranker wird seit dem 1. April 2007 im Gesetz zur Qualitätssicherung geregelt. Für die menschliche Qualität sind die Pflegekräfte selbst verantwortlich.

Die Erwartungen der Gesellschaft an die medizinischen Institutionen sind die Erwartungen potenzieller Patienten. Dabei orientieren sich die Menschen an den Vorstellungen, die sie von der Situation eines Kranken haben.

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Hilfesuchende Patienten legen ihre Interessen in die Hände Dritter

Kranke oder Patienten sind in ihrer Beziehung zu medizinischen Institutionen Hilfesuchende. Sie sind in der Regel durch Krankheit oder Behinderung eingeschränkt. Sie haben weder das Wissen, das für spezifische medizinische und pflegerische Dienstleistungen erforderlich ist, noch verfügen sie über Kenntnisse und Fähigkeiten, notwendige und angemessene Maßnahmen selbst festzulegen.

Als "Laien", vor allem als Kranke, sind sie nur unzureichend in der Lage, die arbeitsteilige Komplexität des Gesundheitssystems zu überschauen und zu koordinieren, um sicherzustellen, dass die benötigten Leistungen zum richtigen Zeitpunkt erbracht werden. Patienten vertrauen sich Ärzten und Pflegekräften in der Erwartung an, dass diese in ihrem und nicht im Interesse Dritter tätig werden. Dem Patienten Autonomie zu unterstellen, ist meist vielmehr die Flucht vor der Verantwortung für Hilfsbedürftige - individuell und gesellschaftlich.

Aufklärung und Beratung über Krankheit und Krankheitsverlauf, Schulung mit dem Ziel, dem Patienten Selbstbehandlungskompetenz zu vermitteln, das Medium Internet: All dies sind wichtige und sinnvolle Werkzeuge, die dem Patienten bei der Bewältigung seiner Krankheit und der Vermeidung unnötiger Komplikationen helfen. Trotzdem wird er mehr oder weniger leiden, wird er sich in seiner Freiheit gehemmt fühlen, hat er Angst und Schmerzen, oft Sorgen um berufliche oder familiäre Entwicklungen.

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Patienten aufklären und mitgestalten lassen

Der Begriff "Patient" macht den Kranken als Leidenden kenntlich. Durch die Bezeichnung "Kunde" wird er auf eine Funktion reduziert. Im allgemeinen Verständnis ist der Kunde ein potenzieller Käufer, er hat die Wahl, kann abwägen, kann gehen, wenn es ihm nicht passt oder kann warten.

Unser Kranker jedoch ist leidend, braucht Hilfe, hat oft keine Wahl, kann oft nicht abwägen und auch nicht warten. Die rhetorische Verwandlung des Patienten in einen Kunden transportiert maßgebliche Orientierungen für Ärzte und Pflegende. Wie entlastend kann es sein, einen Patienten als Kunden anzusehen?

Heute wollen Patienten überzeugende Leistungen mit angemessener Berücksichtigung ihrer individuellen Bedürfnisse, sie wollen ihre Selbständigkeit (wieder-)erlangen und möchten die Chance haben, Einfluss zu nehmen und mitzugestalten. Ihr Selbstbestimmungsrecht verlangt Aufklärung über Risiken, Alternativen und Verhaltensanforderungen. Sie sind Partner, denen wir beschreiben, was wir für sie tun können oder auch nicht. Wir sollten sie nach ihren Wünschen und Vorstellungen fragen. Dies wäre eine "Kundenorientierung", wie wir sie aus dem Qualitätsmanagement kennen, die uns einen wichtigen Aspekt im ganzheitlichen Behandlungsauftrag vermittelt.

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Die menschliche Qualität unseres Handelns

In Zeiten von DRGs ("diagnosis related groups"), Fallpauschalen, Kostenexplosion, Finanzierungsproblemen und der Vergreisung der Gesellschaft haben viele Angst, dass bestimmte Leistungen vielleicht nicht mehr erbracht werden.

Pflegekräfte und Ärzte sollten Patienten Sicherheit und Geborgenheit vermitteln, Wärme und Mitgefühl zeigen. Die fachliche Qualität wird seit dem 1. April 2007 mit dem Gesetz zur Qualitätssicherung definiert. Die menschliche Qualität unseres täglichen Handelns bestimmen wir selbst.

Christa Tast, Stuttgart

Vorsitzende des fnb

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Fachverband nephrologischer Berufsgruppen

Geschäftsstelle fnb

Uschi Gasper

In den Beunen 6, 65479 Raunheim

Phone: 06142/408549

Fax: 06142/408551

Email: uschi.gaspar@nephro.fachverband.de

 
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