Diabetes aktuell 2007; 5(3): 138
DOI: 10.1055/s-2007-985287
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Inkretinverstärkung - Insulinproduktion zielgerecht anregen

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Publication Date:
22 August 2007 (online)

 
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    "Erstmals stehen jetzt mit den DPP-4-Inhibitoren Substanzen zur Verfügung, die bedarfsgerecht die Insulinproduktion ohne Hypoglykämieneigung anregen", berichtete Prof. Hellmut Mehnert, München, bei einem von MSD gesponserten Symposium beim Internistenkongress in Wiesbaden. Für ihn ist nicht nur dies wichtig, sondern auch, dass Sitagliptin (Januvia®) als Vertreter der neuen Substanzgruppe scheinbar die Apoptose der Pankreasinselzellen stoppt.

    Mit der Zulassung dieses neuen oralen Antidiabetikums steht nun ein Vertreter dieser Inkretinverstärker zur Behandlung des Typ-2-Diabetes zur Verfügung. Prof. Reinhard Bretzel, Gießen, zitierte eine Arbeit von Fehmann et al. (Pancreas 1995; 11: 196-200), die bereits 1995 zeigte, dass das Inkretin Glucagon-like Peptide (GLP-1) die Insulinsekretion abhängig von der Glukosekonzentration steigert und die Glukagonsekretion hemmt. Die Dipeptidyl-Peptidase-4 (DPP-4) baut GLP-1 ab. Sitagliptin hemmt diesen Abbau und adressiert somit indirekt die Insulin- und Glukagonsekretion. Durch Nutzung des körpereigenen Systems werden laut Bretzel physiologische Inkretin-Wirkspiegel wiederhergestellt und Insulin bedarfsgerecht ausgeschüttet.

    Eine Vergleichstudie mit 805 Teilnehmern, bei der mit Metformin schlecht eingestellte Typ-2-Diabetiker zusätzlich 100 mg Sitagliptin täglich oder bis zu 20 mg Glipizid erhielten, zeigte, dass die zusätzliche Gabe von Sitagliptin den HbA1c-Wert ähnlich stark sinken lässt wie die Gabe von Sulfonylharnstoff. In einem Jahr sank der durchschnittliche HbA1c-Wert bei beiden Gruppen um fast 0,7 %, wenn der Ausgangs-Wert 7,5 % war. Bei Ausgangswerten zwischen neun und zehn Prozent reduzierten sich die Werte um nahezu 1,7 %. Überlegen zeigte sich Sitagliptin bezüglich Sicherheit und Verträglichkeit (Nauck M, et al. Diab. Obes. Metabol 2007; 9:197-205). Die Patienten unter Sitagliptin nahmen um durchschnittlich 1,5 kg ab, mit Sufonylharnstoff behandelt dagegen um mehr als 1 kg zu. Eine Hypoglykämie musste jeder Dritte der Patienten unter Sufonylharnstoff durchleben. Unter dem Inkretinverstärker lag die Rate auf Placeboniveau, was hier laut Prof. Bretzel für unerwünschte Arzneimittelwirkungen insgesamt galt. Zugelassen ist Sitagliptin für die Anwendung bei Typ-2-Diabetikern in Kombination mit Metformin oder einem Glitazon, wenn zusätzliche Diät und Bewegung den Blutzucker nicht ausreichend senken.

    Prof. Heinz-Jürgen Rüßmann, Dinslaken, hob hervor, dass sich die Beta-Zellmasse beim Gesunden dem Körpergewicht anpasst, beim Typ-2-Diabetiker hingegen progressiv Beta-Zellen verloren gehen. Nun nähren Tierversuche die Hoffnung, dass Sitagliptin diese Progression stoppen könnten (Mu J, et al. Diabetes 2006; 55; 1695-1704). Bestätigt sich dies auch für den Menschen, ließe sich ein günstiger Einfluss auf die Pathogenese und Progression des Typ-2-Diabetes prognostizieren. Prof. Bretzel gestand: "Es hat mich in den vergangenen Jahren kein Konzept so begeistert wie diese Beta-Zellen-Protektion.

    Dr. Lutz Retzlaff

    Quelle: "Januvia® - Inkretinverstärkung - eine neue Option in der modernen Diabetes-Therapie" - MSD im Rahmen des Internistenkongress in Wiesbaden am 16. April 2007